Schinkenhäppchen und Käsespießchen an Stehtischen mit rotweiß karierten Decken. Vereinzelt ein rosiges Schwein auf Stroh. Die „Grüne Woche“ nähert sich langsam aber beharrlich. Die Landwirtschaftsausstellung wird auch in diesem Jahr wieder von Demos begleitet. Unter der Leitfrage „Wer profitiert hier eigentlich?“ rufen – auch im Vorfeld der Bundestagswahl - rund 60 Organisationen aus Landwirtschaft und Zivilgesellschaft zur „Wir haben es satt!“-Demonstration am 18. Januar in Berlin auf.
Verbraucher:innen leiden unter hohen Lebensmittelpreisen und Bäuer:nnen kämpfen um ihre Existenz: Seit 2021 sind Lebensmittelpreise in Deutschland um rund 33 Prozent gestiegen – deutlich stärker als die Gesamtinflation von 20 Prozent. Bei den Bäuer:innen, die unsere Lebensmittel erzeugen, kommt davon wenig an. Sie haben einen Anteil von durchschnittlich nicht einmal 15 Prozent der Bruttowertschöpfung. Allein in Deutschland mussten mehr als 350.000 Höfe in den letzten 30 Jahren schließen. Handel, Fleisch- und Milchindustrie machen derweil auch in Krisenzeiten gewohnt hohe Gewinne.
Klimaschutz ist Konjukturmotor
Auf einer Pressekonferenz erklärten Vertreter von „Wir haben es satt!“, worum es ihnen geht. Reinhild Benning, Mitgründerin INIFAIR, Landwirtin und Agrarexpertin der Deutschen Umwelthilfe (DUH), verwies darauf, dass Preise für die Landwirtschaft kostendeckend sein müssen, die EU habe sich hier geöffnet, indem sie eine Vertragspflicht mit Qualitätsinformationen einführt. Allerdings sei das nur ein erster Schritt, und es gebe Verbesserungsbedarf.
Das Bundeslandwirtschaftsministerium habe, auf Deutschland bezogen, keinerlei Verbesserungen in den vergangenen Jahren bewirkt, die das Höfesterben eindämmen würden, waren sich die Protagonisten einig.
Rupert Ebner, Vorsitzender Slow Food Deutschland, sagte zu regionalen und weltweiten Folgen einer profitorientierten, industriellen Tierhaltung, die derzeitige Tierhaltung fördere zu wenig Tierwohl und gefährde die menschliche Gesundheit durch übermäßigen Antibiotika- und Schmerzmitteleinsatz. Letzteres eine Folge der weiter bestehenden „Quälzucht“ von Tieren, die so schnell Gewicht zulegen, dass ihre Knochen die Last nicht tragen könnten und sie sich ohne Schmerzmittel nicht zur Futteraufnahme bewegen ließen.
Klimaextremen und rückwärtsgewandte Partikularinteressen
Martin Kaiser, Geschäftsführender Vorstand Greenpeace Deutschland, erklärte, die Landwirtschaft werde bereits extrem hart von Klimaextremen und Artenverlust getroffen, zugleich sei sie eine Mitverursacherin dieser Krisen. „Das muss sich in den kommenden Jahren dringend ändern. Für eine zukunftsfähige Landwirtschaft muss der Abbau der Tierzahlen jetzt konsequent vorangetrieben werden. Dazu brauchen die bäuerlichen Betriebe verlässliche Vorgaben, gezielte Förderung und wirtschaftliche Perspektiven. Es kann nicht sein, dass die Politik weiter dem Druck der Agrarlobby nachgibt und rückwärtsgewandte Partikularinteressen durchsetzt, die unsere Lebensgrundlagen gefährden, statt dem Gemeinwohl Vorrang zu geben.“
Die Landwirtschaft in Deutschland trägt laut Umweltbundesamt maßgeblich zur Emission klimaschädlicher Gase bei. Dafür verantwortlich sind vor allem Methan-Emissionen aus der Tierhaltung (Fermentation und Wirtschaftsdüngermanagement von Gülle und Festmist) sowie Lachgas-Emissionen aus landwirtschaftlich genutzten Böden als Folge der Stickstoffdüngung (mineralisch und organisch).
7,7 % der gesamten Treibhausgas-Emissionen entfallen auf die Landwirtschaft
Im Jahr 2023 war die deutsche Landwirtschaft entsprechend einer ersten Schätzung somit insgesamt für 52,2 Millionen Tonnen (Mio. t) Kohlendioxid (CO2)-Äquivalente verantwortlich (siehe Abb. „Treibhausgas-Emissionen der Landwirtschaft nach Kategorien“). Das entspricht 7,7 % der gesamten Treibhausgas-Emissionen (THG-Emissionen) des Jahres. Diese Werte erhöhen sich auf 60,3 Millionen Tonnen (Mio. t) Kohlendioxid (CO2)-Äquivalente bzw. 8,9 % Anteil an den Gesamt-Emissionen, wenn die Emissionsquellen der mobilen und stationären Verbrennung mit berücksichtigt werden. Die Tierhaltung trägt maßgeblich zu den direkten Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft bei. Rund 35,5 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente, das sind gut 68 Prozent der Emissionen der Landwirtschaft und knapp 5,3 Prozent der Treibhausgasemission Deutschlands, sind direkt auf die Tierhaltung zurückzuführen.
Das klimawirksame Spurengas Methan entsteht während des Verdauungsvorgangs (Fermentation) bei Wiederkäuern (wie z.B. Rindern und Schafen) sowie bei der Lagerung von Wirtschaftsdüngern (Festmist, Gülle). Im Jahr 2022 machten die Methan-Emissionen aus der Fermentation anteilig 75,9 % der Methan-Emissionen des Landwirtschaftsbereichs aus und waren nahezu vollständig auf die Rinder- und Milchkuhhaltung (95 %) zurückzuführen. Wirtschaftsdünger aus der Einstreuhaltung (Festmist) ist gleichzeitig auch Quelle des klimawirksamen Lachgases (Distickstoffoxid, N2O) und seiner Vorläufersubstanzen (Stickoxide, NOx und Stickstoff, N2).