Die erneuerbare Stromerzeugung ist in den letzten Jahrzehnten stark gewachsen. Mit zunehmender Durchdringung der variablen Ressourcen wird das Management der Residuallast immer komplexer und kostspieliger. Die Herausforderung für die netzgekoppelte Solarenergie besteht nun darin, sich von der Ergänzung zum Hauptpfeiler des Stromsystems zu entwickeln.
In unseren Arbeiten analysieren wir, wie variable erneuerbare Energieressourcen in eine gesicherte, das heißt effektiv disponierbare Stromerzeugung umgewandelt werden können. Der Kern unseres Ansatzes besteht darin, das Optimum zwischen Abregelung und Speicherung zu finden. Da die Speicherung teurer als die Erzeugung ist, ist eine vollständige Speicherung der VRE nicht sinnvoll.
Die verwendeten Modelle optimieren die volkswirtschaftlichen Kosten basierend auf Investitions- und Betriebskosten. Das Netz und der Strommarkt wurden bislang nicht einbezogen.
Optimum der Kosten bei einer Abregelung von 10 bis 30 Prozent.
Diverse Studien
Studien wurden in verschiedenen Regionen durchgeführt. Diese umfassen sehr diverse Gebiete, Modellansätze und Speicher- und Produktionsarten.
In den Studien liegt das Optimum der Kosten bei einer Abregelung von 10 bis 30 Prozent der erzeugten Stromproduktion. In der Schweiz wurden zwei Studien durchgeführt auf Basis der umfassenden Szenarien des Bundesamts für Energie, welche auch Wärme und Transport beinhalten. Die Arbeiten basieren auf den Kostenszenarien Annual Technology Base (ATB) des US-Forschungslabors NREL. Im März 2024 erschien die neuste Schweizer Studie. Sie umfasst eine optimierte Windkraftproduktion (3 bis 5 Terawattstunden (TWh)) und zusätzlich 0 bis 4,5 TWh Atomstrom – also je maximal rund fünf Prozent Anteil an der gesamten Stromproduktion von knapp 86 TWh in 2050. Die Schweizer AKW produzieren aktuell jährlich 23 TWh Strom.
Auch die neueste Untersuchung zeigt, dass das Konzept der Überdimensionierung sinnvoll ist. Die Abregelung senkt die mittleren Produktionskosten je Szenario und Wetterjahr zwischen 30 und 80 Prozent. Die Kostenunterschiede (6,8 - 8,6 Schweizer Rappen pro Kilowattstunde (kWh) oder umgerechnet 7 bis 8,8 Eurocent) zwischen den neun Szenarien sind gering. Sie liegen innerhalb der Unsicherheit der Kostenannahmen und der jährlichen Schwankungen. Das bedeutet, dass alle untersuchten Kombinationen umsetzbar und bezahlbar sind. Die niedrigsten Kosten ergibt Szenario 8 mit 35 Gigawatt (GW) Photovoltaik (PV), 3 GW Wind, 1 GW laufzeitverlängerter Kernenergie, 10 Prozent PV-Abregelung und 12 Gigawattstunden (GWh) Batteriespeicher.
Der Ausbau der Windkraft senkt den Preis, auch wenn die Windenergie teurer ist als die Solarenergie in der Schweiz. Der Betrieb eines teuren Kernkraftwerks mit reduzierten Betriebsstunden (sieben Monate) senkt die Gesamtkosten ebenfalls leicht. Dies ist auf den ersten Blick überraschend. Die Gründe für die tieferen Kosten sind vor allem der reduzierte Bedarf an Überdimensionierung der PV und der Sonnen-arme Winter in der Schweiz. Der gleiche Effekt zeigt sich auch beim Einbezug von rund fünf Prozent teurem Strom aus Erneuerbaren.
Der derzeitige regulatorische Rahmen genügt nicht, um Investitionen auslösen, um das volkswirtschaftliche Optimum zu erreichen: Bei größeren Anteilen wird sich die PV selbst kannibalisieren. Zur Mittagszeit wird die PV-Produktion die Last oft übersteigen und die Preise werden nahe null oder negativ sein. Rein marktbasierte Modelle oder Strom-
abnahmeverträge (PPA) werden in dieser Situation wohl scheitern. Vorgesehene Contract-for-Difference-Vereinbarungen oder Einspeisevergütungen auf der Basis von Amortisationsberechnungen können helfen, Investitionen zu sichern, führen aber noch nicht zum volkswirtschaftlichen Optimum. Ein Vorschlag ist auch die Einführung hybrider Märkte für langfristige und kurzfristige Investitionen. Jemand muss letztlich für die abgeregelte Energie zahlen, damit die Investitionssicherheit hoch genug bleibt und Zubauziele der Erneuerbaren erreicht werden.
Netzregulierung
In unseren Studien haben wir die Auswirkungen auf das Netz nicht modelliert. Die Abregelung von PV und Wind trägt sicherlich dazu bei, die Kosten für die Netzausbauten zusätzlich zu senken.
Eine andere Frage ist, wie man die Abregelungen der Verteilnetze regelt. Eine Arbeitsgruppe des IEA PVPS Task 14 hat im Frühjahr 2024 einen Bericht zu diesem Thema veröffentlicht. Der Verteilnetzbetreiber von Südaustralien hat im Juli 2023 eine neue intelligente und faire Regelung zur Drosselung von PV-Anlagen auf Gebäuden eingeführt. In Deutschland sind geringfügige Abregelung mit dem Energiewirtschaftsgesetz Artikel 14 a möglich. Das sind positive Entwicklungen, die zeigen, dass auch die Netzregulierungen und die Verteilnetzbetriebe in Bewegung sind. Sie reichen aber nicht aus.
Interessant wäre eine Studie in Deutschland mit oder ohne Einbezug der Netze und Vergleiche mit Resultaten bestehender Energiemodelle. Bislang zeigen viele komplexere Modelle wie Nexus-E oder Balmorel deutlich weniger hohe Werte der Abregelung. Der Grund für diese Differenz ist unklar.