Nicole Weinhold
Das gerade gestartete Forschungsprojekt DC-Industrie2 untersucht die Potenziale der Gleichstromtechnik für industrielle Produktionsanlagen. Mit 35 Industriepartnern, fünf Forschungsinstituten sowie dem Zvei ist es eines der größten Verbundforschungsprojekte in Deutschland. Darin geht es darum, Produktionshallen oder prozesstechnische Großanlagen günstig mit Energie zu versorgen. "Nach einer mehr als hundertjährigen Dominanz der Wechselstromtechnik bei der Energieübertragung muss sich die Industrie nun den neuen Randbedingungen einer dezentralen, auf erneuerbaren Energien beruhenden Energieversorgung anpassen", so Alexander Sauer, Leiter des EEP und des entsprechenden Forschungsbereichs am Fraunhofer IPA.
Gleichstrom ist längst auch im Haushalt als Sparvariante in den Fokus gerückt. Unser Stromnetz liefert Wechselstrom mit einer Spannung von 230 Volt. Viele häusliche Geräte laufen jedoch intern mit Gleichstrom und viel niedrigeren Spannungen. Auf diese Weise entstehen Verluste, weswegen viele Fachleute inzwischen für ein zweites Stromnetz im Haus plädieren – ein Gleichstromnetz mit niedriger Spannung.
Dezentrale Versorgung als Ziel
Im Rahmen des Vorgängerprojektes war in den Jahren 2016 bis 2019 ein umfangreiches Systemkonzept erarbeitet und an Modellanlagen erprobt worden. Es soll nun im Nachfolgeprojekt für größere Anlagen bis hin zu Fabrikhallen erweitert werden mit dem Ziel einer sicheren, robusten, hochverfügbaren und netzdienlichen dezentralen Versorgung. Damit werden auch die Kosten für den Strom deutlich reduziert.
Das Institut für Energieeffizienz in der Produktion (EEP) der Universität Stuttgart entwickelt im Projekt ein Energie- und Netzmanagement für den nachhaltigen Betrieb mehrerer DC-Mikronetze und einen Rahmen für den stabilen, effizienten und netzdienlichen Betrieb von DC-Netzen. Die Netzregelung optimiert den Lastfluss zwischen den lokal integrierten Energiequellen und den Verbrauchern. So kann das DC-Netz nach außen als reaktiver Verbraucher im Energiemarkt handeln und den Energiebezug wirtschaftlich optimieren.
Regeln für eine DC-Plattform
Mittelfristiges Ziel des EEP ist die Entwicklung von Regeln für eine DC-Plattform, deren Komponenten nach dem Bedarf und unabhängig vom Hersteller ausgewählt und integriert werden können. Die Idee ist hier die Etablierung einer Plug & Play-Schnittstelle. Der Schwerpunkt des Fraunhofer IPA im Projekt liegt in der Entwicklung von Werkzeugen zur Inbetriebnahme und Projektierung von industriellen Gleichstromnetzen. Damit sollen notwendige Planungs- und Berechnungsaufgaben für die Integration eines DC-Versorgungssystems einem großen Kundenkreis zugänglich gemacht werden.
Die Ergebnisse werden das Fraunhofer IPA und das EEP der Universität Stuttgart gemeinsam in einem von drei Transferzentren validieren und dort die nachhaltige und robuste elektrische Versorgung der Produktion erproben.