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Raus aus der Nische

Sven Ullrich

Die Fassade war bisher immer noch das Stiefkind bei der Nutzung von Gebäudeflächen für die Photovoltaik. Sie war bestenfalls die Domäne der Architekten. Deren Vorbehalte sind groß, wenn es um die Integration von Solarmodulen in die Fassade geht. Das hat mehrere Gründe. So steht die Ästhetik im Mittelpunkt der Debatte um Solarfassaden. Doch auch die Kosten spielen immer wieder eine Rolle.

Natürlich sind händisch angefertigte Fassadenmodule teurer als Paneele aus der Massenfertigung. Mit der Ästhetik der Standardmodultechnik tun sich viele Architekten wiederum schwer, auch wenn das die Kosten drastisch senken könnte.

Einen neuen Markt erschließen

Diese argumentative Sackgasse versuchen die Anbieter von Montagesystemen derzeit zu durchbrechen. Der Fokus der neuen Unterkonstruktionen liegt nicht mehr auf der Architektur mit ihren teilweise sehr hohen Ansprüchen, sondern auf der Funktionalität von Industriegebäuden. „Wir sehen ein großes Marktpotenzial im Segment der Solarfassade, gerade in der Industrie und im Gewerbe. Denn dort sind die Dachflächen meist schon genutzt, der Strombedarf aber noch nicht gedeckt. Weitere Flächen müssen gewonnen werden. Da bietet sich natürlich die Fassade als wunderbare Lösung an“, erklärt Haris Mulalic, Leiter des Produktmanagements für Fassadensysteme bei K2 Systems.

Es hat sich der Abstand zwischen Anlage und Fassade erhöht. Dabei geht es darum, dass Lösch­wasser hinter das System gespült werden kann

Christian Ganahl, Technischer ­Geschäftsführer bei Aerocompact

Außerdem können die Unternehmen die eigene Sonnenstromernte besser ausnutzen – auch ohne Speicher. „Denn die Solarfassade liefert schön verteilt von morgens bis abends einen gleichmäßigen Ertrag, ohne die Spitzen am Mittag und den geringeren Ertrag morgens und abends. Damit stehen die Solarfassaden nicht in Konkurrenz zu den Dachanlagen oder zu den Flächenanlagen. Das heißt, wir können einen ganz neuen Markt erschließen und somit Photovoltaikstrom erzeugen ohne zusätz­lichen Flächenverbrauch“, betont Haris Mulalic von K2 Systems.

Große Fassadenflächen nutzen

Das Unternehmen hat sich schon im vergangenen Jahr vorgewagt und mit PV Wall gleich mehrere Systeme für den Bau von Solarfassaden präsentiert. Neben einem System für Trapezblechfassaden hat das Unternehmen auch Lösungen für Beton- und Steinfassaden und zusammen mit dem Befestigungsspezialisten Fischer ein System für Sandwichfassaden entwickelt.

Der Grund für die Konzentration auf die Fassaden von Gewerbe- und Industriebauten liegt auf der Hand. Neben den geringeren Ansprüchen an die Ästhetik stehen große zusammenhängende Fassadenflächen zur Verfügung, oftmals sogar ohne Fenster, erklärt Haris Mulalic.

Mehr Ertrag im Winter

Hier müssen die Solarmodule nicht einem vorgegebenen Raster angepasst oder einzelne Module oder Modulreihen aufwändig in die Fassadenästhetik eingepasst werden. Die Standardtechnologie reicht aus – vorausgesetzt, die Module sind bauaufsichtlich als Überkopfverglasung zugelassen.

Doch es gibt noch mehr Gründe für den Trend hin zu Fassadenanlagen in Gewerbegebäuden, den die Anbieter in letzter Zeit spüren. „Die Fassadenanlagen sind in letzter Zeit stark im Trend, auch weil die Modulpreise stark gefallen sind und zusätzlich sich der Energiebedarf in den Wintermonaten erhöht, beispielsweise durch die Nutzung von Wärmepumpen. Da ist der Einsatz von Solarfassaden ideal“, weiß Marc Uhland, Leiter der Produktentwicklung bei Novotegra.

Wir sehen ein großes Marktpotenzial im Segment der Solarfassade, gerade in der Industrie und im Gewerbe.

Haris Mulalic, Leiter Produktmanagement Fassadensysteme bei K2 Systems

Tatsächlich bringt die Solarfassade den großen Vorteil mit, dass sie zwar im Sommer weniger Strom produziert als vergleichbare Dachanlagen, die perfekt nach der hoch stehenden Sommersonne ausgerichtet sind. Doch im Winter steht die Sonne tiefer. Dann produzieren die Solarfassaden sogar teilweise mehr Strom als gleich große Dachanlagen.

Keine sichtbaren Bauteile

Denn ein weiterer Vorteil ist: Es bleibt kein Schnee auf den Modulen liegen. In Kombination mit den gefallenen Modulpreisen und den neuen Montagesystemen für die Fassade können jetzt auch Flächen für die Photovoltaik erschlossen werden, die vorher nicht oder nur eingeschränkt rentabel waren.

Deshalb hat auch Novotegra entsprechende Systeme zur schnellen und einfachen Integration der Module in Industriefassaden. Dabei hat sich das Unternehmen darauf konzentriert, die Komponenten, die die Planer und Handwerker bereits von der Schrägdachmontage kennen, für die Fassade zu adaptieren.

