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Sonnenkonzentrat aus CSP

Mit gut 60 Metern Höhe überragt der Turm die Ebene. Steht der Betrachter auf der richtigen Seite, sieht er eine zweite Sonne. Er ist aber nicht auf einem anderen Planeten, sondern in Jülich, 30 Kilometer westlich von Köln. Die zweite Lichtquelle ist zwar Sonnenlicht. Es wird aber von 2.000 Planspiegeln – sogenannten Heliostaten – gebündelt und auf den Turm projiziert. Dort fängt ein Receiver aus Keramik das konzentrierte Sonnenlicht ein und erwärmt damit von außen angesaugte Luft.

Der Keramikreceiver ist das neueste Forschungsprojekt des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln zur Weiterentwicklung der solarthermischen Kraftwerke – der so genannten concentrated solar power (CSP). Er besteht aus etwa 1.000 Keramikblöcken mit einer Kantenlänge von 14 mal 14 Zentimetern. Jeder dieser Blöcke ist drei Zentimeter tief und durchzogen mit durchgehenden parallelen Kanälen. Durch sie wird Luft gesaugt, die sich an der heißen Keramik weiter erhitzt. Das Ziel der Forscher ist es, die angesaugte Luft auf 750 bis 800 Grad Celsius aufzuheizen. Sie überträgt ihre Wärmeenergie über einen Wärmetauscher auf Wasser. Mit dem dadurch entstehenden Wasserdampf wird eine Turbine angetrieben, die den Strom erzeugt.

Turmkraftwerk im Testbetrieb


Bisher ist das Turmkraftwerk noch im Teststadium. Es könnte eine der Technologien für die Zukunft sein. „Denn das Wärmeträgermedium kostet nichts, es ist nicht korrosiv und es ist ungefährlich“, sagt Gerd Dibowski, als Gruppenleiter zuständig für die Kölner Großanlagen des Instituts für Solarforschung des DLR. Aber bisher beherrschen noch die Parabolrinnenkraftwerke den Markt. „Die Technologie ist erprobt und funktioniert“, sagt Patrick Haibach, bei Schott Solar CSP zuständig für die Entwicklung von Geschäftsstrategien. Allerdings laufen die Parabolrinnenkraftwerke bisher mit Temperaturen von 400 Grad Celsius. So viel halten die als Wärmeträger eingesetzten Thermoöle aus. Steigt die Temperatur weiter, zersetzen sie sich. „Diese limitierte Betriebstemperatur begrenzt die Effizienz“, erklärt Haibach. Denn die Turbinen, die in CSP-Kraftwerken eingesetzt werden, haben bei Temperaturen zwischen 550 und 600 Grad Celsius ihren optimalen Betriebspunkt. „Alternativ könnte man spezielle Turbinen bauen, die bei einer Temperatur von 400 Grad Celsius effizient arbeiten“, sagt Haibach. „Aber die werden dann sehr teuer.“

Temperaturen müssen steigen

Deshalb ist der nächste Schritt, die Temperatur, die aus dem Solarfeld eines Parabolrinnenkraftwerks kommt, auf bis zu 550 Grad Celsius zu steigern. Seit mehreren Jahren untersuchen Schott Solar CSP und das DLR deshalb die Eignung von Salzschmelzen als Wärmeträger. Diese molten salts bestehen in der Regel aus einer Natrium- und Kaliumnitratmischung. Bei normaler Temperatur und gewöhnlichem Druck sind sie fest. Steigt die Temperatur, werden sie flüssig und speichern die aufgenommene Wärme. Treffen sie auf ein kälteres Medium, geben sie die gespeicherte Wärme ab.

Die Verwendung im Absorberkreislauf ist aber eine Herausforderung. Denn die Salze sind zwar kostengünstig und vertragen hohe Temperaturen. Sie stellen aber auch neue Anforderungen an die Komponenten im Solarfeld. „Im Absorberkreislauf müssen Stähle zum Einsatz kommen, die dauerhaft den Kontakt mit den geschmolzenen Salzen aushalten. Außerdem müssen die Beschichtungen und Glas-Metall-Verbindungen an die hohen Temperaturen und die hohen thermozyklischen Belastungen angepasst werden“, erklärt Haibach. Schott Solar CSP hat zusammen mit Stahlherstellern eine Lösung gefunden, die demnächst auf den Markt kommt. „Allein mit dem Einsatz der Salzschmelze und der Vergrößerung der Komponenten können wir in den nächsten Jahren auf zehn Eurocent pro Kilowattstunde kommen“, sagt Haibach. Bisher kostet die Kilowattstunde CSP-Strom noch 15 bis 20 Cent, je nach Größe und Lage des Kraftwerks.

