Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
Kommentar 

Geothermie: Opfer des Ampelbruchs? 

Bis zu 70 Gigawatt installierte Leistung zur Wärmeerzeugung aus Erdwärme sind laut der Roadmap Tiefe Geothermie des Fraunhofer IEG in Deutschland möglich. Das entspricht bis zu einem Viertel des derzeitigen Wärmebedarfs in Deutschland. Ein guter Grund, warum die Erdwärme in Empfehlungen an eine künftige Bundesregierung von Organisationen eine relevante Rolle spielt. So präsentiert die Stiftung Klimaneutralität zum Beispiel 55 klimapolitische Empfehlungen für die 21. Legislaturperiode. Neben der Flexibilisierung des Stromsystems oder dem systemdienlichen Einsatz von Stromspeichern schlägt die Stiftung vor, die systemischen Potenziale der tiefen Geothermie zu heben. 

Neuer Vorschlag, altes Gesetz

Den Vorteilen der Erdwärme mit zuverlässiger und dauerhafter Wärme bei geringem Strombedarf, der besonders im Winter dem Stromsystem zugutekommen kann, stehen bislang hohe Anfangsinvestitionen und das Fündigkeitsrisiko entgegen, die die Kapazitäten von lokalen Akteuren oft übersteigen. Zudem würden die positiven Effekte der Geothermie weder in Förderprogrammen noch in Wärmeerzeugungskosten ausreichend berücksichtigt werden.

Um dem entgegenzuwirken, schlägt die Stiftung Klimaneutralität eine Geothermie-Strategie für ganz Deutschland vor. Mittels seismischer Explorationsmethoden sollen Lagerstätten identifiziert und mit den Wärmebedarfen des Gebäudesektors verglichen werden. Um diese Vorhaben und den künftigen Bau zu vereinfachen, brauche es ein Gesetz zur Beschleunigung der Geothermie. Ein Vorschlag, der Geothermie-Fans bekannt vorkommen könnte. 

Weit gekommen bis zum Ampelbruch

Denn das Geothermie-Beschleunigungsgesetz, das das Umsetzen von Geothermie-Projekten erleichtern sollte, wurde bereits unter anderem am 4. November 2024 in einer öffentlichen Anhörung im Bundestag besprochen. Der Entwurf eines Gesetzes zur „Beschleunigung der Genehmigungsverfahren von Geothermieanlagen, Wärmepumpen und Wärmespeichern sowie zur Änderung weiterer rechtlicher Rahmenbedingungen für den klimaneutralen Ausbau der Wärmeversorgung“ wurde zudem bereits am 4. September 2024 im Kabinett verabschiedet. Nach Informationen des Bundesverbands Geothermie (BVG) sprach sich neben den Regierungsfraktionen von SPD, Bündnis 90 / Die Grünen und FDP auch die Unionsfraktion für Erleichterungen aus.

Am 6. November 2024 entließ Bundeskanzler Olaf Scholz jedoch Finanzminister Christian Lindner und die Erdwärme rückte auf einmal ganz weit in den Hintergrund. Damit fiel das Geothermie-Beschleunigungsgesetz oder Geothermie-Erschließungsgesetz dem Ampelbruch zum Opfer. Am 16. Dezember 2024 appellierte der Bundesverband Geothermie noch einmal für einen Beschluss vor den Neuwahlen. „Wir hoffen darauf, dass die große inhaltliche Übereinstimmung der demokratischen Parteien sich nun auch in einem gemeinsamen Handeln ausdrückt“, sagt Gregor Dilger, Geschäftsführer des BVG. 

Verabschiedung dennoch in Sicht 

Passiert ist seither wenig. Das mag auch daran liegen, dass der Klimaschutz generell kein treibendes Wahlkampfthema ist. Insbesondere die Themen Frieden/Sicherheit und Wirtschaft sind laut ZDF-Politikbarometer aktuell die wichtigsten Aspekte für die Wahlentscheidung. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass ein Parlament mit Parteien, die einer Beschleunigung der Geothermie eigentlich positiv gegenüberstehen, ein solches Gesetz nicht als letzte Maßnahme durchgesetzt hat. Andere Gesetzesvorschläge haben mehr Einfluss auf den Wahlkampf.

Positiv kann jedoch aus der allgemeinen Haltung geschlossen werden, dass nach den Wahlen mit einer baldigen Verabschiedung zu rechnen ist. Erst dann wird sich zeigen, wo die Geothermie auf der Prioritätenliste steht, wenn Ideologien vielleicht wieder mehr zurückgestellt werden und es um konkrete Maßnahmen geht.

Fabian Kauschke