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FH Münster

Das Einfamilienhaus frisst Ressourcen

In Deutschland werden stetig neue Flächen für Arbeiten, Wohnen und Mobilität belegt. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts hat sich die Siedlungs- und Verkehrsfläche von 1992 bis 2015 von 40.305 auf 49.066 Quadratkilometer (km²) ausgedehnt. Damit ist die Siedlungs- und Verkehrsfläche in diesem Zeitraum um 8.761 km² bzw. 21,7 Prozent (%) angestiegen. Rechnerisch entspricht dies einem Zuwachs von durchschnittlich 104 ha oder etwas mehr als 1 km² pro Tag. Mit Blick auf die Teilflächen dehnte sich die Siedlungsfläche um 29,7 % und die Verkehrsfläche um 10,1 % aus. Der Zuwachs der Siedlungs- und Verkehrsfläche vollzog sich in weiten Teilen zu Lasten der landwirtschaftlich genutzten Fläche. Die Bundesregierung hat im Rahmen der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie von 2002 das Ziel vorgegeben, den täglichen Zuwachs der Siedlungs- und Verkehrsfläche bis zum Jahr 2020 auf 30 Hektar (ha) und im Rahmen der Neuauflage der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie bis zum Jahr 2030 auf „weniger als 30 Hektar“ zu begrenzen.

In den rund 15,7 Millionen Einfamilienhäuser in Deutschland sind rund 3,3 Milliarden Tonnen Mineralien, Metalle, Holz, Kunststoffe und andere Materialien verbaut. Dies ist ein Ergebnis des Forschungsprojektes der FH Münster zum Thema „Der Lauf der Dinge oder Privatbesitz? Ein Haus und seine Objekte zwischen Familienleben, Ressourcenwirtschaft und Museum“. Das Forschungsteam setzte sich zusammen aus dem Seminar für Volkskunde/Europäische Ethnologie der WWU Münster, der volkskundlichen Kommission für Westfalen, dem Freilichtmuseum Cloppenburg und dem Institut für Infrastruktur – Wasser – Ressourcen – Umwelt (IWARU) der FH Münster.

„Die in der Zusammenarbeit mit den Kollegen aus unterschiedlichen Fachrichtungen gewonnenen Erkenntnisse lassen das Einfamilienhaus als vielfach glorifizierte Wohnform in einem völlig anderen Licht erscheinen“, sagte Sabine Flamme, Leiterin der Arbeitsgruppe Ressourcen am IWARU. Gleichzeitig seien die Ergebnisse eine wichtige Basis für weitere Vorhaben im Hinblick auf die Nutzung der in Gebäuden und Infrastruktur eingelagerten Ressourcen, so die Wissenschaftlerin vom Fachbereich Bauingenieurwesen. Denn für die Herstellung der verbauten Materialien in einem Haus werde genauso viel Energie benötigt, wie für den Heizbedarf eines Vier-Personen-Haushaltes in 20 Jahren. Demnach verbraucht jeder Bewohner eines Einfamilienhauses für seinen Wohnraum rund 60 Prozent mehr Material als der durchschnittliche Bundesbürger.

Materielle Kultur kommt sowohl in ihrer tradierten Verwendung, als auch hinsichtlich gesellschaftlicher Veränderungen in den Blick: der Wandel von Lebens- und Wohnformen und die ökologische Aufgabe der Nachhaltigkeit bedingen und erfordern tiefgreifende Umbrüche kultureller, natürlicher und technisch-materieller Lebensgrundlagen. Zur Vermessung der Potenziale und Grenzen gegenwärtiger Wohn- und Lebensweisen im Einfamilienhaus verknüpft der Forschungsverbund material- und symbolanalytische Expertise.

Nachhaltiger was das Thema Bodenversiegelung und Flächenverbrauch anbelangt sind Mehrfamilienhäuser. Eine besondere alternative Hausform ist das Earthship. Als Earthship (deut. Erdschiff) bezeichnet man Gebäude einer bestimmten Bauweise, die nur durch passive solare Wärmegewinne und die Speicherung dieser mittels Masse geheizt oder durch natürliche Luftzirkulation gekühlt werden. Sie zeichnen sich zudem durch eine weitgehende Nutzung natürlicher und recycelter Baustoffe sowie ihre völlige Autarkie hinsichtlich Wärme, elektrischer Energie, Wasser und Abwasser aus. Gibt es übringens auch in Berlin-Tempelhof.

Interessierte, die mehr über die Ergebnisse des Projektes erfahren möchten, haben noch bis Ende diesen Jahres Gelegenheit, die Ausstellung „4Wände. Von Familien, ihren Häusern und den Dingen drumherum.“ des Freilichtmuseums in Cloppenburg zu besuchen.

(Nicole Weinhold)