Seit der Coronapandemie sind Aerosole in aller Munde. Sind sie doch die kleinen Partikel, auf denen die Viren von einem zum anderen Wirt reisen. Doch auch Solaranlagen sind von Aerosolen betroffen – allerdings ganz anderer Art. Denn die kleinen, nur wenige Nanometer großen Teilchen können die Sonneneinstrahlung mindern, wenn sie in ausreichend großer Menge auftreten.
Vor allem großflächige Waldbrände, aber zumindest in Europa auch Staubwolken aus der Sahara sind hier die häufigsten Quellen, wenn nicht gerade irgendwo ein Vulkan ausbricht. Diese atmosphärischen Aerosole mindern den Ertrag von Solargeneratoren. Sie haben aber nicht nur Auswirkungen auf den wirtschaftlichen Betrieb der Anlage. Viel problematischer sind sie für die Netzbetreiber und für die Direktvermarkter.
Bisher noch Schwachstelle der Prognose
Denn bisher fließen die atmosphärischen Aerosole nicht in die Wetterdaten ein, aus denen die Netzbetreiber ihre Prognosen über die aktuelle und künftige Solarstromproduktion aus den verschiedenen Anlagen erstellen. Die sind wiederum wichtig für den stabilen Betrieb von Stromnetzen. Liefern die Solaranlagen nicht die Energiemenge zu einem bestimmten Zeitpunkt, wie es aufgrund der Wetterdaten berechnet wurde, müssen Netzbetreiber oder Direktvermarkter entweder teure Ausgleichsenergie am Spotmarkt der Strombörse dazukaufen, wenn die gelieferte Strommenge hinter den Prognosen bleibt. Oder im umgekehrten Falle müssen sie die Anlagen entsprechend abregeln.
Aerosole berücksichtigen
Dieses Problems hat sich ein Forschungskonsortium angenommen. Im Rahmen eines Forschungsprogramms mit dem Namen „Photovoltaik-Ertragsprognose zum besseren Management des Einflusses des atmosphärischen Aerosols auf die Stromnetze in Deutschland und Europa“ wollen Meteocontrol, ein Dienstleister zur Erstellung von Wetterprognosen mit Sitz in Augsburg, das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und der Deutsche Wetterdienst (DWD) die Effekte der Aerosole auf die Wettervorhersagen untersuchen. Am Ende soll eine verbesserte Ertragsprognose für Solaranlagen stehen, die diese kleinen Partikel mit berücksichtigt.
Wolken verstehen
Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg. Denn das Projekt ist erst in diesem Jahr gestartet und auf vier Jahre angelegt. Diese Zeit werden die Partner aber auch brauchen. Denn die Wirkung von Aerosolen wie Asche, Staub oder Sandkörner in Wolken zu modellieren und vor allem vorauszusagen, ist nach Angaben der Projektpartner extrem schwierig. Schließlich seien die Prozesse in Wolken und deren Wechselwirkungen mit Aerosolpartikeln noch nicht vollständig geklärt.
Umfangreiche Datenauswertung geplant
Deshalb will das Forschungsteam zunächst Messdaten von Wetterstationen und Satellitendaten auswerten, um diesen Wechselwirkungen auf die Spur zu kommen. Diese Daten wollen die Forscher danach in einem erweiterten numerischen Wettervorhersagesystem verarbeiten, das DWD speziell für diese Anwendung betreibt. Der DWD übernimmt dabei die Aufgabe, die Wettermodelle aus der Theorie auf eine praktische Ebene zu heben. Die Wissenschaftler des KIT hingegen beschäftigen sich mit dm Teil des Wettermodells, das die Vorhersage von Aerosolen und reaktiven Spurengasen betrifft.
Ertragsprognosen verbessern
Parallel dazu wird Meteocontrol das System für die Ertragsprognosen von Solaranlagen so weiterentwickeln, dass die Netzbetreiber und Direktvermarkter in Zukunft die Auswirkungen von Aerosolen mit berücksichtigen können. „Damit können Netzbetreiber die Forschungsergebnisse zukünftig in Form neuer Prognosemodelle einsetzen und verlässlicher planen“, erklärt Daniel Lassahn, Projektleiter bei Meteocontrol. „Weil der Anteil von Photovoltaikstrom stetig steigt, trägt die Forschungsarbeit zu einem besseren Management von Stromnetzen und deren Stabilität entscheidend bei“, betont er.