Die Energieexperten von Enervis haben zwei Szenarien gegenüber gestellt, bei denen eine treibgasneutrale Energieerzeugung bis 2050 erreicht wird: Das Szenario „Maximale Elektrifizierung“ geht von einer Ausrichtung des gesamten Energiesystems am Strommarkt aus, alle Endkundensektoren sind soweit wie möglich elektrifiziert. Im „Optimierten Szenario“ wird das Erreichen der Treibhausgasneutralität technologieoffen untersucht, andere Energieträger sind im Endkundebereich möglich.
Fazit: Auch bei einer maximalen Elektrifizierung sind erneuerbare Gase, also Biomethan sowie synthetisch hergestellte Gase wie Wasserstoff oder Methan, nötig. Allein um den Bedarf der Industrie zu decken, den so genannten FeedStock, seien auf jeden Fall 280 Terawattstunden aus erneuerbaren Gasen erforderlich.
Weniger Netze
In anderen Bereichen ergäben sich Unterschiede, die so Studie. Vor allem beim Netzausbau könnten durch den vermehrten Einsatz synthetischer Gase 160 Milliarden Euro gespart werden. Deutlich weniger Übertragungsleitungen zum Stromtransport seien für die winterlichen Verbrauchsspitzen nötig, da im Optimierten Szenario auch vermehrt erneuerbare Gase im Wärmesektor eingesetzt wurden. Bis zu 400 MWh seien hier nötig. Der Einsatz von Gasheizungen statt Heizungen auf Strombasis ermöglichten zudem beim Letztverbraucher Einsparungen von bis zu 70 Milliarden Euro zwischen 2017 und 2050.
Gleichzeitig reduziere sich der Bedarf an Batteriespeichern, wenn vorhandene Erdgasspeicher und das Erdgasnetz zur Verfügung stünden. Hier geht die Studie von Kosteneinsparungen in Höhe von 80 Milliarden Euro gegenüber einem Szenario aus, das vollständig auf Elektrifizierung setzt. Zudem verringerte sich der Bedarf an Reservekraftwerken, wobei die Studienautoren hier von einem Kostenvorteil von fast 100 Milliarden Euro bis 2050 ausgehen.
Mehr Erzeuger
Demgegenüber stehen auch Mehrkosten: Bei der Umwandlung von Strom in synthetisches Gas oder Kraftstoffe treten Wandlungsverluste auf. Die Autoren der Studie beziffern daher den Mehrbedarf an erneuerbaren Strom im Optimierten Szenario auf 247 TWh und insgesamt 2.170 TWh im Jahr 2050. Für den zusätzlichen Bau von PV-Freiflächenanlagen sowie Produktionsanlagen für die Umwandlung des Stromes veranschlagen sie Mehrkosten von 410 Milliarden Euro gegenüber dem Szenario Maximale Elektrifizierung. In der Summe aber könnten im Vergleich beim Einsatz erneuerbarer Gase 19 Milliarden Euro eingespart werden. (Katharina Wolf)
Die komplette Enervis Studie sowie eine Kurzfassung finden Sie hier.