„Ein weiterer Entwicklungstrend ist die Vergrößerung der Parabolrinne“, ergänzt Gerd Dibowski vom DLR. „Denn je größer die Anlage wird, desto schneller kann die Branche das Ziel der niedrigen Stromgestehungskosten erreichen.“ Schließlich steigt der Wirkungsgrad auch mit der Größe der Anlage. „Das liegt vor allem an der Turbine“, weiß Dibowski. „Denn die sogenannten Spaltverluste, das Verhältnis zwischen Nutzfläche der Turbinenschaufel und den Rückströmverlusten an der Turbinenwand, werden mit zunehmender Größe der Turbine kleiner und damit wird die Turbine effektiver.“

Das geht aber nur mit größeren Parabolrinnen, denn die Fläche des gesamten Projekts ist technologisch begrenzt. Je größer die Fläche des Kraftwerks wird, desto weiter werden die Wege des Wärmeträgers aus dem Solarfeld bis zum Wärmetauscher. Dort kommt aus den Rändern des Solarfeldes nur noch wenig Wärme an, was die Effizienz des gesamten Kraftwerks verringert und die Stromgestehungskosten erhöht.

CSP-Kraftwerke brauchen relativ viel Glas und Metalle. Dibowski: „Da haben wir bei einem richtig großen Kraftwerk einen Verhandlungsvorteil bei der Preisgestaltung.“ Er erwartet hier Stromgestehungskosten von acht Cent pro Kilowattstunde. Welche der beiden Technologien wird sich am Ende durchsetzt? „In Zukunft wird es einen ausgewogenen Mix zwischen Parabolrinnen und Türmen geben“, prognostiziert Haibach. „Jeder Standort wird eine andere Präferenz zeigen.“ Die Turmkraftwerke funktionieren in Regionen mit einem hohen Aerosolanteil in der Luft nicht optimal. Der Weg des Lichts vom Spiegel zum Receiver ist sehr lang und verläuft in Bodennähe. Staub-, Sand- und Dunstpartikel reflektieren es. Es kommt weniger Licht am Turm an. In solchen Regionen kann die Parabolrinne ihren Vorteil der kurzen optischen Wege vom Spiegel zum Receiver ausspielen. „In anderen Regionen mag der Turm gegenüber der Rinne besser sein, weil er höhere Temperaturen ermöglicht. Die Kostenziele werden aber etwa auf denselben Punkt kommen“, prognostiziert Haibach. „Die Türme schaffen das über die hohen Temperaturen. Die gut in den Markt eingeführte Parabolrinne kann mit den Temperaturen von 550 Grad Celsius schon sehr wettbewerbsfähig sein und in den Bereich von zehn Cent pro Kilowattstunde kommen.“

Kunden sind vorsichtig

Das Problem ist aber, dass die potenziellen Kunden in neuen Märkten sich lieber auf bewährte CSP-Konzepte verlassen statt auf Neuentwicklungen. „Wenn es um die aktuellen Chancen von CSP geht, werden derzeit vor allem die Rahmenbedingungen in den neuen Märkten diskutiert. Erst dann kommen technische Aspekte zur Sprache“, weiß Patrick Haibach. „Das hängt vor allem mit dem Wechsel von den traditionellen Märkten USA und Spanien hin zu neuen Märkten in Nordafrika und auf der Arabischen Halbinsel zusammen. In den bisher führenden Märkten gab es Investitionssicherheit. Da konnten wir uns auf die technischen Aspekte konzentrieren.“
Das ist nicht mehr so einfach. Denn durch hohe Investitionskosten und schrumpfende Fördergelder muss die Technologie auch langfristig funktionieren. Das Risiko für die Investoren scheint hoch, vor allem wenn neue Entwicklungen eingebaut werden. „Wir haben die Hausaufgaben gemacht“, betont Haibach „Die Frage ist, wer den Schritt macht, jetzt mit den neuen Entwicklungen ein Kraftwerk zu bauen. Diese Kommerzialisierungslücke gilt es jetzt zu füllen.“ (Sven Ullrich)

Dieser Artikel ist in der Printausgabe von ERNEUERBARE ENERGIEN von März 2014 erschienen. Hat er Ihnen gefallen? Dann holen Sie sich jetzt ein kostenloses Probeabo unseres Magazins.