Vermutlich kennt jede und jeder Brancheninsider:in dieses Phänomen: Kaffeetafel mit Verwandten, ein Essen mit Freunden – und dann sagt jemand: „Das mit der Energiewende hat sich der Habeck ja nicht so richtig überlegt.“ Oder so ähnlich. „Und das Heizen wird ja noch ein riesiges Problem. Die Mobilität sowieso. Die Bahn kann man vergessen“ und so weiter … Dann weiß man gar nicht, wo man anfangen soll, weil die Transformation des Energiesystems eben nicht auf einen Bierdeckel passt. Kritiker müssen zugeben, dass die Vorgängerregierung über viele Jahre konsequent die umfängliche Bedeutung der Energiewende ignoriert hat. Am deutlichsten lässt sich das erkennen an einer massiven Unterschätzung des künftigen Bedarfs an erneuerbaren Energien. Denn dieser wird aufgrund der zunehmenden Elektrifizierung von Wärme und Verkehr massiv steigen. Inzwischen ist die Botschaft angekommen, doch der Weg bis zum klimaneutralen Straßenverkehr, zum grünen Stahl, zur Wärme aus Windstrom ist noch weit. Unwissenheit und Unsicherheit sind groß. Die Sektorkopplung ist gleichwohl elementar für die Flexibilisierung und Stabilisierung des Systems. Deshalb haben wir uns entschieden, mit der Konferenz Sectors4Energy (sectors4energy.com) am 2. und 3. Juli einen Netzwerkdialog zu starten, gute Beispiele vorzustellen und einen Überblick zu liefern über die Chancen und Herausforderungen. Liebe Abonnent:innen, auch an Sie haben wir dabei gedacht. Sie erhalten bei Ihrer Teilnahme einen Vorzugspreis. Ich würde mich freuen, Sie auf unserer Veranstaltung begrüßen zu können.
Kressbronn am Bodensee
Ein schönes Beispiel für eine gelungene Sektorkopplung liefert die Gemeinde Kressbronn am Bodensee mit ihren Plänen für ein Neubaugebiet, das zentral über Erdwärmesonden versorgt wird, 80 Prozent der Dachflächen für Photovoltaik vorsieht und mittels Batteriegroßspeicher auf eine 70-prozentige Autarkie kommen will. | 60
Bleiben wir beim Thema Transformation des Energiesystems: Mehr Netze? Mehr Speicher? Für eine grüne Vollversorgung brauchen wir deren Überdimensionierung. Jan Remund von der Schweizer Firma Meteotest hat entsprechende Analysen erstellt. Hier erklärt er, warum ein deutlicher Überschuss an Erneuerbaren der günstigste Weg ist. | 50
Der Ausbau von Windkraft und Photovoltaik hat in Deutschland inzwischen ordentlich Fahrt aufgenommen. Umso wichtiger werden Betriebsführung und Wartung. Wie lassen sich bei zunehmendem Arbeitskräftemangel Ausfallzeiten reduzieren? Ein gewaltiger Fortschritt wurde hier durch den Einsatz von Drohnen und Kameras erzielt. | 38
KI und Digitalisierung
KI gewinnt insgesamt immer mehr an Bedeutung. Ohne Digitalisierung lassen sich die vielschichtigen Daten zu den Regenerativanlagen nicht mehr überblicken. | 41
Bestandsanlagen verdienen hier einen besonderen Blick. Sensoren am Turmfuß von Windturbinen können heute wichtige Informationen darüber geben, wie lange eine alte Anlage noch betrieben werden kann. | 36
Apropos Bestandsanlagen, wer kümmert sich eigentlich um den alten Meerespark Bard Offshore 1? | 28
Bei Biogasanlagen verhält es sich derweil so, dass für ihren Weiterbetrieb bisher die Wirtschaftlichkeitsperspektive fehlt. Für Bioenergiedörfer heißt das, dass sie künftig nicht wissen, wie sie sich mit Wärme versorgen sollen. | 62
Für die Sektorkopplung wäre die Abschaltung von alten Biogasanlagen im großen Stil ebenfalls eine Katastrophe, denn sie ließen sich als bereits verfügbare, schnell regelbare Minigaskraftwerke hervorragend für den Ausgleich von Last- und Erzeugungsschwankungen im Netz einsetzen. Der Bau neuer Gaskraftwerke wäre kaum mehr erforderlich.
Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen
Nicole Weinhold,
Chefredakteurin Erneuerbare Energien