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Stromausfall-Gefahr durch elektrische Heizgeräte

Seit Beginn des Ukraine-Krieges im Februar 2022, der Verknappung von Gas und der dadurch ausgelösten Energiekrise stehen die deutschen Stromsysteme zunehmend unter Druck. Wie aktuelle Verkaufszahlen aus Deutschland zeigen, rüsten sich mitten in dieser Krise private Haushalte für den Winter mit elektrischen Heizgeräten wie Heizlüftern, Radiatoren oder Infrarotstrahlern. Fast eine Million Geräte sollen zwischen Januar und August 2022 bereits verkauft worden sein. Doch gerade vor elektrischen Heizgeräten wird gewarnt – sie könnten zu noch höheren Stromkosten und lokalen Überlastungen der Stromnetze führen, so die Einschätzung des VDE und DVGW. Um die Diskussion zur Belastung der Stromnetze mit konkreten Daten zu unterstützen, hat die Reiner Lemoine Stiftung beispielhaft untersucht, wie sich der Einsatz von elektrischen Heizgeräten im Winter auf die Stromnetze auswirken kann und unter welchen Umständen es zu lokalen Ausfällen kommen könnte. Dafür haben die Autoren verschiedene Stromnetze betrachtet und computerbasierte Simulationen durchgeführt. „Unsere Frage ist: Kann der Einsatz von elektrischen Heizgeräten im Winter zu lokalen Ausfällen im Stromnetz führen?“, heißt es in der Kurzstudie.

Was ist dran an drohenden Stromausfällen durch Netzengpässen im Winter?

Ein Auszug aus der Studie an dieser Stelle – samt Fazit: Die Situation sieht verkürzt wie folgt aus: Im Winter kann es zu Gasengpässen und damit zu Gasabschaltungen entweder gezielt durch die Anordnung der Bundesnetzagentur oder unbeabsichtigt durch Gasmangel im Gasnetz kommen. Fallen deshalb gasbetriebene Heizungen in privaten Wohngebäuden aus, kann das zu einer stärkeren Nutzung elektrischer Heizgräte führen. Passiert die Nutzung in vielen Wohngebäuden gleichzeitig, stellt es eine zusätzliche Belastung für die Stromnetze dar und kann, so die Befürchtung, zu Stromausfällen führen. Viele elektrische Heizgeräte sind Stromfresser und verbrauchen eine Leistung von ca. 2 kW. Dies entspricht einem mittelgroßen Wasserkocher oder einer Herdplatte.

Stromnetze sind sicher, solange Heizgeräte nicht flächendeckend eingesetzt werden

Ein geringerer Anteil von elektrischen Heizgeräten in Wohngebäuden senkt das Risiko von Stromausfällen deutlich. Darüber hinaus kann ein angepasstes Verbrauchsverhalten das Risiko eines Stromausfalls deutlich minimieren.  Unsere Berechnungen zeigen:

• Werden, wie bei der derzeit stabilen Gasversorgung, nur wenige elektrische Heizgeräte eingesetzt, treten kaum Netzausfälle auf.

• Kommt es dazu, dass jedes Wohngebäude in einem bestimmten Stromnetz ein Heizgerät betreibt, wie es bei einem Gasausfall auftreten könnte, wäre durchschnittlich fast jedes zweite Wohngebäude von Stromausfällen betroffen.

Lokale erneuerbare Energien und Stromspeicher können Stromnetze stabilisieren

Der Einsatz von Photovoltaikanlagen und Heimspeichern sorgt dafür, dass mehr Strom lokal erzeugt, gespeichert und verbraucht wird. Um auch nach Sonnenuntergang Verbrauchsspitzen zu dämpfen, helfen Stromspeicher, die tagsüber mit Solarstrom geladen wurden. Unsere Untersuchungen zeigen, dass im Schnitt weniger Strom durch die Netze transportiert werden muss, sie damit entlastet werden und das Risiko für überlastungsbedingte Stromausfälle sinkt.

Verbrauchsverhalten macht einen Unterschied Unsere Berechnungen zeigen, dass ein bewusster und sparsamer Umgang mit Strom das Risiko von Stromausfällen deutlich reduzieren kann. Das wirkt auf zwei Arten:

1. Werden stromfressende Haushaltsgeräte nicht gleichzeitig betrieben, kann das Stromspitzen senken und Stromnetze entlasten. Stromintensive Geräte sind bspw. Herd, Geschirrspülmaschine, Wasserkocher. Werden diese betrieben, sollten elektrische Heizgeräte ausgeschaltet werden.

