Die Haftung von Initiatoren und Vermittlern von Immobilien- und Medienfonds ist in den letzten Jahren mehrfach Gegenstand von höchstrichterlichen Gerichtsentscheidungen gewesen und auch in der breiten Öffentlichkeit ausgiebig diskutiert worden. Die Windkraftbranche schien dies lange Jahre kaum zu treffen. Bislang liegen nur zwei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) vor, zum einen der Beschluss des BGH vom 14. Januar 2008 (Az. II ZR 85/07) und zum anderen das Urteil des BGH vom 5. März 2009 (Az. III ZR 17/08).
Schlüssiges Gesamtbild nötig
Der BGH hat in seinem Urteil vom 5. März 2009 zur Haftung von Anlagevermittlern von Windkraftfonds Stellung genommen. Gegenstand des Urteils ist die Pflicht eines Anlagevermittlers von Beteiligungen an Windkraftanlagen, den Emissionsprospekt auf dessen Plausibilität zu überprüfen. In Fortsetzung seiner bislang aufgestellten Grundsätze verlangt der BGH danach, dass ein Anlagevermittler richtige und vollständige Informationen über diejenigen Umstände erbringen muss, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung sind. Der Anlagevermittler muss das Konzept, bezüglich dessen er Auskunft erteilt, wenigstens auf Plausibilität, insbesondere wirtschaftliche Tragfähigkeit hin überprüfen. Erfolgt die Vermittlung anhand eines Prospekts, muss im Rahmen der Plausibilitätsprüfung der Prospekt vom Vermittler daraufhin überprüft werden, ob er ein in sich schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt gibt und ob die darin enthaltenen Informationen, soweit der Vermittler das mit zumutbarem Aufwand zu überprüfen in der Lage ist, sachlich vollständig und richtig sind.
Am 16. Dezember 2009 hat das Oberlandesgericht Celle in einem nicht rechtskräftigen Urteil (Az. 9 U 29/09) die Anforderungen an die Plausibilitätsprüfung für Anlagevermittler von Windkraftfonds präzisiert. Mit dem Urteil hat das Gericht die Klage einer Vielzahl von Anlegern eines Windkraftfonds zurückgewiesen. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH hat das Oberlandesgericht die Anforderungen konkretisiert und klargestellt, welcher Prüfungsaufwand einem Anlagevermittler im Rahmen der Überprüfung des Prospekts zumutbar ist. Danach ist es einem Anlagevermittler zuzumuten, die wirtschaftliche und steuer-liche Konzeption eines Windkraftfonds zu überprüfen. Eine vertiefte technische Überprüfung des Projekts ist jedoch nicht geschuldet, sofern der Anlagevermittler nicht auf technisch besonders geschultes Personal zurückgreifen kann. Das dürfte bei einer Vielzahl von Vermittlern der Fall sein. Der Anlagevermittler müsse auch keine sachverständigen Dritten mit ausreichenden Kenntnissen für eine technische Prüfung beauftragen, denn dadurch entstünden Zusatzkosten, die letztlich auf die Kapitalanleger umgelegt werden müssten. Im konkreten Fall war nach der zumutbaren Plausibilitätsprüfung eine Unschlüssigkeit der Prospekt-aussagen nicht ersichtlich, so dass das Gericht eine Haftung der verklagten Anlagevermittler verneint hat.
Eine Haftung des Anlagevermittlers nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne, wegen der Inanspruchnahme eines besonderen Vertrauens, sah das Oberlandesgericht Celle ebenfalls nicht, da allein eine günstige Darstellung des vom Anlagevermittler beworbenen Projekts noch kein besonderes Vertrauen in den Anlagevermittler persönlich begründet. Ein besonderes Vertrauen wird nach Ansicht des Senats auch nicht allein deshalb begründet, weil der Anlagevermittler sich auf ökologische Geldanlagen spezialisiert hat.
Fehlerfreiheit nicht garantiert
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle macht deutlich, dass ein Anlagevermittler im Rahmen der von ihm geschuldeten Plausibilitätsprüfung nicht verpflichtet ist, den Prospekt auf seine vollumfängliche Fehlerfreiheit in jeglicher Hinsicht zu überprüfen. Geschuldet ist, ohne hierbei überspannte Anforderungen an den Vermittler zu stellen, nur die Prüfung der Schlüssigkeit. Für Anleger wird es nach dieser Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Celle schwieriger, Ansprüche gegen Anlagevermittler durchzusetzen.
Dr. Volker Besch