Der Stromhandelspreis ist hoch – aktuelle internationale Krisen unterstützen die Tendenz weiter. Trends der Marktwertdifferenzen haben sich mit den steigenden Strompreisen und Volatilitäten im Spotmarkt im Jahr 2021 deutlich verstärkt. Das bedeutet auch: negative Marktwertdifferenzen haben weiter zugenommen. Das Risiko steigender Kosten hat sich erhöht.
Betreiber stehen unter Druck
Aufgaben und Pflichten der Betriebsführung müssen daher noch genauer fokussiert werden. Wo kann die Betriebsführung effizienter, wirtschaftlicher werden? Wo kann der Betriebsführer bessere Erträge erwirtschaften, wo kann er an der Kostenschraube drehen? Wir haben Betriebsführer und Dienstleister befragt.
„Betreiber stehen unter massivem Druck, da nach mehr als zwei Jahren Windflaute onshore und stetig wachsenden Kosten durch BNK, Redispatch, Direktvermarktung, Strombeschaffung, Indexierung von Verträgen, insbesondere Wartungsverträgen und bei bis zum Spätsommer gleichbleibenden Vergütungen der Bewegungsspielraum stetig verkleinert wird“, erläutert Walter Delabar, Geschäftsführer von REZ. „Dass sich aufgrund der hohen Marktwerte für viele Projekte die Situation zwischenzeitlich entspannt hat, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Projekte strukturell unter Druck stehen.“
Sobald die Marktwerte wieder auf ein Maß unterhalb der anzulegenden Werte fallen, werde dieser Druck sich erhöhen, so der REZ-Chef. Dennoch würden Betriebsführer die neuen Aufgaben übernehmen müssen, weil – je nach Projekt unterschiedlich – die Betreiber dazu nicht in der Lage seien, so REZ-Chef Delabar: „Die Lösung besteht meines Erachtens darin, auf der einen Seite die neuen Aufgaben zu übernehmen, die Betriebsführer dafür angemessen zu bezahlen, den Kostendruck zugleich zu mindern, aber eben auch die Erlössituation strukturell zu verbessern.“
Die PNE-Betriebsführungstochter Energy Consult dreht an der Kostenschraube indem sie Betreiber bei der Sicherstellung eines wirtschaftlich sinnvollen Betriebs der Anlagen proaktiv unterstützt. Das geschieht laut dem Unternehmen unter anderem, indem für Post-EEG-Anlagen Kostenoptimierungen im Bereich der Wartung und Instandhaltung eingeführt werden. Das könne durch Planung und Umsetzung von Maßnahmen zur vorbeugenden Instandhaltung erfolgen oder durch die Empfehlung zur Vorhaltung bestimmter Ersatzteile oder Komponenten, sofern diese kostengünstig erhältlich und kritisch für den Betrieb der Anlage sind. Durch diese Unterstützung könne sich nach Angaben des Unternehmens mit Standorten in Cuxhaven und Husum die Lebensdauer einzelner Anlagen oder des gesamten Windparks entscheidend verändern. Und gleichzeitig ließen sich die Kosten für die Reparatur von Hauptkomponenten deutlich reduzieren.
Zudem verfügten die Mitarbeiter der Energy Consult aufgrund ihrer langjährigen Berufserfahrung über die nötigen Kenntnisse und Netzwerke, um gezielte Anfragen bei Dienstleistern zu gewährleisten. Der interne Zugriff auf weitere Netzwerke der Unternehmensgruppe – zum Beispiel im Einkauf –, ermögliche es, kostenoptimiert im Sinne des Betreibers zu agieren.
Reduzierung von Leistungen
Abo Wind sieht in der Reduzierung von Leistungen auf die Kernelemente der Fernüberwachung und den effizienten Einsatz von Vor-Ort-Leistungen über ausgewählte Parkbetreuer eine Chance, Kosten zu sparen. „Unsere Abo-Inspektionen helfen zudem dabei, Probleme beim Betrieb der Anlagen frühzeitig zu erkennen und den sicheren Betrieb möglichst stabil zu halten“, heißt es bei Abo Wind.
Als Betriebsführer könne Abo Wind dafür sorgen, bessere Erträge zu erwirtschaften. Die schnelle Kommunikation bei Problemen und auch die Koordination von Serviceeinsätzen, wenn möglich, könnten Erträge für Betreiber erhöhen. „Hier hilft uns die feste Zuordnung zu persönlichen Ansprechpartnern im Technischen Parkmanagement. Durch etablierte Kommunikationswege und gewachsene Strukturen schaffen wir es, schnell und effizient Probleme direkt dort zu behandeln, wo sie entstehen beziehungsweise gelöst werden können“, heißt es bei Abo Wind.