Im Mittelpunkt steht dabei das Einlegesystem, das – an Trapezblech- oder Mauerwerkfassaden angebracht – eine schwarze und homogene Optik ermöglicht. Novotegra hat aber auch eine preiswertere Variante im Portfolio. Dabei werden die Module zwar nicht von den ästhetischen, schwarz eloxierten Einlegeschienen verblendet, doch das System ist so gestaltet, dass der Handwerker die Module in Klammern einklickt, die auf der Montageschiene hinter dem Paneel montiert sind. „Dadurch erreichen wir einen Kostenvorteil im Vergleich zur Einlegeschiene sowie eine einfachere Montage und trotzdem eine ästhetische Optik. Denn wir haben keine sichtbaren Bauteile auf der Vorderseite der Anlage“, erklärt Marc Uhland.

Ansprechende Optik

Die Ästhetik steht auch bei der neuen Lösung von SL Rack im Mittelpunkt. Die SL Energy Wall besteht aus vormontierten Schienen, in die die Module eingehängt werden. Der Vorteil: Die Schienen sind an den Modulen befestigt. Dadurch vermeidet SL Rack eventuelles Klappern durch den Wind, was bei Einlegesystemen nur mit zusätzlichen Bauteilen auszuschließen ist.

Die Fassaden­anlagen sind in letzter Zeit stark im Trend, auch weil die Modulpreise stark gefallen sind und zusätzlich sich der Energiebedarf in den Wintermonaten erhöht, beispielsweise durch den Ein­satz von Wärmepumpen. Da ist der Einsatz von Solarfassaden ideal.

Marc Uhland, Leiter Produkt­entwicklung bei Novotegra

Die Module werden danach mit Blenden verkleidet. „So schaffen wir eine schöne, komplett schwarze Optik. Denn die Blenden und die Schienen sind schwarz. In Kombination mit schwarzen monokristallinen Modulen sieht das sehr ansprechend an der Fassade aus“, erklärt Florian Achatz, Vertriebsleiter von SL Rack. „Dazu kommt noch ein Diebstahlschutz hinter den Modulen, der verhindert, dass man die Module einfach seitlich herausziehen kann.“

Nur ein zusätzliches Bauteil nötig

Auch der österreichische Hersteller Aerocompact hat sich der Fassade angenommen. Das Unternehmen hat jüngst auf der Intersolar die Compact Wall präsentiert. „Damit können die Module an Beton- und Metallfassaden entweder hochkant oder quer montiert werden. Der Vorteil des Systems für Metallfassaden ist, dass wir bestehende Komponenten verwenden“, erklärt Christian Ganahl, Technischer Geschäftsführer von Aerocompact.

Diese Komponenten werden nur ergänzt durch ein zusätzliches Bauteil, das den Abstand zur Fassade erhöhen kann. „Dadurch erreichen wir eine bessere Hinterlüftung und eine höhere Leistungsfähigkeit“, sagt Christian Ganahl. Außerdem können so Mikroinverter oder Leistungsoptimierer montiert werden. Auch das System für Betonfassaden basiert auf bewährten Komponenten, die mit speziellen Betonschrauben an der Fassade befestigt werden. Auch hier gibt es eine Version mit mehr Abstand.

Sicherheit im Blick

Dies erhöht auch die Sicherheit. Neben dem Abstand zur Fassade und der Erdung sind hier statische Nachweise für die Anlagen genauso wichtig wie der Brandschutz. Auch hier hilft der größere Abstand zwischen Fassade und Solaranlage weiter. „Es hat sich ein Abstand zur Fassade von durchaus um die 100 Millimeter durchgesetzt. In der Schweiz gibt es Vorschriften von mindestens 60 Millimetern Abstand zwischen Anlage und Fassade. Dabei geht es darum, dass Löschwasser hinter das System gespült werden kann“, weiß Christian Ganahl.

Auf die Ästhetik mit einer einfachen Montage hat sich Envelon konzentriert. Der Hersteller hat nicht nur Module – auch in verschiedenen Farben – für die Fassadenintegration im Portfolio, sondern auch gleich noch eine passende Unterkonstruktion. Diese basiert auf Schienen, die auf die Rückseite der Module geklebt werden.

Wärmedämmung in Unterkonstruktion

An diesen sogenannten Backrails sind Agraffen angebracht. Das sind nicht sichtbare Befestigungen, mit denen bei hinterlüfteten Fassaden die Module an ein horizontal verlaufendes Profil gehängt werden. Diese horizontalen Profile sind wiederum mit Vertikalprofilen verbunden. Die Vertikalprofile sind an eine Abstandskonsole angebunden. Beide zusammen bilden die sogenannte sekundäre Unterkonstruktion. Darin ist auch die Wärmedämmung integriert. Da die Unterkonstruktion durch ihren Aufbau sowohl horizontal als auch vertikal flexibel ist, können Module mit unterschiedlichen Größen integriert werden.

Da die Module mittels einer Hinterschnitt­agraffe in die Unterkonstruktion eingehängt werden, können sie im Falle eines Defekts oder einer Beschädigung einfach ausgetauscht werden. Die Lösung von Envelon hat den Reiz, dass die Halterung der Module komplett unsichtbar ist, auch keine Schienen oder Rahmen zu sehen sind und dadurch mehr zur Ästhetik der Fassade beiträgt.

K2 Systems hat in diesem Jahr die Lösung für Beton- und Steinfassaden weiterentwickelt, um die Dämmung bei Bestandsgebäuden nur ein wenig zu öffnen.

Foto: Velka Botička

K2 Systems hat in diesem Jahr die Lösung für Beton- und Steinfassaden weiterentwickelt, um die Dämmung bei Bestandsgebäuden nur ein wenig zu öffnen.

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