Die Fraktion von B90/Grüne im Berliner Abgeordnetenhaus drängt den Senat der Hauptstadt dazu, Schulneubauten generell mit Photovoltaikanlagen auszurüsten. Immerhin redet man da von 60 neuen Schulen, die in der Hauptstadt gebaut werden sollen. Das klingt erst einmal so, als würde man offene Türen einrennen. Schließlich will sich Berlin bis 2050 klimaneutral mit Strom versorgen. Das bedeutet, der Ausbau vor allem der Photovoltaik muss drastisch beschleunigt werden und die Senatsverwaltung für Wirtschaft gibt alles, um dem gerecht zu werden. Doch wer denkt, dass sich die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, die für den Bau der Schulen zuständig ist, als Vorreiter hervortut, ist auf dem Holzweg.
Eine Anfrage aus der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus hat ergeben, dass die Installation von Photovoltaik- oder Solarthermieanlagen auf Schulneubauten in der Hauptstadt nicht von vorn herein vorgesehen ist. Für unwirtschaftlich hält man die Solarnutzung beim Stadtentwicklungssenat. Hoppla. Das ist jetzt aber neu. Vielleicht schickt die Sonne in Berlin ja doch eine Rechnung. Immerhin scheint sie hier im Vergleich zu anderen Regionen Deutschlands sehr üppig. Während andernorts die Nutzung der Solarenergie aber mit weniger Sonneneinstrahlung wirtschaftlich ist, soll das in Berlin nicht so sein?
Bilanzkreis erweitert
Nun muss man etwas tiefer in die etwas verworrene Antwort des Stadtentwicklungssenats einsteigen. Denn dort ist die Wirtschaftlichkeit nicht auf den betriebswirtschaftlichen Tellerrand begrenzt, sondern man setzt hier den CO2-Ausstoß als Grundlage an. Das mag erst einmal löblich sein. Denn der muss dringend mit in die Wirtschaftlichkeitsberechnung der Solarenergie mit einfließen. Schließlich fordern die Branchen der erneuerbaren Energien schon lange, beim Vergleich zwischen Kosten für Ökoenergie und für konventionell bereitgestellte Energie – sei es Wärme, Strom oder Treibstoff für Autos – die Folgekosten mit einzurechnen. Denn der CO2-Ausstoßvon Kohlekraftwerken und die daraus folgende Klimaerwärmung kostet viel Geld – nicht nur weil es die Menschen krank macht, sondern auch weil das Wetter sich verändert.
Im vergangenen Jahr haben die Bauern in Deutschland Milliardensummen an Entschädigungen gefordert, weil die Dürre, die sie mit verursacht haben, ihnen die Ernte vermiest hat. Dazu kommen noch die riesigen Schäden, die immer stärkere Stürme und Starkregen verursachen. Ja, das muss alles mit in die Wirtschaftlichkeitsberechnung mit hinein. Der Berliner Stadtentwicklungssenat zieht hier den Bilanzkreis auf der Suche nach der Wirtschaftlichkeit weiter. Denn die Berliner Schulen werden mit Strom aus Wasserkraftwerken versorgt – also mit erneuerbaren Energien.
Der Bildungssenat schweigt
Nun ist man hier auf halbem Wege stehen geblieben. Denn Berlin hat gar kein Wasserkraftwerk, das den Strom für die Berliner Schulen erzeugen könnte. Der wird also irgendwo weit weg produziert und muss transportiert werden. Wer der Stromlieferant ist, darüber schweigt man sich aus. Der Stadtentwicklungssenat verweist in dieser Frage auf den Bildungssenat, der für den Betrieb der Berliner Schulen zuständig ist. Letzter hüllt sich aber in vornehmes Schweigen, wenn es zur Frage kommt, wie denn die Energieversorgung der Berliner Schulen tatsächlich aussieht. Fakt ist nur, dass irgendwo Wasserkraftstrom herkommt, der mit 0 Gramm CO2 erzeugt wird. Solarmodule hingegen müssen produziert, transportiert und installiert werden. Das verursacht nach heutigen Bedingungen natürlich einen CO2-Ausstoß, auch wenn dieser immer geringer wird und die Stromproduktion der Module die eingesetzte Energie längst innerhalb von wenigen Monaten wieder wett macht.
Hier vergisst man aber gern, dass ein Wasserkraftwerk nicht vom Himmel fällt, auch wenn es vielleicht schon alt und längst seinen Einsatz von konventionellen Energien für den Bau wieder ausgeglichen hat. Dabei soll angenommen werden, dass der Wasserkraftstrom tatsächlich auch in dem Netz produziert wird, an dem die Berliner Schulen auch hängen und nicht einfach auf der Basis den Kaufs von Ökostromzertifikaten grün gewaschener konventioneller Strom ist.
Solaranlagen in die Planungsphase einbeziehen
Nun hält man die Nutzung von Solarenergie in der Berliner Senatsverwaltung nicht für komplett abwegig. Immerhin seien die Schulneubauten statisch für den nachträglichen Bau von Solaranlagen vorbereitet. Es kann also ein Projektentwickler kommen und die Schulen mit Solaranlagen bebauen. Was für eine verrückte Welt. Da wird eine Schule gebaut, alles wird für die Nutzung der Solarenergie vorbereitet und dann, nachdem sämtliche Gerüste und Hilfsmittel abgebaut sind, die man auch gleich für die Installation einer Solaranlage mit nutzen könnte, können die Photovoltaikgeneratoren und Solarthermiekollektoren aufs Dach gebaut werden. Ein neues Gerüst muss her, was nicht nur viel länger dauert, sondern auch Geld kostet.
Es ist ja auch gar nicht notwendig, dass der Schulsenat von Berlin plötzlich zur Stromerzeuger oder gar Stromversorger wird. Dafür gibt es Fachleute. Doch es wäre so viel einfacher, wenn man gleich bis zum Ende denkt und einen entsprechenden Projektierer schon in der Planungsphase mit ins Boot holt. Das Berliner Solarunternehmen Solarimo hat schon angeboten, die Installation und den Betrieb der Anlagen auf den Berliner Schulneubauten zu übernehmen. Die Grünen wollen hier mit den Berliner Stadtwerken – immerhin ein landeseigenes Unternehmen, das sich auch auf die Realisierung von Solarprojekten auf Berliner Dächern konzentriert. Damit hätte man die Kompetenz schon mal im eigenen Hause und man müsste nur mal über den Flur gehen und sich mit den Kollegen dort verständigen.
Der Blick fürs Ganze
Die Hürden sind also niedrig, der Stadtentwicklungssenat geht eigentlich den richtigen Weg, zieht aber daraus die völlig falschen Schlüsse. Auch wenn es richtig ist, dass die Installation von Solaranlagen nicht ohne CO2-Ausstoß funktioniert, so lange die gesamte Transportkette noch mit Diesel am Leben erhalten wird. Berlin brauch trotzdem so viele Solaranlagen wie möglich, um das selbst gesetzte Ziel zu erreichen. Hier geht es nicht allein um den Betrieb von Schulen, sondern um den Blick aufs Ganze, den man im Stadtentwicklungssenat offensichtlich verloren hat. Eine einfache Installation auf Schulneubauten von vorn herein gleich mit einzuplanen – auch wenn das dann eine Fremdfirma übernimmt – wäre ein Leichtes. Zudem würde es Geld in die klammen Kassen der Bildungsverwaltung spülen, die damit zumindest ansatzweise den Lehrermangel und das damit verbundene Desaster in den Berliner Klassenräumen und Schulen beheben könnte.