Walter Delabar, Geschäftsführer Regenerative Energien Zernsee (REZ), über Kosten, Risiken und Chancen.
REZ hat 125 Anlagen in der Betriebsführung. Betreiber stehen unter enormem Kostendruck. Betriebsführer sollen immer mehr Aufgaben übernehmen. Wie gehen Sie damit um?
Walter Delabar: Es heißt immer, die Windkraft soll sich am Markt behaupten und aktiv ihre Produkte verkaufen. Ein normales Unternehmen sucht sich dann Kunden und plant mit seinen Ressourcen. Das können die Erneuerbaren aber nicht, weil ihre Ressource – Wind oder Sonne – nicht planbar ist. Von den Windparkbetreibern also zu erwarten, dass sie in einem Markt aktiv sind, ohne zu wissen, was sie verkaufen können, muss sie überfordern. Insofern ist die Festpreisregelung des EEG ein Segen. Mit dem Wind haben wir genug Arbeit.
Grundsätzlich gilt für die Vergangenheit: Als Betriebsführer verwalten wir hauptsächlich, entwickeln uns aber weiter in Richtung aktive Vermarktung, Konzeptentwicklung und Betreiberberatung. In einem Projekt entwickeln wir derzeit ein Konzept, mit dem es möglich ist, Unsicherheiten aus dem Markt herauszunehmen, Erlöse auf hohem Niveau zu stabilisieren und damit windschwache Zeiten abzufedern. Dafür brauche ich aber einen Partner auf der Handelsseite, der ganz andere Kompetenzen mitbringt als sie in der Windbranche verbreitet sind.
Sie können den kleinen Betreibern also helfen, Risiken abzumildern?
Walter Delabar: Ja. Das sind komplexe Modelle, und sie haben Risiken. Aber manchmal lohnt sich das Risiko auch. Beim Thema Altanlagen kann eine Festpreisvergütung auch scheitern. Ende 2020 galt die Ansage: Versuche einen Festpreis zu kriegen, damit Du das nächste Jahr überlebst. Wir haben damals Festpreise von drei bis vier Cent realisiert. Aber das Jahr 2021 hat uns gezeigt, dass diese Entscheidung falsch war: Wir hatten ein schlechtes Windjahr. Viele Windparks schafften es zu überleben, wenn sie ihre Kosten halten konnten, aber mehr nicht. Andere sind in den Spotpreis gegangen, und siehe da: Die Windparks sind im letzten Jahr prosperiert. Aus den Erfahrungen im vergangenen Jahr sind PPA-Modelle entstanden, bei denen Festpreise vereinbart werden können, die oberhalb des anzulegenden Wertes liegen. Das baut sich auf Konzepten auf, bei denen Festpreise bei der Strombeschaffung und bei der Stromlieferung kombiniert werden.
Besteht die Möglichkeiten für zusätzliche Einnahmen zum Beispiel aus Regelenergie, Direktbelieferung, Speicherkapazität?
Walter Delabar: Diese Konzepte entwickeln sich gerade, und lohnen sich, weil wir uns auf einem historischen Hochpreisniveau für Energie befinden. Salopp gesagt, derzeit fallen einem die Erlöse praktisch in den Schoß – aber das kann schnell vorbei sein. Wir haben in diesem Jahr bis März einen Marktwert von durchschnittlich über 14 Cent gehabt. Die Mehrerlöse kompensieren aber zugleich nur die Verluste aus den windschwachen Zeiten. Und weil man das weiß, fragt man sich, was man jetzt tun, wie man sich weiterentwickeln kann. Für uns Betriebsführer ist das interessant, weil wir näher als die Betreiber an den Anlagen sind und besser einschätzen können, was möglich ist. Es gibt viele Betreiber, die unsere Hilfe brauchen. Wir haben aber auch Betreiber, die PV und Speicher an ihre Windparks anschließen, um unabhängiger zu sein.
Sie raten regelmäßig dazu, Rücklagen zu bilden. Aber gleichzeitig zu investieren und Rücklagen zu bilden ist schwierig …
Walter Delabar: Das ist immer das Problem. Wann muss ich investieren? In der Krise? Vor der Krise? Dass wir jetzt windschwache Zeiten hatten, konnte man so nicht voraussagen. Das dritte Quartal 2021 war strapaziös: Alle haben geklagt, dass sie Wind brauchen und wussten nicht, wie es weitergehen kann. Dann aber kamen die hohen Marktwerte. Diejenigen, die nur wegen dieser Hochpreisphase überlebt haben, müssen jetzt intensiv darüber nachdenken, was sie tun, wenn diese Zeit wieder vorbei ist. Dann brauchen sie Rücklagen, oder, wenn möglich andere Vermarktungskonzepte. Die Kosten sind ein Problem, da sie kaum zu stabilisieren sind. Beim Wartungsvertrag bekomme ich die Kosten nicht runter, ganz im Gegenteil, sie steigen. Ich muss zudem Serviceunternehmen in die Parks schicken, die durch die Energiekrise die Preise hochsetzen müssen. Energiekosten sind zwischen 30 und 50 Prozent gestiegen, und das sofort. Das merken wir. Auf der anderen Seite schafft die Dynamik, die jetzt in den Markt kommt, neue Möglichkeiten. Wir wollen Unternehmen sehen, die Gewinne machen, um neue Projekte machen zu können. Und da sollten sechs bis neun Prozent Rendite vor Steuer möglich sein. Sonst steckt niemand Geld in die Erneuerbaren. Nicole Weinhold
Weitere Informationen: https://rez-windparks.de/