(kol) Nach dem Bundestagsbeschluss zur Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke droht der Regierung eine Klagewelle: Die SPD-geführten Länder hatten schon vorab Verfassungsbeschwerde angekündigt für den Fall, dass der Bundesrat nicht beteiligt wird. Die Grünen wollen ebenfalls in Karlsruhe gegen das Atomgesetz vorgehen und dabei auch die Abstimmung im Bundestag zum Gegenstand ihrer Klage machen. Sie werfen der Koalition vor, unter Missachtung der parlamentarischen Regeln eingehende Beratungen verhindert zu haben. Unterstützung bekommen sie dabei von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), der das Verfahren als zumindest moralisch fragwürdig kritisiert. Die Gesetze selbst seien lediglich ausgehandelt, sachlich aber unbegründet.
Ein im Auftrag der Grünen erstelltes Gutachten räumt einer Verfassungsbeschwerde gute Chancen ein: Weil die Länder nun länger die Aufsicht über die Atomkraftwerke ausüben müssen, hätte der Bundesrat zustimmen müssen. Andere Experten, wie der konservative Rechtswissenschaftler Rupert Scholz, sehen in der Laufzeitverlängerung hingegen nur eine quantitative und damit nicht zustimmungspflichtige Änderung der Länderaufgaben.
Einem weiteren Gutachten der Grünen zufolge droht Deutschland zusätzlich eine EU-Klage. Demnach ist die Verlängerung wettbewerbswidrig und könnte von der EU-Kommission sanktioniert werden, weil sie Kraftwerksneubauten verhindert.
Bei der Abstimmung im Bundestag hatten 24 Abweichler der Koalition gegen die neuen Atomgesetze gestimmt. In der Debatte hatten sich CSU-Umweltpolitiker Josef Göppel sowie Frank Heinrich und Rüdiger Kruse von der CDU dagegen ausgesprochen. Göppel krisitsierte, dass die längeren AKW-Laufzeiten den notwendigen Technologie-Wandel bremsen.