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7 Vorteile der vorschauenden Instandhaltung

Ein Maschinenausfall in der Produktion kann zu hohen wirtschaftlichen Verlusten führen. Predictive Maintenance verspricht hier Abhilfe zu schaffen und geht neue Wege bei der Maschinenwartung. Werden bei der klassischen reaktiven Wartung erst Maßnahmen ergriffen, wenn ein Problem bereits besteht, informiert eine Maschine, die mit Predictive-Maintenance-Technologie arbeitet, bereits vor Auftreten einer Störung, dass eine bestimmte Komponente verschlissen ist und demnächst ausgetauscht werden muss. So können Ersatzteile rechtzeitig bestellt, Reparaturen geplant und Maschinenausfälle vermieden werden. Auch der hohe Zeit-, Personal- und Materialaufwand einer präventiven Wartung kann reduziert werden. Oder gegebenenfalls zukünftig gänzlich wegfallen, wenn Maschinen flächendeckend mit Predictive Maintenance ausgestattet sind.

Predictive Maintenance gehört somit zu den wichtigsten Technologien der Industrie 4.0. und ist in einigen Branchen, insbesondere den Mobilitätsindustrien, der Energiewirtschaft und Produktion bereits Realität. In der Automobilindustrie können zum Beispiel schon heute Motoren und Fahrwerke Meldung an die Werkstatt oder den Hersteller machen, wenn sich eine Reparatur anbahnt. So wird das entsprechende Teil ersetzt, bevor es zu einem Ausfall kommt. In der Elektromobilität wird vor allem die Akkuleistung gemessen, um mögliche Verschlechterungen frühzeitig zu erkennen. Außerdem sammeln die Hersteller so Daten für die zukünftige Verbesserung der Komponenten. Bei Windkraftanlagen können mithilfe vorausschauender Wartung Ausfälle weitgehend vermieden werden, indem Sensoren Schwingungsanalysen an verschleißanfälligen Bauteilen durchführen. Auch für das produzierende Gewerbe bieten sich viele Anwendungsmöglichkeiten. Im Präzisionsspritzguss können beispielsweise hochsensible Fertigungsroboter überwacht werden. Zeigen sich hier erste Anomalien, kann die Maschine vorbeugend justiert werden, bevor es zu teuren Fehlchargen kommt.

Die Technologie im Detail: Wie Predictive Maintenance funktioniert

In der Praxis besteht Predictive Maintenance aus drei Phasen. Im ersten Schritt, dem sogenannten Condition-Monitoring, werden durch an der Anlage angebrachte Sensoren fortlaufend Prozess- und Maschinendaten, wie beispielsweise Vibration, Druck und Temperatur des Geräts, ausgelesen.

Anschließend werden die gewonnenen Daten mithilfe von Machine-Learning-Algorithmen in Echtzeit analysiert. Auf Grundlage von historischen Defekten dieser und vergleichbarer Anlagen kann der Algorithmus Abweichungen vom Normalzustand identifizieren.

In der dritten Phase werden die ausgewerteten Daten über das Netzwerk an die Servicezentrale oder direkt an den Hersteller weitergeleitet. Liegen Anomalien vor, können die Verantwortlichen eine Wartung einleiten, noch bevor das Problem eskaliert.

Machine-Learning und Edge-Computing

Um Vorhersagen über die Einsatzfähigkeit von Maschinen zu treffen, müssen riesige Datenmengen erhoben werden, die ganz unterschiedliche Formate aufweisen können. Hierzu zählen beispielsweise Geräte-Parameter wie Vibrationsgeschwindigkeit oder Erhitzungsgrad, aber auch Umgebungsmerkmale wie die Luftfeuchtigkeit.

Alle diese Daten müssen gespeichert, verarbeitet und analysiert werden – und das in Echtzeit. Technisch kommen In-Memory-Datenbanken zum Einsatz, um niedrigere Zugriffszeiten zu ermöglichen. Mittels Machine-Learning-Verfahren wie zum Beispiel Process-Mining-Algorithmen wird die Datenflut durchkämmt und auf wiederkehrende Muster untersucht. Unter Verwendung von Big-Data-Analytics werden die Daten dann weiter aufbereitet.

Eine weitere wichtige technische Stütze ist das Edge-Computing. Die Verarbeitung der Datenmassen in Echtzeit wäre kaum möglich, wenn die Informationen immer zuerst an ein zentrales Rechenzentrum geschickt werden müssten. Deshalb verfügen viele Maschinen über eigene Mikrocontroller, die einen großen Teil der Rechenarbeit übernehmen. Auf diese Weise geschieht die Datenverarbeitung bereits am Rand (engl. „Edge“) des Netzwerks, also direkt dort, wo die Daten erhoben werden. Das macht Predictive Maintenance zu einem der wichtigsten Anwendungsfälle des Internet of Things (IoT). Indem die physischen Maschinen internetfähig gemacht werden, können sie selbstständig miteinander kommunizieren und Daten austauschen.