2. Wird mehr Strom eingespart, muss weniger Strom durchs Netz geleitet werden und entlastet Stromkabel und Transformatoren im Stromnetz. Fazit: Kurzfristig Energie sparen - langfristig Erneuerbare ausbauen Langfristig muss die Wärmeversorgung umgestellt werden. Einen großen Beitrag können Wärmepumpen leisten. Wärmepumpen wandeln, wie Heizgeräte, elektrischen Strom in Wärme um. Allerdings: Wärmepumpen sind drei bis viermal effizienter als elektrische Heizgeräte. Darüber hinaus lassen sich moderne Wärmepumpen smart steuern. Zusammen mit einem stärkeren Ausbau erneuerbarer Energien leisten Wärmepumpen damit einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Wärmeversorgung und der Energiesicherheit insgesamt. Für diesen Winter gilt: Weiter mit Gas heizen, aber sparsam. elektrische Heizgeräte sind nur eine Notfalloption. Wenn sie genutzt werden, dann besser nicht gleichzeitig mit anderen stromintensiven Verbrauchern.

Fazit

Mit Hilfe computergestützter Simulationen führten wir Lastflussberechnungen verschiedener Verteilnetze durch. Wir verwendeten 19 repräsentative synthetische Mittelspannungsnetze mit über 2.600 darunterliegenden Niederspannungsnetzen, womit wir eine Vielzahl unterschiedlicher Netze abdecken. Da eine sehr viel größere Anzahl an Verteilnetzen mit großer Diversität existiert, kann die Situation in einzelnen Netzen in der Realität von unseren Ergebnissen abweichen.

Unsere Ergebnisse zeigen, dass bei einem vermehrten Einsatz von elektrischen Heizgeräten netzbedingte Stromausfälle auftreten können. Netzengpässe lassen sich vermeiden, wenn in diesem Winter in Wohngebäuden mit Gas geheizt und auf elektrische Heizgeräte möglichst verzichtet wird. Dann sind Stromausfälle aufgrund von Netzengpässen nicht zu erwarten. Kommt es allerdings durch die Abschaltung von Gas zum vermehrten Einsatz von elektrischen Heizgeräten, kann es in den betroffenen Netzgebieten zu Stromausfällen kommen. Um den Einsatz von elektrischen Heizgeräten zu vermeiden, sollte die Priorisierung von privaten Haushalten und sozialen Einrichtungen bei der Gasversorgung beibehalten werden.

Elektrische Heizgeräte sollten nur in Ausnahmefällen in Betrieb genommen werden. Falls der Einsatz von elektrischen Heizgeräten unausweichlich ist, sollten andere stromintensive Geräte, wie ein elektrischer Herd, abgeschaltet werden. Das senkt die Gleichzeitigkeit von Stromspitzen. Ebenfalls generell Strom zu sparen führt zu einer Entlastung der Stromnetze und kann das Risiko netzbedingter Stromausfälle reduzieren.

Unsere Untersuchungen zeigen, dass vor allem Transformatoren in Verteilnetzen von Engpässen betroffen sind. Transformatoren lassen sich im Gegensatz zu Erdkabeln leichter ertüchtigen. Aus Sicht der Netzbetreiber könnte in besonders kritischen Netzen versucht werden, kurzfristig Abhilfe zu schaffen und Transformatoren zu wechseln oder zu verstärken. Netzbetreiber könnten ebenfalls prüfen, inwiefern Toleranzgrenzen von Netzbetriebsmitteln ausgereizt werden können. Unter Umständen können Transformatoren und Kabel, aufgrund der kälteren Außentemperaturen, kurzfristige Überlastungen besser verkraften.

Mittelfristig können lokale Erneuerbare Energien und Stromspeicher einen Beitrag zur Entlastung der Stromnetze leisten. Strom, der vor Ort erzeugt, gespeichert und verbraucht wird, muss nicht über das Stromnetz transportiert werden. Insbesondere Photovoltaikanlagen auf privaten Hausdächern kombiniert mit Heimspeichern können Stromnetze entlasten, wenn sie intelligent gesteuert werden.

Darüber hinaus sollte der Ausbau von Wärmepumpen im Rahmen der Wärmewende stärker stattfinden. Wärmepumpen wandeln wie elektrische Heizgeräte Strom in Wärme um. Allerdings sind sie deutlich effizienter, mit drei- bis vierfach geringerem Strombedarf. Werden Wärmepumpen smart gesteuert, kann die Gleichzeitigkeit von Stromspitzen weiter reduziert werden. (nw)