Die Rahmenbedingungen in Deutschland für Solaranlagen haben sich nach der Verabschiedung des Solarpakets etwas verbessert. Mit welcher Marktentwicklung rechnen Sie in den kommenden Monaten in den verschiedenen Segmenten?
Christian Arnold: Der Fokus von Juwi liegt auf der Projektierung von solaren Freiflächenanlagen. Hier verzeichnen wir weiterhin eine positive Marktentwicklung, wenngleich das Ampel-Aus und das damit verbundene Nicht-Verabschieden wichtiger Gesetzesvorhaben, wie zum Beispiel der EnWG-Novelle, den Markt hätte weiter beschleunigen können. Denn bei dieser EnWG-Novelle wäre unter anderem bessere Regelungen für Speicher und Möglichkeit der Überbauung der Netzverknüpfungspunkte wichtig gewesen, um diese besser nutzen zu können. Ob eine konservative geführte Nachfolgeregierung den Ausbau der erneuerbaren Energien ebenso ambitioniert angeht wie die Scheidende, dürfte zumindest mit einem Fragezeichen versehen sein.
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In der letzten Legislaturperiode sind im Segment der Freiflächenanlagen unter anderem die Ausschreibungsmengen drastisch gestiegen. Wie hat sich das auf die Nachfrage ausgewirkt?
Aktuell sehen wir ein hohes Volumen im Markt und deutliche Überzeichnungen der Ausschreibungsmengen, was zu sinkenden Preisen führen dürfte. Höhere Ausschreibungsmengen dürften diesem Trend entgegenwirken.
Die Ausschreibung ist nur ein Weg der Refinanzierung der Anlagen, direkte Stromlieferverträge, die sogenannten Power Purchase Agreements oder PPA eine andere. Welche Entwicklung sehen Sie bei solchen alternativen Vermarktungsmodellen wie PPA – sowohl Onsite als auch Offsite?
Für Industriekunden ist der Onsite-Markt besonders interessant, da hier steuerrechtliche Abgaben und netzseitige Gebühren eingespart werden können, wodurch sich der Effekt der geringsten Stromgestehungskosten der Photovoltaikfreiflächenanlage voll ausschöpfen lässt. Jedoch bedarf es hierfür geografische und lokalpolitische Möglichkeiten für eine Integration in räumlicher Nähe zum Verbraucher, um die Nutzung öffentlichen Netzes auszuschließen. Das zielt bei den Unternehmen nicht zuletzt auf eine hohe Planungssicherheit für einen Großteil der zu beschaffenden Energie ab. Offsite kann für Kunden mit einer eigenen Energiebilanzkreisführung interessant sein, um sich auch standortübergreifend mit erneuerbaren Energien einzudecken.
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Welche Punkte sind aus Ihrer Sicht für einen weiteren Zubau noch an Rahmenbedingungen notwendig?
Wichtig wäre auch nach dem Ampel-Aus die Verabschiedung einiger Punkte. Dazu gehört der Abbau der Bürokratie und die Beschleunigung von Verfahren. Beispielsweise bringt die neue Renewable Energy Directive III der EU im derzeitigen Gesetzesentwurf kaum bis keine wirklichen Beschleunigungen für Photovoltaik. Stattdessen wird es beispielsweise im Bereich der Umweltverträglichkeitsprüfungen noch einmal komplizierter, keineswegs schneller. Auch die EnWG-Novelle enthält zwar viele gute und richtige Ansätze, ist aber im Umfang enorm und bläht das bestehende Regelwerk weiter auf. Eine Entbürokratisierung oder gar Beschleunigung der Verfahren müsste stärker fokussiert werden.
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Was braucht die Solarbranche noch, um schneller bauen und die Energiewende vorantreiben zu können?
Da wäre auf jeden Fall die Beschleunigung beim Netzausbau an erster Stelle zu nennen! Außerdem müssen für die Integration von Graustromspeichern energierechtliche und netzanschlusstechnische Rahmenbedingungen geschaffen werden, um auf einer gesetzlichen Grundlage solche Projekte entwickeln zu können. Zudem müsste die Überbauung von Netzinfrastruktur ermöglicht werden. Hier müssen die Netzbetreiber klare Vorgaben, gesetzlich verankert, bekommen. Auch der Datenzugang für alle Marktteilnehmer muss geöffnet werden, um die Allokation von Einheiten der erneuerbaren Energien entlang des Netzes zu optimieren. Wir sollten auch Synergien von mehreren Technologien und Entwicklung sichtbar und nutzbar machen. Auch brauchen wir die behutsame Einführung eines neuen Strommarktdesigns beziehungsweise die Anpassung des aktuellen Designs.
Mit dem Solarpaket wurde unter anderem das Revamping, also der Modultausch unter Beibehaltung der Anlagenleistung und das Repowering, die Erhöhung der Anlagenleistung durch Modultausch, gestärkt. Welche neuen Möglichkeiten sehen Sie durch die neuen Regelungen?
In Richtung Revamping sind dies sinnvolle Anpassungen. Auf das Repowering hat dies keinen direkten Regelungseinfluss. Hier sind begrenzende Parameter eher die örtlichen Gegebenheiten und der Netzanschluss. Aufgrund der enorm gestiegenen Modulleistung pro Quadratmeter ist das Ausschöpfen der Anlagengröße nur mit zusätzlichem Netzanschluss möglich.
Die Fragen stellte Sven Ullrich.