Laut einem Bericht der UN-Initiative Sustainable Energy for All gibt es bei rund 2,3 Milliarden Menschen weltweit einen wachsenden Bedarf an Klimageräten. Angesichts des Klimawandels ist dies eine große Herausforderung und Chance zugleich. Jetzt ist es an der Zeit, die Weichen auf Nachhaltigkeit zu stellen – Kühlung ist ein starker Hebel, um die weltweiten CO2-Emissionen zu reduzieren. Industrie und Verbraucher müssen auf umweltfreundliche Technologien setzen, und es braucht weltweit verbindliche Rahmenbedingungen. Hier die wichtigsten Hintergründe und Argumente für nachhaltiges Kühlen sowie ein Blick auf die leistungsfähigsten, schon heute verfügbaren Lösungen.
Das nachhaltige Entwicklungsziel 7 der Vereinten Nationen (SDG 7) sieht allgemeinen Zugang zu bezahlbarer, nachhaltiger Energie vor. Der Hintergrund: Rund 900 Millionen Menschen haben noch keinen Zugang zu Elektrizität. Gerade in den Schwellenländern wächst der Bedarf an Kühlschränken und Klimageräten. Mit steigenden Einkommen und besserer Anbindung ans Stromnetz werden laut Sustainable Energy for All Milliarden Menschen in Schwellenländern Klimageräte erwerben. Nicht nur in Schwellenländern, sondern weltweit werden aber nach wie vor Geräte gekauft, die viel Strom verbrauchen und auf umweltschädliche Kältemittel setzen.
Etwa 20 Prozent der Klimaschäden durch Kühltechnologien sind auf Kältemittel zurückzuführen, 80 Prozent auf den Betrieb mit Kohle- oder Dieselstrom. Auch in Deutschland werden in über 95 Prozent der Klimaanlagen immer noch klimaschädliche Kältemittel verwendet. Würde man natürliche Kältemittel wie Propan, Ammoniak und CO2 einsetzen, ließen sich die CO2-Emissionen bis 2050 weltweit um bis zu 90 Milliarden Tonnen senken. Wären die Geräte energieeffizienter, würde sich dieser Effekt noch einmal verdoppeln.
Nachfrage nach Gebäudeklimatisierung
Laut dem Bericht „The Future of Cooling“ der Internationalen Energieagentur (IEA) machen Klimageräte schon heute ein Fünftel des weltweiten Stromverbrauchs in Gebäuden sowie zehn Prozent des gesamten Stromverbrauchs aus. Die Hälfte hiervon entfällt allein auf Indien, China und Indonesien. Doch auch in unseren Breiten kommen große Gebäude, besonders Büros und Krankenhäuser, angesichts der steigenden Temperaturen nicht mehr ohne Klimaanlagen aus.
Die Europäische Kommission schätzt, dass sich die Nachfrage nach Gebäudeklimatisierung allein in der EU bis 2030 um 70 Prozent erhöhen wird. Zudem prognostiziert sie, dass der Kältesektor den Wärmesektor bis 2060 bezüglich des Energieverbrauchs überholt haben wird. Die besondere Herausforderung: Klimageräte setzen im Betrieb Hitze frei. Folglich steigt die Notwendigkeit, Räume zu klimatisieren, weiter. Die weltweite Kühlung macht rund acht Prozent der Treibhausgase aus, dieser Wert wird sich bis 2050 voraussichtlich auf 15 Prozent etwa verdoppeln.
Auch durch die Digitalisierung wächst der Bedarf an Kühlung. Schon heute macht Kühlung die Hälfte des Stromverbrauchs von Rechenzentren aus. Zwischen 2007 und 2013 hat sich der Strombedarf in diesem Bereich auf weltweit 43 Gigawatt vervierfacht. 2014 betrug der globale Strombedarf für Rechenzentren rund 194 Terawattstunden, das ist circa ein Prozent des globalen Strombedarfs.
Auf Verbraucherebene ist es wichtig, dass sich die Erstkäufer von Klima- und Kühlgeräten für energieeffiziente Lösungen entscheiden. Dies ist technisch schon heute möglich. Bei natürlichen Kältemitteln gilt es, die optimale Balance zwischen Umweltfreundlichkeit, Sicherheit und Erschwinglichkeit zu finden. Unterstützt wird dies durch Technologien, die beispielsweise den Einsatz des Kältemittels CO2 deutlich energieeffizienter machen. Auch innovative Lösungen wie Fernwärme, thermische Speicher und Wärmepumpen sind ausgereift und günstig verfügbar. Sie verbinden die Bereiche Wärme und Kälte und ermöglichen so die Nutzung von Abwärme aus unterschiedlichsten Prozessen – eine äußerst energieeffiziente, ressourcenschonende Lösung.
Bislang werden Wärme und Kälte aber meist als getrennte „Silos“ betrachtet. Um die Synergie dieser beiden Bereiche voll auszuschöpfen, braucht es echte Konnektivität, Systemdenken und den Willen zu weltweiter Zusammenarbeit. Ein gutes Beispiel sind Supermärkte, die vom Stromfresser zum Strom und Wärmeerzeuger werden. In Dänemark gibt es bereits über 30 Supermärkte, die die Abwärme ihrer Kühlsysteme nutzen, um das eigene Gebäude mit Heizung und Warmwasser zu versorgen oder Wärme in das lokale Fernwärmenetz einzuspeisen.
Wärme und Kälte aus Erneuerbaren
In Deutschland startete 2018 das Pilotprojekt Aktiv & Irma in Oldenburg. Der Supermarkt generiert Solarstrom auf dem eigenen Dach und verfügt über ein intelligentes Energiemanagement. Auf diese Weise kann er nicht nur Strom für den Eigenverbrauch produzieren, sondern auch auf die Schwankungen im Netz reagieren. Das Kühlsystem des Supermarkts funktioniert quasi wie eine riesige Batterie, die überschüssigen Netzstrom speichert. Bei windigem oder sonnigem Wetter, wenn das örtliche Kraftwerk mehr grünen Strom liefert, als benötigt wird, können die Kühltheken um einige Grad heruntergefahren werden. Ändert sich das Wetter wieder, kommen die Kühltheken eine Weile mit weniger Strom aus, ohne dass die Lebensmittel Schaden nehmen. Insgesamt liefert der Supermarkt so grüne Energie und senkt seinen CO2-Ausstoß sowie die Betriebskosten.
Fazit: Angesichts des zu erwartenden Wachstums im Kühlsektor sollten wir jetzt die Chance ergreifen und auf nachhaltige Technologien setzen. Hierfür braucht es dreierlei: Um den Energieverbrauch zu senken, benötigen wir weltweit verbindliche höhere Mindestnormen für Energieeffizienz (MEPS). Um Abwärme effizient zu nutzen, muss die Synergie von Wärme und Kälte voll ausgeschöpft werden. Die Ausbildung von Wasser- Sanitär- und Heizungsinstallateuren muss hier den Anforderungen angepasst werden. Schließlich müssen wir die Bereiche Wärme und Kälte mit erneuerbaren Energien verbinden, denn nur so lassen sich die CO2-Emissionen dauerhaft senken.
Autor: Jürgen Fischer, Präsident von Danfoss Cooling
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