Interview mit Thomas Kläusli, Marketingleiter bei der Firma AVA-CO2. Als Pionier der hydrothermalen Carbonisierung (HTC) plant, baut und betreibt die Schweizer Firma AVA-CO2 im Auftrag seiner Kunden HTC-Anlagen, die pflanzliche Reststoffe effizient und profitabel zu hochwertiger Biokohle oder zu Biochar verarbeiten.
Sie haben zusammen mit der Züricher Hochschule für angewandte Wissenschaften eine Studie zur hydrothermalen Carbonisierung von Klärschlamm erarbeitet. Können Sie kurz sagen, was für ein Verfahren sich hinter dieser Bezeichnung verbirgt?
Thomas Kläusli: Die Hydrothermale Carbonisierung, oder kurz HTC, kopiert im Prinzip den natürlichen Prozess der Kohlebildung, wobei die HTC nur wenige Stunden braucht um aus unterschiedlichen Biomasseabfällen wie zum Beispiel Klärschlamm oder Bioabfälle CO2-neutrale Biokohle herzustellen. Dabei wird die nasse Biomasse im Wasserbad bei einer Temperatur von 210 Grad und erhöhtem Druck wie in einem Dampfkochtopf gekocht. Neben Biokohle und Prozesswasser entstehen im Prozess keine anderen Stoffe.
Das Verfahren ist bereits 1913 erforscht worden. Warum hat sich die Technik nicht früher im Bereich der Bioenergie etabliert?
1913 wurde der grundsätzlich Prozess zur Entstehung von fossiler Kohle durch Prof. Bergius erforscht und beschrieben. Fossile Energie wie Kohle oder Öl war reichlich vorhanden und billig und die Reduktion von CO2 und anderen Klimagasen hat erst in den letzten Jahre an Wichtigkeit gewonnen. Der Startschuss für die industrielle Umsetzung fiel erst vor wenigen Jahren durch eine Veröffentlichung von Prof. Antonietti vom Max Planck Institut.
Sie haben 2010 die erste Demonstrationsanlage im industriellen Maßstab in Betrieb genommen. Wo lagen bei der Entwicklung und Realisierung die Herausforderungen?
Thermo-Chemische Prozesse sind bekannt dafür, dass bei der industriellen Umsetzung die Reaktionsmechanismen anders verlaufen als im Labor. Die größte Herausforderung war sicherlich den Gesamtprozess so zu gestalten, dass der HTC-Prozess auch im industriellen Maßstab hoch effizient abläuft, was uns auch geglückt ist.
Welche neuen Ergebnisse hat Ihre aktuelle Studie nun gebracht – etwa im Vergleich zur thermischen Trocknung? Wie sieht die Ökobilanz aus?
Die aktuelle Studie ist sicherlich ein Meilenstein. Die Züricher Hochschule für Angewandte Wissenschaft hat bestätigt, dass die HTC gegenüber der thermischen Trocknung bedeutend weniger Energie braucht. Im Fall von Klärschlamm können zum Beispiel 65 Prozent an Strom und 68 Prozent an Wärmeenergie eingespart werden. Auch bei der Ökobilanz ist die HTC anderen Verfahren überlegen.
Haben Sie bereits Interessenten für weitere Anlagen dieses Typs? Planen Sie technologische Weiterentwicklungen?
Ja. AVA-CO2 entwickelt zur Zeit mehrere HTC-Projekte in Deutschland und der Schweiz. Die AVA-CO2 Forschung GmbH in Karlsruhe entwickelt die Technologie in Zusammenarbeit mit dem Karlsruhe Institut für Technologie kontinuierlich weiter. Zudem hat AVA Biochem, eine Tochtergesellschaft der AVA-CO2, zusammen mit dem KIT ein Verfahren entwickelt um auf Basis der HTC die TOP-10 Plattform-Chemikalie 5-HMF im industriellen Maßstabe zu produzieren. (Nicole Weinhold)