Die internationale Forschungsplattform „Solar Energy in Urban Planning“ hat eine interaktive Karte mit 34 Vorzteigeprojekten nachhaltiger Stadtplanung entwickelt. Sie richtet sich an Stadtplaner und Energieberater, die vor der Aufgabe stehen, neue Ortsteile mit einem modernen Energiekonzept zu entwickeln oder bestehende Stadtteile entsprechend umzugestalten. Denn letztlich entstehen zwar die großen Erzeugungsanlagen erneuerbarer Energien vor allem auf preiswerten Flächen, die in der Regel weit weg von urbanen Zentren liegen. Doch die Städte und Gemeinden müssen eine Vorreiterrolle übernehmen, wenn es darum geht, diese Energie zu nutzen und die Solarenergie dorthin zu bringen, wo sie gebraucht wird.
Solarenergie in die Städte bringen
Deshalb haben Stadtplaner und Architekten die Aufgabe, Sonnenenergie in neue und modernisierte Stadtteile zu integrieren, um die Energiewende tatsächlich zu dem zu machen, was sie sein soll: Ein Umstieg von zentral mit großen Kraftwerken erzeugter, fossiler Energie hin zu einer dezentralen Erzeugung von Strom und Wärme dort, wo sie direkt genutzt werden. Das bedeutet auf der einen Seite, dass entsprechende Erzeugungsanlagen sinnvoll und ästhetisch ansprechend vor Ort installiert werden müssen. Aber auch auf der anderen Seite, dass die erzeugte Energie in das vor Ort existierende System integriert werden müssen. Letzteres kann zum Beispiel auch so realisiert werden, dass das Energiesystem so angepasst wird, dass die sich die erneuerbaren Energien auch einfach integrieren lassen.
Architektonische Gestaltung berücksichtigt
Die Planung und Realisierung von CO2-armen Stadtteilen mit moderner Architektur ist hochkomplex. Deshalb können Stadtplaner und Architekten für jedes der 24 Projektbeispiele ein umfangreiches Dossier downloaden, in dem neben den verwendeten Technologien und wie diese in das Gesamtsystem eingebunden und architektonisch gestaltet wurden, auch die Realisierungsmöglichkeiten beschrieben sind. „Stadtplaner, Architekten und Beratungsunternehmen erhalten so durch unsere detailliert beschriebenen Fallstudien neue Ideen für mögliche Planungsprozesse und Entscheidungsstrategien“, sagt Maria Wall, Leiterin von Solar Energy in Urban Planning und Wissenschaftlerin am Fachbereich Energie- und Gebäudeplanung der Lund Universität in Schweden.
Herausragende Lösungen empfohlen
Außerdem enthalten die Projektbroschüren unter Rubrik „Leons learned“ einen Überblick über die Herausforderungen, die bei der Planung und Realisierung des jeweiligen Projekts aufgetreten sind und wie diese Probleme gelöst wurden. Es ist sozusagen so etwas wie eine Zusammenfassung der Ergebnisse des gesamten Planungs- und Realisierungsprozesses. Dazu hat das Team um Maria Wall die in jedem Pilotprojekt angewandten neuen Werkzeuge und Methoden sorgfältig bewertet, um zu entscheiden, ob diese auch anderen Planern empfohlen werden können. Die Arbeit an den Fallstudien wurde erfolgreich von den Wissenschaftlerinnen Gabriele Lobaccaro und Carmel Lindkvist an der Norwegischen Universität für Wissenschaft und Technologie geleitet.
Vorzeigeprojekte in Wien und Berlin
Ein Beispiel dafür ist die Seestadt Aspern, ein nagelneuer Ortsteil Wiens. Auf einem ehemaligen Flugplatz im Osten der österreichischen Bundeshauptstadt entstand ein modernes Wohn- und Geschäftsviertel, bei dessen Planung die Nachhaltigkeit eine zentrale Rolle spielte. Hier wurden nicht nur Photovoltaikanlagen installiert, sondern beispielsweise deren Integration in das gesamte Energiesystem im Stadtteil mittels Quartiers- und Gemeinschaftsspeicher erfolgreich getestet.
Als eines der Vorzeigebeispiel in Deutschland haben die Forscher den Wissenschafts- und Technologiepark in Berlin-Adlershof in die interaktive Karte mit aufgenommen. Das ist ein schnell wachsender Hochschulstandort, wo sich neben neuen Wissenschaftsstandorten auch junge Unternehmen ansiedeln. Dazu kommen noch Wohn- und Bürogebäude. Im Zentrum der gesamten Planung des Standortes steht der Bau von CO2-armen Gebäuden. In den Projektflyer werden einige sehr gut gelungene, gebäudeintegrierte Photovoltaikanlagen beschrieben, die teilweise zwei Funktionen übernehmen – Verschattung des Gebäudes und Solarstromproduktion. Schlüsselfunktion nimmt dabei der Energiemanager ein, ein Fachmann bei der Projektentwicklungsgesellschaft Wista Management, der zentraler Ansprechpartner für alle Energiefragen der Bauherren ist. Die Wissenschaftler empfehlen, diesen Ansatz auch bei anderen Projekten zu übernehmen.
Drei Arten von Projekten unterschieden
Diese und noch weitere Projekte in zehn Ländern in der ganzen Welt sind auf der interaktiven Karte verzeichnet. Die Forscher unterscheiden dabei drei Arten von Projekten. Orange eingezeichnet sind bestehende, modernisierte und blau ganz neue Stadtgebiete. Grün sind Projekte gekennzeichnet, wo die Solarsysteme in die Landschaften eingebunden sind. Etwa ein Drittel der ausgewählten Fallstudien nutzt Solarthermie, die anderen zwei Drittel setzen auf Photovoltaikanlagen.
Solar Energy in Urban Planning ist eine von mehreren internationalen Forschungsplattformen, die derzeit im Rahmen des IEA Solar Heating and Cooling Programms betrieben werden. Rund 400 Experten aus 21 Ländern sowie fünf Organisationen decken ein breites Themenspektrum ab, von zukunftsweisenden Speicherkonzepten bis hin zu neuen Photovoltaik-Thermie-Lösungen.