Das Serviceunternehmen Deutsche Windtechnik aus Bremen hat derzeit 7.658 Windenergieanlagen mit insgesamt zwölf Gigawatt in der Betreuung. Wo sieht der Servicedienstleister Chancen, bessere Erträge zu erwirtschaften? Das Unternehmen empfiehlt die Zusammenführung von Leistungen, von technischem Know-how und Erschließung von Synergien in der Einsatzplanung. Zum Beispiel für Offshore heißt das: Bündelung von Serviceeinsätzen und technologischen Kompetenzen innerhalb von Offshore-Windparks.
Die Deutsche Windtechnik schafft zudem Effizienz durch länderübergreifenden Einsatz und Fortentwicklung von Multi-Brand-Kompetenzen. Hinzu kommt ein umfassendes und erprobtes Ersatzteilmanagement. „Neben klassischer Instandsetzung entwickeln unsere Experten fürs Engineering eigene Lösungen. Damit verschaffen wir uns zunehmende Unabhängigkeit, zum Beispiel von Teileherstellern hinsichtlich Warenverfügbarkeit und Preis oder in der Logistik“, erklärt Vorstand Matthias Brandt. „Reverse Engineering ermöglicht uns, verschiedene Bauteile neu zu erfassen und originalgetreu zu rekonstruieren.“ Ziel darüberhinausgehend sei es, die Lebensdauer der Teile zu erhöhen.
Effizienz durch IT-Dienstleistungen
An der Kostenschraube lässt sich aber nicht nur im Service drehen, sondern auch durch externe Dienstleister im Bereich der IT. „Der Einsatz unserer Software spart insbesondere den hohen Zeit- und Beratungsaufwand für die Erstellung der gesetzlich geforderten Formulare und Meldungen. Dies beginnt bei der automatischen Erfassung der Zählerdaten und endet beim richtigen, automatischen Ausfüllen der jeweiligen Formulare. In vielen Fällen werden dadurch auch die oft hohen Kosten für externe (Steuer-)Berater oder Kanzleien minimiert beziehungsweise auch obsolet. Zudem sind die Betreiber vor kostspieligen Nachforderungen oder gar Strafzahlung aufgrund fehlerhafter Meldungen geschützt“, sagt Michael Bilchmann, Geschäftsführer von Node Energy.
Das Angebot von Node Energy bezieht sich auf die kaufmännisch-regulatorische Betriebsführung von Wind- und Solarparks. Schwerpunkt liegt auf der korrekten Abwicklung aller gesetzlich vorgeschriebenen Meldepflichten für Betreiber, zum Beispiel nach dem EEG und dem Stromsteuergesetz. Hier bietet die Node Energy GmbH die Software „opti.node Manager“ an, welche die Abwicklung der Meldepflichten radikal vereinfacht. Betreiber können auf Knopfdruck die notwendigen Formulare für die Behördenmeldungen, zum Beispiel die Stromsteuermeldung an das Hauptzollamt, erstellen.
Anlagensicherheit und Verfügbarkeit
Die Timm Elektronik GmbH fokussiert sich als Dienstleister auf das Thema Anlagensicherheit. Um die Betriebskosten so gering wie möglich zu halten, muss jeder Betreiber Wert auf schlanke, effiziente und möglichst automatisierte Prozesse legen. In Bezug auf die Zutrittskontrolle zu Windturbinen gibt es an vielen Stellen noch Optimierungspotenzial. Die Verwaltung, Ausgabe, Rücknahme und Nachverfolgung von physischen Schlüsseln bindet laut Timm jeden Tag Kapazitäten und erzeugt so zusätzliche Kosten: „Eine digitale Zutrittskontrolle mit Intellilock erhöht die physische Sicherheit deutlich, minimiert rechtliche Haftungsrisiken und automatisiert und beschleunigt die operativen Prozesse.“
Mit der rasant zunehmenden Bedeutung der unabhängigen, erneuerbaren Energien ist laut Timm besonders die Ausfallsicherheit der Anlagen sicherzustellen. „Primär zählen hierzu die regelmäßige Prüfung und Wartung der Anlagen sowie die Sicherung der Windenergieanlagen vor äußeren Einflüssen“, heißt es bei Timm.
Unterm Strich lässt sich sagen, dass Betriebsführer wie auch externe Dienstleister durchaus über Lösungen verfügen, wie sich Kosten reduzieren und Erträge optimieren lassen. Digitalisierung ist dabei ein wichtiges Schlagwort.