Das Ökoinstitut in Freiburg sieht in der Kühlung mit erneuerbaren Energien ein großes Marktpotenzial für die Solarthermiebranche. In einer aktuellen Studie im Auftrag der Niederländischen Agentur für Energie und Klima gehen die Autoren davon aus, dass bis 2050 mindestens die Hälfte des gesamten Bedarfs an Kühlung in Europa durch erneuerbare Energien bereitgestellt werden können. Für die Solarthermie ist insbesondere der Süden Europas mit seiner hohen Sonneneinstrahlung und seinem gleichzeitig großen Bedarf an Kühlung interessant. Als Grund für die optimistische Sicht nennt das Ökoinstitut vor allem den steigenden Bedarf in den nächsten Jahrzehnten. Der resultiert aus der Klimaerwärmung, die Anwendung von elektronischen Geräten, die viel Wärme abgeben, die weitere Verbreitung einer Architektur, die viel mit Glas arbeitet und wachsende Komfortansprüche.
Eine Definitionsfrage
Laut European Technology Platform for Renewable Heating and Cooling (ETPRHC) wird sich der Bedarf an Kühlung bis 2020 im Vergleich zu 2007 auf 700 Terawattstunden pro Jahr verdreifachen. Im Jahr 2050 wird der Bedarf bei 733 Terawattstunden pro Jahr liegen. Technologisch kann er zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien bereitgestellt werden. Das Ökoinstitut verweist auf andere Studien, die allein der Solarthermie das Potenzial einräumen, die Hälfte des Kühlbedarfs denken zu können. Doch gibt es nach Ansicht der Autoren der Studie noch zu viele Hürden für die Verbreitung der existierenden Technologien. So müsste eine einheitlich Definition aufgestellt werden, was eigentlich Kühlung mit erneuerbaren Energien ist. Bisher gilt die Definition der ETPRHC, die Kühlung als die Absenkung der Raumluft zur Verbesserung des Wärmekomforts und die Bereitstellung der notwendigen thermischen Bedingungen für die Durchführung technischer Prozesse bezeichnet. Das Ökoinstitut schlägt mit Blick auf die Komponente der erneuerbaren Energien weitere Kriterien vor. So sollte die Hauptenergiequelle erneuerbar im Sinne der Direktive der Europäischen Union über die Stromproduktion aus Quellen erneuerbarer Energien. Außerdem muss es sich auch tatsächlich um Kühlbedarf handeln. So sieht das Ökoinstitut die Kühlung von Abwärme in Kraftwerken oder Industriebetrieben nicht als Kühlung an, da diese Abwärme anderweitig genutzt werden kann. Als drittes Kriterium führen die Autoren der Studie die Effizienz des Systems an.
Vorgaben fehlen
Außerdem fehlt bisher der politische Wille, die Kühlung mit erneuerbaren Energien voranzubringen. „Bisher gibt es keine Vorgaben seitens der EU, an die sich die einzelnen Mitgliedsstaaten halten müssen und ohne politische Zielsetzungen fehlt der notwendige Anreiz, Instrumente zur Förderung der erneuerbaren Kühlung zu etablieren“, erklärt Tanja Kenkmann, Projektleiterin am Ökoinstitut. Auch die bisher fehlende statistische Erfassung der Daten zur „erneuerbaren Kühlung“ ist bei ihrer weiteren Verbreitung hinderlich. Denn damit wird der Zubau auch nicht auf die Ausbauziele angerechnet. Bisher wird auf solarthermischer Seite immer nur die Wärmeerzeugung aber nicht die Kühlung erfasst. Deshalb fordert das Ökoinstitut den Ausbau er „erneuerbaren Kühlung“ zu erfassen und in die jeweiligen nationalen Ausbauziele der EU-Mitgliedsstaaten aufzunehmen und die gesteckten Ziele zu überwachen. Die EU-Länder sollten auch geeignete Förderinstrumente einführen, um die Kühlung mit erneuerbaren Energien zu etablieren.
Bisherige Technologien weiterentwickeln
Aber auch die Industrie muss ihren Beitrag leisten. Denn für bestimmte Anwendungen wie zum Beispiel Einfamilienhäuser bemängeln die Autoren der Studie immer noch ein Fehlen geeigneter Technologien. Auch für die bisher etablierten Anwendungen sieht das Ökoinstitut weiteren Forschungs- und Entwicklungsbedarf. Um den Ausbau der „erneuerbaren Kühlung“ weiter voranzutreiben, müssen die Anlagen vor allem billiger werden, damit sie sich auch betriebswirtschaftlich rechnen. (Sven Ullrich)