In der Regierungskoalition wird laut über eine Verringerung der Vergütung für Hofanlagen nachgedacht. Dieser Gedanke ist Teil eines Briefs der Fraktionsspitzen der Koalition an das Wirtschafts- und das Bundesumweltministerium, BMWI und BMU von Ende November. Darin werden die beiden Ministerien aufgefordert, bis Ende Januar neue Konzepte vorzulegen.
Berliner Flic-Flac-Zirkus
Im Fokus des Briefs auch Anlagen, die überwiegend Gülle verstromen sollen. Oder werden. Klar ist das ja noch nicht, da das Gesetz ja noch nicht in Kraft getreten ist, folglich die ersten Anlagen erst ab 1. Januar 2012 den Betrieb aufnehmen, also jene, die aber bis vor kurzem jedenfalls noch ein favorisierter Typus der Regierung waren, wie in Zukunft Biogas in Deutschland weiter entwickelt werden soll.
Gülle auf dem Tapet
Was also erst mal sicher voraussichtlich gesagt werden kann: Um den Bau von Gülleanlagen mit elektrischen Leistungen von höchstens 75 Kilowatt anzureizen, schrieb der Gesetzgeber ins EEG 2012 in Paragraf 27b eine Grundvergütung in Höhe von 25 Cent pro Kilowattstunde erzeugten Stroms fest. Laut Branche führte das nicht nur auf der Fachmesse Agritechnica in Hannover im November zu großem Interesse am Bau eines solchen Anlagentypus. Die Branche geht davon aus, dass im kommenden Jahr einer der meistnachgefragten Biogasanlagentypen die Kompaktanlage bis 75 Kilowatt sein wird. Viele Hersteller haben sich auf die Nachfrage eingestellt, seitdem die Debatte um die Novelle des EEG 2012 eine solche Marktwende wahrscheinlich werden ließ.
Hintergrund EEG-Umlage-Deckelung
Hintergrund der mittlerweile parlamentarischen Dauerdebatte über Vergütungen von Strom nach EEG ist das Ziel der Koalition, die Kosten fürs EEG bei 3,5 Eurocent Umlage zu halten. Fragt sich: Wie das mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien in Einklang zu bekommen ist. In der Diskussion sind Deckelungen des Ausbaus der Photovoltaik oder Absenkungen der Vergütung von Strom nach EEG. Auch das Ziel, mehr und mehr EEG-Anlagen für einen Ausstieg aus der EEG-Vergütung zu gewinnen durch Eintritt in die Direktvermarktung, ist auch vor diesem Hintergrund zu sehen. Dass nun auch Hofanlagen in diesem Rahmen diskutiert werden, wirkt befremdlich. Eine Vermutung könnte sein, dass etliche Parlamentarier erst jetzt das EEG 2012 durchlesen, das sie im Juni durchgewunken haben.
Hof kein Goliath
Denn obwohl das Interesse an Hofanlagen groß ist, mag die Wirkung des EEG 2012 für die Hofanlagen bezweifelt werden. Die Branche rechnet im nächsten Jahr mit einem absoluten Zubau von 400 Anlagen über alle Anlagenklassen (s. Branchenumfrage ERNEUERBARE ENERGIEN 1/2012). Wie viele davon Hofanlagen sein werden, steht in den Sternen. Und es gibt auch Stimmen in der Branche, die sagen, dass die Wirtschaftlichkeit dieses Anlagentyps bei näherer Prüfung in vielen Fällen gar nicht gegeben sein wird, so dass möglicherweise viel Interesse sich mit der Zeit von selbst erledigen wird.
Schüsse aus München
Der Vorstoß der Koalitionsspitze ist innerhalb der Berliner Regierungsparteien nicht unumstritten. Und aus München regt sich bereits offener Widerstand: Landwirtschaftsminister Helmut Brunner ließ per Mitteilung am 8. Dezember verbreiten, dass er seinerseits nun einen Brief an die Berliner Politik geschickt habe, in dem er sein Unverständnis zum Ausdruck gebracht habe. „Die Reduzierung der Einspeisevergütung ausgerechnet für kleine Biogasanlagen ist sachlich nicht begründet“, heißt es in dem Schreiben. Die Forderung nach einer Absenkung der Förderung könnte sich nun als Investitionshemmnis für Landwirte auswirken. Zudem erschüttere sie nach den negativen Erfahrungen mit der Besteuerung von reinen Biokraftstoffen ein weiteres Mal das Vertrauen in die Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit der Politik. (Dittmar Koop)