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Das Zeug zum Fliegen?

Fabian Kauschke

Zwei Komma fünf Prozent des globalen Ausstoßes von Kohlendioxid (CO2) stammen aus der Luftfahrt. In Europa beträgt der Wert sogar rund fünf Prozent. Das ist der aktuelle Stand. Marktvorhersagen prognostizieren aber, dass sich die Nachfrage durch Passagiere in den nächsten 20 Jahren verdoppelt. Damit steigt auch der Einfluss auf die weltweiten Emissionen immer mehr. Für die Luftfahrt muss sich daher etwas ändern: Gebraucht werden zukunftsweisende, klimafreundliche Alternativen für den bestehenden Brennstoffantrieb. Wie für viele Industrien richtet sich der Blick in Richtung Wasserstoff (H2). Welche Technologien verfolgt die Luftfahrt aktuell und welche Richtlinien benötigt es, damit der klimaneutrale Flugverkehr nicht ferne Zukunftsmusik bleibt?

5 Prozent des europäischen CO2-­Ausstoßes stammen aus der Luftfahrt.

Der Thinktank Epico Klimainnovation hat dazu in Zusammenarbeit mit Vertreterinnen und Vertretern der Luftfahrt- und Wasserstoffbranche einen Bericht verfasst, der wesentliche technische und regulatorische Perspektiven zusammenfasst. Diese präsentierten die Verfasserinnen und Verfasser bei einer Podiumsdiskussion mit Jane Amilhat, Leitung der Europäischen Kommission für Forschung, Wissenschaft und Innovation, Hildegard Bentele, Mitglied des Europäischen Parlaments, und Nathalie Errard, Senior-Vizepräsidentin bei Airbus.

Antrieb rein durch grünen Wasserstoff

Auf technologischer Seite verfolgen Entwickler aktuell drei Möglichkeiten, Wasserstoff in der Luftfahrt einzusetzen. Die momentan von den Fluglinien am stärksten verfolgte Technologie sei die Verwendung von synthetischen Kraftstoffen und E-Fuels. Diese bestehen aus Kohlenwasserstoff und werden mithilfe der Elektrolyse mit Wasserstoff angereichert. Die größten Kritikpunkte an E-Fuels liegen in dem im Vergleich sehr geringen Wirkungsgrad und dem großen ökologischen Aufwand. Außerdem bemerken Kritiker, dass diese die Abkehr von fossilen Brennstoffen herauszögern würden. Beispielsweise sind nach Beschluss des EU-Umweltrates nach 2035 Fahrzeuge mit Verbrennermotor zulassungsfähig, die mit E-Fuels betrieben werden. Angesprochen auf die Probleme, entgegnete Hildegard Bentele, dass bei Beschluss des „Fit-for-55-Pakets“ im Sommer 2022 die Implementierung von Wasserstoff in der Funktionsweise wie zum Beispiel durch einen Wasserstoffmotor noch sehr weit entfernt schien. E-Fuels würden in der Übergangsphase helfen, dennoch brauche es in Zukunft andere Lösungen.

Teil dieser Lösung könnten Wasserstoff-Elektroantriebe sein. Wasserstoff-Brennstoffzellen erzeugen elektrische Energie, um ein Antriebssystem anzutreiben. Ein weiterer Weg besteht in der Verwendung von H2 als Antriebsstoff wie in einem klassischen Verbrennungsmotor. Airbus untersucht aktuell beide Konzepte in dem Projekt Zeroe. Drei Flugzeuge mit Wasserstoffantrieben und eines mit elektrischem Motor testen Kapazitäten von 100 bis 200 Passagieren in einem Bereich von 1,8 bis 3,7 Kilometern Flughöhe. Erste Testflüge sind für das Jahr 2027 geplant und die kommerzielle Einführung bis 2035. Airbus ist nur ein Beispiel für Hersteller, die an neuen Antriebsmöglichkeiten forschen.

Regulatorik über CO2-Preis

Der Start der neuen Legislaturperiode der Europäischen Union bringt neue Schwerpunkte mit sich: Welche Themen bekommen besondere Priorität und werden als Erstes angegangen? Unter diesen sollte nach den Autoren des Berichts auch die Zukunft der Luftfahrt stehen, um zukunftsweisende Rahmenbedingungen zu schaffen.

