Stephan Frense, Vorsitzender der Geschäftsführung der ARGE NETZ GmbH & Co KG
Stephan Frense, Vorsitzender der Geschäftsführung der ARGE NETZ GmbH & Co KG, spricht im Interview über die Chancen für Deutschland, wenn der Energiewendekurs jetzt fortgesetzt wird.
Was erwarten Regenerativbetreiber in Norddeutschland jetzt von der Politik?
Stephan Frense: Wir hoffen, dass es weder zu einem Systembruch noch zu einem Neustart kommt. RWE und Eon haben ja gemeinsam einen Neustart gefordert. Das sehe ich nicht so. Vielmehr müssten für die jetzt anstehende zweite Phase der Energiewende die Hausaufgaben gemacht werden für den Zusammenschluss der Sektoren Wärme, Strom, Verkehr. Zudem müssten Anreize zur Nutzung von Flexibilitäten kommen, etwa dynamische Stromtarife, oder wie Nachtspeicheröfen 2.0 und so weiter. Und die Politik muss dringend an die mittelständischen Erneuerbaren denken, wenn es um Finanzierbarkeit, Planungssicherheit und Investitionssicherheit geht. Diese Punkte müssen sichergestellt sein.
Was hat die Regenerativbranche ihrerseits zu bieten?
Stephan Frense: Zunächst sollten wir uns davon verabschieden, dass das neue Energiesystem in die alten Strukturen gepresst werden kann. Wir brauchen eine neue Denke diesbezüglich, statt an Ersatzkraftwerke zu denken. Wir haben mit den Erneuerbaren eine von Rohstoffen, Kernbrennstäben, von Gas aus Russland und Öl aus Saudi-Arabien unabhängige Energie zu bieten. Durch die dezentralen Anlagen haben wir zudem eine gewisse Angriffssicherheit. Wir bauen Batteriespeicher und Elektrolyseure in die Netze, in die Windparks. Wir werden Systemdienstleister. Perspektivisch sorgen wir zudem für günstige Preise, weil wir keine Brennstoffe mehr benötigen.
„Wir haben mit den Erneuerbaren eine von Rohstoffen, Kernbrennstäben, von Gas aus Russland, von Öl aus Saudi-Arabien unabhängige Energie zu bieten.“
Wie kann die Regenerativbranche zur Flexibilisierung des Systems beitragen?
Stephan Frense: Wir haben eine Flex-Agenda erstellt, in der wir zum Beispiel die direkte Belieferung der Industrie verfolgen. Als mittelständische Erneuerbaren sollten wir nicht auf den Netzausbau warten, sondern die Möglichkeiten der Industriedirektbelieferung vor Ort nutzen, statt abzuschalten. Wenn es die Privilegierung bei den Speichern im Außenbereich gibt, können wir auch dort Batterien und Elektrolyseure bauen.
Welche Unterstützung braucht die Regenerativbranche jetzt von der Politik?
Stephan Frense: An erster Stelle steht da sicherlich der Bürokratieabbau. Wir müssen austesten, was nicht wirklich gebraucht wird und daher wegfallen kann und der Politik bei den möglichen Vereinfachungen helfen.
Heute häufen sich die Aktenordner bei der Planung eines WindparksKann man das Ganze wieder vereinfachen?
Stephan Frense: Ja. Man hat versucht, mit diesen Auflagen, jedes einzelne Detail für die Allgemeinheit zu klären. Man sollte stattdessen den Rahmen des Vorhabens umschreiben und die Verantwortung verteilen: Wer ist an welcher Stelle verantwortlich? Dann bauen wir auch mehr Vertrauen zueinander auf. Wegen des fehlenden Vertrauens wird zurzeit immer mehr geregelt. In Schleswig-Holstein ist man allerdings, was den Genehmigungs- und Planungsprozess angeht, einen gehörigen Schritt weiter. Wir haben auch einen kleinen Anteil daran, dass der Dialog zwischen Betreibern und Behörden besser und schneller geworden ist.
Gibt es weitere Beispiele von der ARGE NETZ, wie Windparkbetreiber in ihrer Region die Transformation der Energiesysteme voranbringen?
Stephan Frense: An erster Stelle steht für uns das Thema Bürgerbeteiligung, also Akzeptanz durch Teilhabe. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt. Aber jetzt in Bezug auf die Transformation: Wir bauen ja als ARGE NETZ mindestens drei Batteriespeicher, 56 MW und größer. Dann haben wir im Gesellschafterkreis Elektrolyseure und Kavernen, die man nutzen kann für den Wasserstoff-Hochlauf. Dafür sind wir bereit. Wir sind gerade als ARGE NETZ dabei zu prüfen, ob man entlang der Bürgerparks Ladestationen für E-Mobilität bauen kann. Und wir sind mit den Stadtwerken im Gespräch für kommunale Wärmeplanung und Gemeindeöffnungsklausel, dass wir unsere Biogasanlagen und Windparks zusammenbringen und gemeinsam mit den Stadtwerken diese Aufgaben schultern. Nicole Weinhold