Pioniere der Windkraft. Sie gestalten die Windenergiebranche seit vielen Jahren. Immer mit dem Ziel sauberen und unabhängigen grünen Strom zu produzieren. An Tag 1 berichtete Per Lind von Getproject über den langen Weg, den er mit der Windenergie gegangen ist. Der Einstieg in die Windbranche bestand für ihn aus selbstgebastelten Flyern und 100 Kilowatt Generatorleistung. In diesem Teil berichtet Manfred Lührs (8.2), was ein Motorrad mit seinen Anfängen in den erneuerbaren Energien zu tun hat, über Typenprüfungen ohne Digitalisierung und wie seine ersten Messen aussahen.
Wenn das Motorrad nicht fahren darf
Am 25. November 1973 ist etwas auf den deutschen Straßen passiert, was heute vermutlich noch unvorstellbarer ist als damals: Keine Autos. Auch sind keine Lkw, Wohnmobile oder Motorräder unterwegs. Die Ölpreise sind aufgrund des Nahostkonflikts in die Höhe geschnellt. Es muss Öl gespart werden und deshalb geht für ein paar Sonntage auf den Straßen Deutschlands nichts mehr. Auch Manfred Lührs war zu dieser Zeit vom Verbot betroffen: „Zur Zeit der Ölpreiskrise 1973 bin ich am Samstag mit dem Motorrad auf eine Party gefahren. Am Sonntagmorgen um 3:00 konnte ich nicht zurückfahren und musste mein Motorrad schieben – es war Sonntagsfahrverbot! Das war für mich der Auslöser, mich mit Energie zu beschäftigen.“
In den folgenden Jahren beschäftigt sich Lührs vielfältig mit erneuerbaren Energien. Er baut als Lehrling eine Windmühle aus vielen kleinen Teilen, die Wasser pumpt. Er studiert Maschinenbau. Sein Studium beschäftigt sich zu dieser Zeit sogar in einem späten Semester für eine Doppelstunde mit den sogenannten alternativen Energien. „Den ersten Schub gab es eigentlich durch das Atomdesaster von Tschernobyl 1986. Das hat viele Leute, auch konservative Politiker, zum Umdenken gebracht. Das ist vielleicht doch nicht der richtige Weg mit dem Atomstrom. Es hat verändert, wie man in Zukunft darüber nachgedacht hat“, beschreibt Lührs den langen Prozess bis die erneuerbaren Energien weiter in die Aufmerksamkeit von Gesellschaft und Politik gerückt sind.
Prüfen per Post
Damit beginnen auch bald die ersten Messen. Jeder mögliche Weg wurde gegangen, um die Technik zu präsentieren: „Im Jahr 1997 gab’s den ISES Solar World Congress, eine Tagung in Hamburg in den Messehallen. Das war die Allererste, wo ich meine 30 kW Anlage hingestellt habe – dafür mussten wir extra unseren Prototyp abbauen und neu lackieren – wir hatten gerade keine Anlage in Produktion.“ Dafür besteht heutzutage keine Notwendigkeit mehr, wenn Windenergieanlagen nicht mehr in die Messehallen passen. Dennoch gibt es immer noch Gemeinsamkeiten mit der Pionierzeit: „Die alltäglichen Themen damals waren fast nicht anders als heute: Netzanschlüsse und Baugenehmigungen. Es war aber ein anderer Tenor insofern, als dass es ein Problem für die Bauämter war, etwas Neues, die Windkraft, zu genehmigen. Für viele Bundesländer war das eine Maschine, die gar nicht dem Baurecht unterliegt. Und die Netzbetreiber konnten nichts mit Leistungselektronik und Umrichtern anfangen – so was Modernes wurde einfach abgelehnt!“
Wie ein Genehmigungsprozess schief gehen kann, erlebt Manfred Lührs selbst. Für seinen Prototypen der 30-Kilowatt-Anlage brauchte er genau ein Jahr. Dazu kamen jedoch noch anderthalb Jahre, die durch die Typenprüfung verschlungen wurden. Das Problem: Nur eine Behörde ist zuständig. Es wurden Fehler gefunden, aber ein Faxgerät, geschweige denn einen Computer suchte man vergeblich. „Da wurde dann eben aufgeschrieben von der Sekretärin: Auf Seite 17 ist ein Fehler. Das wurde getippt und dann in die Post. Dauerte so eine Woche. Dann hat man die Post erhalten und hat diesen Fehler korrigiert und wieder mit der Post zurück geschickt. Um diesen Fehler auf Seite 17 zu beseitigen, wurden also zwei bis drei Wochen benötigt. Da waren sie dann auf Seite 17 fertig und haben weitergeblättert und auf Seite 18 den nächsten Fehler gefunden, das dauerte dann wieder zwei bis drei Wochen“, beschreibt Lührs den langwierigen Prozess.
Trotz aller Hindernisse, die der Branche in den Weg gelegt wurden, ist Manfred Lührs davon überzeugt, den richtigen Weg zu gehen: „Bei der Politik wusstest Du nie, woran du warst. Es gab nie das Wirkliche in eine Richtung Vollgasgeben. Wir haben das gemacht, wir haben uns vertraut und getraut und haben gesagt: Wir schaffen das. Die Sonne strahlt zigmal mehr Energie auf die Erde als alle Kraftwerke zusammen – die Sonne muss nur angezapft werden und das machen wir mit Solar- und Windkraftanlagen!“