Die 7 größten Vorteile von Predictive Maintenance im Überblick

1. Reduzierter Wartungsaufwand: Weil Unternehmen mit hoher Wahrscheinlichkeit vorhersagen können, wann eine Anlage ausfallen wird, erübrigen sich regelmäßige Wartungsintervalle. Fachkräfte warten die Anlagen nur dann, wenn es tatsächlich nötig ist.

2. Erhöhte Anlagenverfügbarkeit: Mit Predictive Maintenance kommt es zu weniger ungeplanten Stopps der Produktion. Auf diese Weise können Unternehmen den Gesamt-Output erhöhen und teure Stillstandszeiten vermeiden.

3. Bessere Ressourcenplanung: Durch die gewonnene Vorlaufzeit können Verantwortliche zum Beispiel ein Ersatzteil bereits mehrere Wochen im Voraus bestellen, um die Verfügbarkeit sicherzustellen. Oder sie planen ihre Wartungscrew so ein, dass es nicht zu kritischen Personalengpässen kommt.

4. Weniger Unfälle: Eine Maschine, die unerwartet ein abweichendes Verhalten zeigt, kann im schlimmsten Fall Unfälle verursachen. Auch Umweltprobleme durch freigesetzte Schadstoffe stellen eine Gefahr dar. Mit Predictive Maintenance lassen sich solche Risiken minimieren, weil sich Ausfälle bereits frühzeitig abzeichnen.

5. Längere Lebensdauer: Wird eine Anlage immer bedarfsgerecht gewartet, erhöht das potenziell die Lebensdauer des Betriebsmittels. So können Unternehmen das Meiste aus den vorhandenen Assets herausholen, ohne unnötig neu investieren zu müssen. Komponenten müssen nicht mehr vorsorglich nach einer fixen Anzahl an Betriebsstunden ausgetauscht werden, sondern erst wenn der Verschleiß wirklich vorhanden ist.

6. Predictive Maintenance als Alleinstellungsmerkmal: Unternehmen können Predictive Maintenance nicht nur für ihre eigene Fertigung nutzen, sondern entsprechende Sensoren auch in ihren Produkten verbauen. Indem sie den Kundenservice so mitverkaufen, generieren sie einen hohen Mehrwert für ihre Kunden und setzen sich von der Konkurrenz ab.

7. Höhere Produktivität: Die Daten, die durch das Condition-Monitoring generiert werden, können Unternehmen auch für die Optimierung ihrer Maschinen nutzen. Sogar komplette digitale Abbilder ihrer Anlage – sogenannte Digitale Zwillinge – sind möglich. Diese erlauben es, Prozessoptimierungen am Rechner zu simulieren.

Für welche Unternehmen eignet sich Predictive Maintenance?

Predictive Maintenance bietet als Technologie viele Vorteile. Die Einführung der vorausschauenden Wartung ist allerdings mit hohem Zeitaufwand verbunden. Auch die hohen Initialkosten können eine Hürde darstellen. Für Betriebe, die ältere Maschinen im Einsatz haben, müssten erst sämtliche Geräte nachträglich mit Sensoren ausgestattet und vernetzt werden. Allerdings sammeln viele Unternehmen bereits große Mengen Daten, ohne sich dessen bewusst zu sein. Unter Umständen muss deshalb weniger Sensorik angeschafft werden, als anfangs gedacht. Besonders sinnvoll ist der Einsatz von Predictive Maintenance zum Beispiel für Maschinenhersteller, die sich im Hinblick auf ihre Kunden ein neues Servicemodell erschließen möchten. Es gibt jedoch Szenarien, in denen Predictive Maintenance tatsächlich wenig sinnvoll ist. So muss stets das Verhältnis der Kosten für einen Produktionsausfall zu den Kosten für die Einführung von Predictive Maintenance betrachtet werden.

Unternehmen, die über den Einsatz von Predictive Maintenance nachdenken, sollten zu allererst den konkreten Mehrwert quantifizieren, den die Technologie für sie leisten soll. Zudem ist es wichtig, sich auf ein Projekt zu konzentrieren und dieses abzuschließen, bevor weitere angegangen werden. Da die Einführung der vorausschauenden Wartung ein enormes technologisches Fachwissen voraussetzt, die von nur wenigen Unternehmen komplett abgedeckt werden kann, ist es außerdem wichtig, frühzeitig mit externen Experten zusammenzuarbeiten, um Projekte erfolgreich und zeiteffizient abzuschließen. (nw)
Autor: Mark Wider, Associate Partner bei Convista