Um die Klimaneutralität des Luftverkehrs realistisch zu erreichen, muss die EU mit globalen Partnern zusammenarbeiten.

Epico Klimainnovation, „How Can Hydrogen Fuel Climate-Neutral Aviation in the EU?“

Die aktuellen Regularien verwenden vor allem zwei Mechanismen. Zum einen regelt die EU den zugelassenen Wert von CO2. Durch den European Green Deal müssen Fluglinien für Verbindungen innerhalb Europas somit immer stärker für die verursachten Emissionen aufkommen. Ab 2026 müssen die Unternehmen 100 Prozent der CO2-Emissionen decken. Zum anderen unterstützen die Rahmenbedingungen nachhaltige Kraftstoffe (SAF). Diese werden ohne die Verwendung von fossilen Ausgangsmaterialien wie Erdöl hergestellt und erfüllen zusätzliche Kriterien der Nachhaltigkeit. Die Rahmenbedingungen würden dabei einen Fokus auf Biokraftstoffe setzen. Außerdem gibt es steuerliche Abgaben der Fluglinien, basierend auf ihrem Energieverbrauch und der Umweltbelastung.

Momentan fehlend ist laut Bericht von Epico eine Fokussierung auf grünen Wasserstoff und die Anwendung in Brennstoffzellensystemen oder H2-Antrieben.

Flugverkehr nur interkontinental regelbar

Welche Schritte sind auf der regulatorischen Ebene jetzt nötig? „Die EU sollte einen eigenen Rahmen für die Luftfahrtpolitik schaffen, der sich speziell mit der Entwicklung und Integration von Wasserstofftechnologien befasst, indem sie regulatorische Sandboxen schafft“, erklären die Verfasser. Damit sollen regulatorische Hürden bereits in der frühen Entwicklungsphase ausgemacht und im weiteren Verlauf vermieden werden. Um diese Testphasen zu finanzieren, sollten Mittel aus „Research and Development“-Töpfen genutzt werden. Diese unterstützen Entwicklungsprozesse.

Ein weiterer notwendiger Entwicklungsschritt besteht in der Bereitstellung von ausreichend Wasserstoff. Außerdem muss für ein Infrastruktursystem gesorgt werden, das entlang der gesamten Wertschöpfungskette funktioniert. Diese beiden Punkte treffen auf die meisten Industriebereiche zu, die in Zukunft Wasserstoff als Energiequelle nutzen. Auf der Bereitstellungsebene rückt der Bericht Abnahmevereinbarungen in den Mittelpunkt. Fluggesellschaften, die sich verpflichten, Wasserstoff zu kaufen, bevor er auf dem Markt verfügbar ist, stellen eine vorhersehbare Nachfrage für Produzenten dar und ermöglichen Investitionen, um die Produktionskapazitäten zu erhöhen. Allerdings zögerten die Fluggesellschaften bislang aufgrund unzureichender Anreize. Eine Möglichkeit zur Einführung seien nachhaltige Staatsflüge, die als Beispiel für die Industrie vorangehen.

Für den Ausbau der Infrastruktur könnte die Nutzung von Privatjet-Flughäfen eine Option sein. Diese sind regional besser verfügbar als Verkehrsflughäfen und daher gute Ausgangspunkte für die Entwicklung. Zudem sollte der Plan für ein Kernnetz und Produktionsstandorte wie H2-Hubs die Verbindung zu Flughäfen beachten, da diese in Zukunft ein wichtiger Ankerpunkt sein könnten.

Daneben muss jedoch beachtet werden, dass es sich bei der Luftfahrt um ein internationales Thema handelt. Daher brauche es interkontinentale Projekte und Testräume. „Um die Klimaneutralität des Luftverkehrs realistisch zu erreichen, muss die EU mit globalen Partnern zusammenarbeiten, strenge Normen für soziale und ökologische Nachhaltigkeit einhalten und eine gerechte Verteilung der Einnahmen unter den großen Emittenten sicherstellen“, erkennen die Verfasser.

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