Forscher der Europäischen Akademie (Eurac) im italienischen Bolzano/Bozen haben zusammen mit ihren Partnern im Projekt „Solar Bankability“ eine Methodik entwickelt, wie Investoren und Banken das Risiko einer Investition in eine Solaranlage besser bewerten können. Die daraus entstandene Studie ist das erste Zwischenergebnis, das die Forscher und Analysten im Rahmen des europäischen Verbundprojekts auf den Tisch legen. An dem Projekt sind neben der Eurac noch Spezialisten des TÜV Rheinland, des auf erneuerbare Energien spezialisierten Beratungsunternehmen 3E mit Sitz in Brüssel, von Accelios Solar in Bensheim und vom europäischen Solarverband EPIA beteiligt. Mit ihrer Methode können die Forscher die Investitionsrisiken in Solaranlagen verringern. „Denn das Vertrauen in die Photovoltaik hängt maßgeblich von der technischen Verlässlichkeit ab. Gleichzeitig ist das ein zentraler Aspekt für das finanzielle Engagement potenzieller Investoren“, erklärt Ulrike Jahn vom TÜV Rheinland, die zusammen mit David Moser von der Eurac das Projekt leitet.
Produkt- und Installationsfehler einschätzen
Konkret haben die Forscher die sogenannte Fehlermöglichkeits- und -einflussanalyse (FEMA) weiterentwickelt. Das ist eine analytische Methode aus, die im Qualitätsmanagement weit verbreitet ist. Dabei werden Produkt- oder Installationsfehler mit drei Kennzahlen bewertet. Die erste Kennzahl steht für die Bedeutung von Fehlern in einem technischen System für den Kunden. Die zweite Kennzahl drückt die Wahrscheinlichkeit aus, mit der dieser Fehler auftreten kann. Mit der dritten Kennzahl wird dann die Wahrscheinlichkeit ausgedrückt, mit der der Fehler auch entdeckt wird. Diese FEMA haben die Forscher zunächst auf Solaranlagen angewendet und für jede Komponente die konkreten Kennzahlen aufgelistet.
Die drei Kennzahlen werden miteinander multipliziert und ergeben so die sogenannte Risiko-Prioritätszahl. Aus ihr kann eine Rangfolge der einzelnen technischen und finanziellen Risiken für alle Komponenten und Dienstleistungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette erstellt werden. Schließlich ist es nicht unerheblich, ob der Investor sich für preiswerte oder hochwertige Komponenten entscheidet, deren Qualität regelmäßig unabhängig kontrolliert wird.
Kosten mit einbezogen
Da die einfache Auflistung der technischen Fehlermöglichkeiten nach ihrer Priorität allerdings für eine Bewertung des Risikos einer Investition in eine Solaranlage nicht ausreicht, haben die Projektbeteiligten die FEMA um eine Kostenanalyse erweitert. Erstmals wurden so eine Kosten-Prioritätszahl im Rahmen der FEMA auf Solaranlagen angewendet. Damit kann jeder mögliche Fehler in Euro pro Kilowatt oder Euro pro Kilowatt und Jahr angegeben werden. Dies ermöglicht wiederum eine Vorstellung davon, welchen ökonomischen Einfluss die einzelnen technischen Risiken auf die Wirtschaftlichkeit der Anlage haben, was letztlich zu einer konkreten kostenbasierten Risikoanalyse durch Investoren und Banken führt.
Alle Lebensphasen eines Generators behandelt
Allerdings kann diese kostenbasierte FEMA nur auf die Fehler angewendet werden, die eine direkte Auswirkung auf die Wirtschaftlichkeit der Anlage haben, also auf technische Ausfälle, die Kosten der Reparatur und die Verluste durch den Ausfall der Anlage. Weitere wichtige technische Risiken wie das Monitoring System, die Reaktionszeit von Versicherungen, der Vertrag mit dem Wartungsunternehmen, die Videoüberwachung oder die detaillierte Inspektion mittels Thermographie oder Elektrolumineszenz können nicht so einfach finanziell bewertet werden. Sie spielen für das Risiko einer Investition in eine Solaranlage aber ebenfalls eine Rolle. Schließlich sind die Kenntnisse und Erfahrungen der Planer und Installateure genauso erheblich für den fehlerfreien Betrieb der Solaranlage wie die Akribie des Wartungsdienstleisters.
Für die Bewertung dieser Risiken haben die Forscher und Analysten der am Projekt beteiligten Kooperationspartner schon die ersten Grundlagen geschaffen. „Zum ersten Mal ist es gelungen, alle ökonomischen Risiken festzuhalten, die sowohl die Anlagenkomponenten als auch die Projektplanung der Anlagen beinhalten“, bewertet Ulrike Jahn, vom TÜV Rheinland die jetzt vorgelegte Studie. Schließlich behandelt sie alle Lebensphasen einer Photovoltaikanlage, von der Entwicklung und Herstellung der Produkte über die Planung der Anlage, den Transport und Installation der Komponenten, den Betrieb bis hin zur Stilllegung der Anlage. Die ausführliche Bewertung der indirekten Risiken sowie ein Maßnahmenkatalog zur Minimierung aller Risiken ist die nächste Aufgabe, die die Forscher und Analysten im Rahmen des Projekts Solar Bankability zu lösen haben. Die Ergebnisse sollen noch im August dieses Jahres vorliegen. (Sven Ullrich)