Betonfertig-Hybridtürme für Windenergieanlagen ermöglichen kostengünstig große Nabenhöhen. Hierbei sind Lösungen gefragt, die mit möglichst wenig Schalungen, möglichst vielen Nabenhöhen und Anlagenvarianten realisiert werden können. Betontürme mit zylindrisch und konisch standardisierten Betonfertigteil-Segmenten reduzieren die notwendige Anzahl von Schalungen auf ein Minimum. Weiterhin wird durch die Verwendung von mörtelfreien und vertikalen Fugen mit wartungsfreien Verschraubungen der Aufstellungsprozess optimiert. Unterschiedliche Turmvarianten können damit ohne großen Aufwand aus vorhandenen Segmenten zusammengesetzt werden.
Ein wesentliches Problem bei der Entwicklung solcher Hybridtürme aus Betonfertigteilen ist allerdings, dass in der Nachweisführung von Betonelementen die Finite-Elemente-Methode (FEM) zurzeit immer noch unzureichend verwendet wird. So werden Nachweise der Bewehrung in Betonelementen mittels sehr vereinfachter FEM geführt und das nichtlineare Verhalten der mörtellosen Fugenverbindungen nicht detailliert, sondern vereinfacht abgebildet. Dies ist besonders bei der Verwendung von zylindrischen und konischen Betonsegmenten von Bedeutung, da dies unterschiedliche Beanspruchungen in den Segmenten zur Folge hat.
Das Resultat ist, dass im Detail konstruktive Fehler nicht erfasst werden und Risse zwischen Bewehrung und Elementaußenflächen vor allem dort entstehen, wo nichtlineares Verhalten das Tragverhalten bestimmt. Dies ist zum Beispiel zwischen Stahladapter und Betonelement der Fall. Auch scheinen vereinfachte, auf der unsicheren Seite liegende Annahmen in Bezug auf Betonermüdung immer wieder ein Grund für Risserscheinungen bei Betontürmen für Windenergieanlagen zu sein. Die Risse treten erst nach einer gewissen Betriebszeit auf und wachsen dann in das Betonmaterial hinein.
Auf der anderen Seite können aus einer nicht detaillierten Modellierung des Betonturmes Überdimensionierungen resultieren, wie zum Beispiel an den Verschraubungen der vertikalen Fugen.
Neuer Berechnungsansatz
Um die Nachweisführung dieses Turmkonzepts zu ermöglichen, dabei die Risiken von schädlichen Rissen an den Betonelementen zu vermeiden und gleichzeitig eine optimierte Konstruktion mit Berücksichtigung der verschiedenen Verspannungskomponenten zu gewährleisten, hat die P. E. Concepts GmbH (Pec) ein neues Berechnungsverfahren erarbeitet. Basis des Verfahrens ist ein detailliertes FE-Modell des Turmes mit den Betonsegmenten, den Spanngliedern und den Verschraubungen in den vertikalen Fugen. Die Nichtlinearität der Fugen und die Verschraubungen in den vertikalen Fugen werden vollständig und im Detail richtig positioniert abgebildet. Aus dem Basis-Hauptmodell des Turmes werden die Belastungssituationen mittels Submodelltechnik auf ein Schalenmodell übertragen, welches als Basis der Bewehrungsberechnung dient. Gleichermaßen lassen sich die Belastungssituationen auch auf vollständig modellierte Submodelle übertragen, die Bewehrung und Betonvolumen detailliert für einzelne Betonsegmente abbilden.
Mittels dieses Verfahrens können sowohl das Fugenverhalten, die Lasten an den Verschraubungen der vertikalen Fugen wie auch die Verformungen der Betonelemente und die Lasten an den Bewehrungen in den vorgefertigten Betonelementen realitätsnah und genau ermittelt werden. Zudem wird durch die erschaffene Nachweismethodik eine optimierte Turmdimensionierung ermöglicht, die die Tragfähigkeit der horizontalen Fugen wie auch der Verschraubungen der Vertikalfugen voll ausnutzt, die in der Bewertung der Bewehrungen der Betonelemente die genaue Verformung der einzelnen Betonelemente berücksichtigt.
Um das Tragverhalten der mörtellosen Fugen im Detail zu untersuchen, arbeitet Pec zusammen mit der Universität Duisburg-Essen, Institut für Massivbau, an einem geförderten Forschungsprojekt („SeTroFu“, gefördert vom Projektträger Jülich). Hierbei werden verschiedene Fugenformen bezüglich Tragfähigkeit messtechnisch überprüft und Fugenform-Geometrien optimiert. Diese von Pec entwickelte Nachweismethodik wurde in Form einer Designbasis vom TÜV Nord validiert.
Anwendung am Beispiel des Vario-Towers
Die entwickelte Nachweisführung konnte erfolgreich bei der Entwicklung des Vario-Towers der Firma Bettels Betonfertigteile GmbH umgesetzt werden. Der Vario-Tower zeichnet sich durch seine Geometrie aus, die aus zylindrischen und konischen Betonelementen besteht. Durch verschiedene Anordnungen der Elemente können mit gleicher Geometrie der einzelnen Elemente und Schalungen Betonfertigelemente für unterschiedliche Anlagen und unterschiedliche Nabenhöhen hergestellt werden. Hierdurch reduziert sich der Aufwand in der Planungsphase für Turmserien und der Herstellungsprozess lässt sich signifikant beschleunigen.
Die einzelnen Betonsegmente werden ohne Mörtel aufeinandergesetzt. Durch einen speziell patentierten Fertigungsprozess, bei dem die obere Fläche der als Ring zusammengefügten Betonsegmente geschliffen wird, ist ein Kantentragen der verspannten Elemente auszuschließen. Dies führt zu einer Qualitätssteigerung des gesamten Betonturmes.
In den Fertigungshallen der Firma Bettels Betonfertigteile GmbH werden bereits seit über 25 Jahren Betonfertigteiltürme für Windenergieanlagen in unterschiedlichem Design produziert. Die Erfahrungen im Design haltbarer Konstruktionsdetails wie auch in der Herstellungstechnik der Betonsegmente diente dem neuen Turmdesign als Basis. Mit der von Pec erstellten Nachweisführung wurden alle wesentlichen Details des Vario-Towers untersucht und optimiert.