Bis zu 12,2 Megatonnen CO2-Emissionen könnte Deutschland pro Jahr durch hybride Arbeitsmodelle einsparen, das entspricht 83 Millionen Flügen von Berlin nach London. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie des Carbon Trusts im Auftrag des Vodafone Instituts für Gesellschaft und Kommunikation. Pro Arbeitnehmer*in im Homeoffice sind dies 700 kg CO2e, soviel wie fünf Flüge von Berlin nach London. Die Studie geht davon aus, dass in Deutschland rund 17,5 Millionen Jobs (39 %) auch zukünftig eine flexible Arbeitsplatzgestaltung erlauben und im Schnitt an 2,7 Tagen im Homeoffice gearbeitet wird.
Die Studie analysiert das Einsparpotenzial von CO2-Emissionen in sechs europäischen Ländern (Deutschland, Großbritannien, Schweden, Italien, Spanien und die Tschechische Republik) vor, während und nach der Pandemie. Sie betrachtet die Auswirkungen des fehlenden Berufsverkehrs und der vermiedenen bürobedingten Emissionen und stellt sie den zusätzlichen häuslichen Emissionen gegenüber, um potenziell auftretende Rebound-Effekte zu identifizieren.
Von März 2020 bis März 2021 arbeiteten in Deutschland im Schnitt 18,4 Millionen Menschen 3,5 Tage pro Woche im Homeoffice. Dadurch ergibt sich eine Einsparung von 1.144 kg CO2e, ein Plus zur Vor-COVID-Zeit von 72 %. Das entspricht rund acht Flügen von Berlin nach London. Zum Vergleich: Schwedens eingesparte Emissionen stiegen von 124 kg CO2e auf 243 kg CO2e bei 3,4 Tagen Homeoffice. Die hohe Differenz spiegelt die Unterschiede in der durchschnittlichen Energieleistung von Gebäuden sowie im Pendelverhalten zwischen den Ländern wider: Schwedens relativ niedrige CO2-Intensität im Strommix sowie der geringere Anteil an fossilen Brennstoffen für Heizenergie führen im europaweiten Vergleich zu einer deutlich höheren Energieeffizienz. Auch beim stärksten Emissionstreiber verdeutlicht sich dieser Unterschied: In allen Ländern außer Schweden hatten die vermiedenen Büroemissionen den größten Einfluss auf die individuelle CO2-Bilanz. Sie wiegen deutlich schwerer als der vermiedene CO2-Ausstoß durch das Pendeln. Die Rebound-Effekte des häuslichen Verbrauchs wirken dem nicht entgegen: Während der Pandemie verbrauchte Deutschland zusätzlich 988 kg CO2e im häuslichen Umfeld. Demgegenüber stehen im gleichen Zeitraum 1.320 kg vermiedene Büro- und 813 kg vermiedene Pendelemissionen.
Zwar führt Homeoffice durchschnittlich zu einer jährlichen CO2-Einsparung, doch saisonale, regionale sowie individuelle Verhaltensmuster führen zu unterschiedlichen Szenarien im CO2-Verbrauch. Der Vergleich Deutschland – Spanien zeigt: Durch den hohen Heizbedarf und den vorherrschenden fossilen Energiemix aus Heizöl und Erdgas steigen im Winter die zusätzlichen häuslichen Emissionen in Deutschland stark an, sodass sich Büroarbeit in dieser Zeit als effizienter erweisen könnte. Bei Arbeitnehmer*innen, die mit dem Zug pendeln, liegen die Emissionen im Winter bei 7,46 kg CO2e /Tag im Büro versus 12,71 kg CO2e /Tag im Homeoffice. In Spanien hingegen führt die verbreitete häusliche Nutzung von Klimaanlagen im Sommer zu einem erhöhten CO2-Austoß und macht das Arbeiten im Büro potenziell klimafreundlicher. Andie Stephens, Associate Director, Carbon Trust: „Die Studie zeigt, dass Homeoffice zwar ein großes Potenzial für CO2-Einsparungen bietet, es aber entscheidend ist, regionale Unterschiede, Verhaltensmuster und Ineffizienzen zu identifizieren, um effektiv nachhaltige Homeoffice-Szenarien zu gestalten. Um langfristig Klimaerfolge durch vermehrt hybride Arbeitsmodelle zu erzielen, muss sichergestellt werden, dass wir diverse Ansätze zur Einsparung verfolgen. Ansonsten könnten z. B. Büros, die mit vollem Energiebedarf betrieben werden, während sie nur zur Hälfte besetzt sind, oder öffentliche Verkehrssysteme, die nicht flexibel auf eine sich verändernde Nachfrage reagieren können, zu einem Gesamtanstieg der CO2-Emissionen führen."
Inger Paus, Geschäftsführerin Vodafone Institut für Gesellschaft und Kommunikation: „Dass Unternehmen für die Zeit nach Corona verstärkt mit hybriden Modellen planen, spiegelt auch den Wunsch der Arbeitnehmenden nach einer Flexibilisierung im Arbeitsumfeld wider. Es ist umso erfreulicher, dass auch die positiven Klimaeffekte von Homeworking überwiegen. Die Studie liefert damit entscheidende Erkenntnisse, um zukünftige Arbeitsmodelle und Nachhaltigkeitsziele zusammen zu denken. Gleichzeitig legt sie offen, an welchen Stellen wir mit Blick auf das Klimaziel 2030
jetzt die richtigen Weichen stellen müssen. Gerade Deutschlands Gebäude- bzw. Energieeffizienz offenbart im Ländervergleich Investitionsbedarf. EU-Fördermittel aus dem Green Deal und Corona-Wiederaufbaufonds bieten hier Zukunftschancen.“
Basierend auf diesen Erkenntnissen gibt der Report Empfehlungen, wie Unternehmen und Regierungen hybrides Arbeiten planen können, um die Dekarbonisierung zu beschleunigen. Dazu zählen die Förderung des Breitbandausbaus, Steigerung der Energieeffizienz von Gebäuden, Incentivierung für kohlenstoffarme Fortbewegungsmittel
oder auch die Förderung dezentraler, erneuerbarer Stromversorgung sowie intelligenter Technologien. Sie adressiert auch die Herausforderungen, die z. B. für Städte, Transport, lokale Wirtschaft und Infrastrukturanbieter entstehen.
Die CO2-Emissionen sind natürlich abhängig vom Fortgang der Energiewende und damit des verwendeten Strommixes. Wollen sie diesen im Blick behalten, abonnieren Sie einfach unseren kostenlosen Newsletter. Hier können Sie sich anmelden.