AHolger Fritsch, Geschäftsführer der Bachmann Monitoring GmbH, beschäftigt sich auf der Konferenz Service - Instandhaltung - Betrieb des BWE am 14. und 15. Mai in Hamburg in seinem Vortrag zum Thema Strukturüberwachung und Lebensdaueroptimierung. Er sagt, was Betreiber tun können, wenn ihre Anlagen ein Alter von 20 Jahren erreichen.
Wie wird festgestellt, ob eine Anlage für den Weiterbetrieb nach 20 Jahren Laufzeit geeignet ist?
Holger Fritsch: Erreicht eine Anlage das nominelle Lebensende, stehen Betreiber oft vor der Entscheidung des Weiterbetriebs. Die Herausforderung besteht darin, dass Repowering nicht immer möglich ist und der Neuerwerb von Anlagen sich schwierig gestaltet, während gleichzeitig die Strompreise attraktiv sind. In diesem Kontext sind drei Schlüsselakteure von Bedeutung: Ein akkreditierter Gutachter prüft die Anlagendokumentation und führt eine Vor-Ort-Begutachtung durch, einschließlich der Überprüfung von Großkomponentenaustausch, Stillstandszeiten und der Verfügbarkeit von Scada-Daten. Der analytische Teil umfasst die Auswertung historischer Scada-Daten, um die Arbeits- und Umgebungsbedingungen zu analysieren, unter denen die Anlage betrieben wurde. Als dritter Akteur tritt Bachmann Monitoring ein, indem wir die tatsächlichen Lasten direkt an der Anlage, wie am Turmfuß, messen. Diese Daten ermöglichen den Vergleich mit historischen Scada-Daten und die Ableitung von Schlussfolgerungen für die Modellannahmen. Mit der Deutschen Windtechnik und PE Concepts als Partner wurden bereits einige Projekte erfolgreich realisiert.
Das bietet tatsächlich eine attraktive Perspektive für Betreiber, die den Betrieb ihrer Anlagen verlängern möchten.
Holger Fritsch: In der Anfangszeit waren Windkraftanlagen oft sehr robust konstruiert, was ihnen im Volksmund den Spitznamen „Eisenschweine“ einbrachte. Die rasanten Fortschritte in der Windenergie führten jedoch zu einer signifikanten Optimierung in Design und Effizienz, insbesondere mit dem Übergang zur Zwei-Megawatt-Klasse, was eine Reduktion von Material und Kosten bei gleichzeitiger Verringerung der Sicherheitsmargen erforderte.
Also haben Sie durch das Einbringen von Sensoren einen blinden Fleck beleuchtet?
Holger Fritsch: Durch die Installation von Sensoren konnten wir bisher unbeachtete Zusammenhänge im Anlagenbetrieb aufdecken. Angesichts der hohen Strompreise ergibt sich daraus die Möglichkeit, eine wirtschaftlich rentable Weiterführung des Betriebs zu erwägen, selbst wenn der direkte Vergleich zu geringeren Vergütungen eine Herausforderung darstellt. Unsere Modelle haben bereits bei einer Vergütung ab etwa 0,05 Euro pro Kilowattstunde effektiv funktioniert. Bei niedrigeren Einnahmen gestaltet sich eine sinnvolle Investition jedoch zunehmend schwieriger.
Wie teuer ist denn das Monitoring ungefähr?
Holger Fritsch: Unser Ziel ist es, den finanziellen Aufwand für das Monitoring möglichst gering zu halten, dabei aber technisch und fachlich präzise zu arbeiten. Wir setzen auf Skaleneffekte durch die Verwendung unserer neu entwickelten Cantilever Sensoren (CLS), die eine einfache, „minimalinvasive“ Installation ermöglichen – in der Regel im Turmfuß. Die Sensoren bieten nicht nur Einblicke in die tatsächlichen Lasten, sondern können auch strukturelle Schwachstellen aufdecken, indem sie Veränderungen in den Eigenfrequenzen identifizieren.
Wie sieht es bei neueren Anlagen mit der Überwachung aus?
Holger Fritsch: Das Thema Structure Health Monitoring – oder SHM – gewinnt besonders bei neuen Anlagen an Bedeutung. Die Herausforderung besteht darin, dass fast keine neue Anlage ohne Probleme mit den Rotorblättern ausgeliefert wird, sei es durch Produktionsfehler oder Transportschäden. Bei Anlagen mit Turmhöhen über 100 Metern ist zudem die Überlegung einer zweiten Messebene relevant. Letztendlich wird die Kombination aus dem Zustandsüberwachungssystem CMS und dem SHM entscheidend sein, um Risiken für die Anlageninvestition zu minimieren und frühzeitig notwendige Maßnahmen einzuleiten.
Wie sieht es bei neueren Anlagen mit der Überwachung aus?
Holger Fritsch: Wir haben uns bis jetzt erst einmal das Thema Lifetime Extension angeschaut. Aber über allem steht die Überschrift Structure Health Monitoring. Das ist bei neuen Anlagen ein ganz wichtiges Thema geworden. Es gibt kaum eine neue Anlage, die nicht schon mit problematischen Rotorblättern ausgeliefert wird - entweder aus der Produktion oder durch den Transport. Einfach weil die Rotorblätter immer länger werden: Beispielsweise haben aktuelle Anlagen der 15-Megawatt-Klasse eine Rotorblattlänge von fast 116 Metern.
Was die neuen Türme anbelangt, so werden diese mehr und mehr als Hybride aus Beton und Stahl gebaut, verbunden über ein spezielles Verbindungsstück, das wiederum ein Ansatzpunkt für Auffälligkeiten sein könnte.
Hinzu kommt, dass das Monitoring früher eine Kostenfrage war. Bei den jetzigen Anlagengrößen und -kosten ist das aber kein Thema mehr, denn das Monitoring beispielsweise für den Triebstrang ist nicht teurer geworden. Anlagenschäden und die Gefahr eines Ertragsausfalls bedeuten heute bei einer 15-MW-Anlage ganz andere Verluste als bei einer 600-kW-Anlage. Hinzu kommt, dass man jetzt bei einem Schaden gar nicht so schnell einen Kran bekommt, wenn dieser gebraucht wird. Umso wichtiger ist es, rechtzeitig zu wissen, wann eine Komponente ausgetauscht werden muss. Aus meiner Sicht wird die Kombination aus CMS und SHM notwendig werden, um die Risiken für die Anlageinvestition besser zu minimieren. Und es wäre eine Forderung, die der umsichtige Investor und Betreiber an die Anlagenhersteller für sein konkretes Projekt zu stellen hätte, da aus der bisherigen Sicht des OEM die Monitoring-Technik seine Anlage im Kostenvergleich teurer macht und der Nutzen im Wesentlichen beim Betreiber liegt. W
Service - Instandhaltung - Betrieb
Informieren Sie sich über die wichtigsten Neuerungen für einen rechtssicheren Windparkbetrieb. Hören Sie Erfahrungsberichte von Schäden an Hybridtürmen und Blattlagern auf dieser BWE-Konferenz vom 14. bis 15. Mai in Hamburg. Infos: www.bwe-seminare.de/sib24