An der Stirnwand des Wohnzimmers im Haus der Familie Blöbaum steht ein schwarzer Smart. Und zwar im Haus, nicht draußen, gleich neben der großzügigen Fensterfront an der Südwand des Hauses an der Grenze zum Esszimmerbereich. Bei der Daimler Benz AG hießen die Smarts ja Fortwo, Roadster, Forfour und wie auch immer weiter bis heute, aber dieser Smart hier, der vor sieben Jahren im Wohnzimmer der Blöbaums in Ostwestfalen fest installiert wurde, trägt nach wie vor mit großer Gelassenheit, aus Überzeugung seines bleibenden Werts, den Namen Wodtke Smart. Vielleicht auch deshalb, weil es sich bei ihm um einen wassergeführten Pelletskaminofen handelt und nicht um ein Spielmobil aus Böblingen.
Der Kaminofen der Blöbaums ist, in Kombination mit der Solarwärmeanlage auf dem Dach, die Zentralheizung des Hauses. Und er übernimmt die vollständige Erwärmung des Brauchwassers, wenn die Solarwärmeanlage nicht genügend Wärme liefert. Dazu speist er seine Energie in einen 800-Liter-Warmwasserspeicher ein, der in einer Art schmalen Heiznebenraum im Obergeschoss steht, da das Gebäude über keinen Keller verfügt. Neben dem Speicher ist eine Palette mit Säcken platziert, abgepackte Holzpellets zu je 15 Kilogramm. Neben der Energie von der Sonne sind Pellets der Brennstoff, der das ganze System antreibt.
Sportliche Befüllmethode
Hausherr Stefan Blöbaum nimmt die Sache sportlich, wenn er den Ofen im Erdgeschoss per Hand befüllt, indem er die Pellets aus den Säcken in den Ofen schüttet, was ihn aber seit Jahr und Tag nicht anficht. „Es ist eine Einstellungssache“, sagt er lediglich. Vor fünf Jahren musste er zum Zweck der Brennstoffbeschaffung noch in das 15 Kilometer entfernte Minden fahren. Dort befand sich der einzige ihm bekannte Händler weit und breit, der Holzpellets auch als Sackware anbot. In Pioniermanier lud er bei jeder Fuhre 300 Kilogramm Pellets in seinen Kombi. In den vergangenen Jahren haben viele Brennstoffhändler Holzpellets in ihr Lieferprogramm aufgenommen, so dass das Versorgungsnetz bei den kleinen Presslingen engmaschig geworden ist. Die Blöbaums können den Brennstoff jetzt aus nächster Nähe abholen, und zudem bedeuten mehr Händler mehr Möglichkeiten zum Preisvergleich. Die jährlichen Heizkosten der dreiköpfigen Familie in ihrem Haus belaufen sich übrigens auf 500 Euro, also nur knapp über 40 Euro im Monat. „Wir sind nach wie vor mit unserer Heizung sehr zufrieden“, berichtet Stefan Blöbaum nach sieben Jahren Erfahrung in der Wärmeversorgung eines ganzen Gebäudes über einen Ofen, der mit Pellets befeuert wird. Mit ihrer Zentralheizungslösung würden die Blöbaums auch heute noch zur Gruppe der Pioniere zählen.
Zeitsprung ins Jahr 2010: Laut Branchenverband Deutscher Energieholz- und Pellet-Verband DEPV machten Kaminöfen, die mit Holzpellets befeuert werden, rund zehn Prozent aller installierten Pelletsanlagen in Deutschland aus. Der Verband prognostiziert, dass der Gesamtbestand an installierten Pelletsanlagen in Deutschland bis Ende 2010 auf rund 150.000 Anlagen gewachsen sein wird. Bei einem Marktanteil von rund zehn Prozent wären also in Deutschland 15.000 Pelletsöfen installiert. Zu unterscheiden wäre bei den Kaminöfen aber noch zwischen luftgeführten und wassergeführten Anlagen. Wie das Nachfrageverhältnis zwischen diesen beiden Kaminofentypen sich am Markt darstellt, beschreibt Günther Kainersdorfer, Marketingmanager beim Pelletsofenhersteller Calimax Energietechnik GmbH, aus Sicht seines Unternehmens: „Es gibt einen steigenden Bedarf an wassergeführten Öfen, wobei das Verhältnis zwischen den luft- und den wassergeführten Öfen derzeit 10:1 ist.“ Also waren die Blöbaums im Jahr 2003 sogar Kaminofen-Urpioniere.
Im Kreis der Zentralheizungen
Wassergeführte Pelletsöfen als alternative Zentralheizungstechnologie zu Erdgas, Heizöl oder die Wärmepumpe sind demnach als eher seltenes Gerät in Neubauten anzutreffen. Dabei ist der Neubaubereich mit seinen hohen Dämmstandards und den daraus resultierenden geringen Jahreswärmebedarfen für die Installation eines solchen Ofens denkbar gut geeignet, da ein Pelletsofen die benötigte Heizleistung erbringt. Selbst Altbauten sind bei umfassenden Gebäudesanierungen nach den Vorgaben der EnEV 2009 nun in die Reichweite von Pelletsöfen als Zentralheizung gerückt, denn was den dann noch notwendigen Heizleistungsbedarf des Gebäudes mit seiner verbesserten Dämmung betrifft, kann diesen ein Pelletsofen abdecken. Die Heizleistung des Gros der wassergeführten Pelletsöfen am Markt bewegt sich zwischen 3 und 12 kW. Aber es gibt auch etliche Öfen wie zum Beispiel von Ecoteck, Ferro oder Edilkamin und andere, die mit Leistungen bis zu 20 kW aufwarten und auch noch darüber hinaus. Selbst in der Gesetzesterminologie dürften die wassergeführten Pelletsöfen bald im Kreis der Zentralheizungen stehen, was sie technisch gesehen lange schon sind. Dem Vernehmen nach sind Bund und Länder derzeit im Rahmen der neuen 1. Bundesimmissionsschutzverordnung für Kleinfeuerungsanlangen (1. BImSchV) darüber im Gespräch, als was denn nun wassergeführte Pelletsöfen in Zukunft zu gelten hätten. Als Einzelraumfeuerstätte, zu denen sie bislang noch zählen, weil sie als Kaminofen de facto auch eine Einzelraumfeuerstätte sind, oder als Zentralheizung, was sie ja sind. Kainersdorfer hat für die Unterverbreitung der Pelletsöfen im Neubau als Zentralheizung eine Erklärung parat: „Generell ist Biomasse noch immer nicht ganz beim Kunden angekommen. Ein Großteil der Leute weiß garnicht, was damit alles möglich ist“, analysiert er.
Also, was ist möglich. Einfach formuliert ist es möglich, sich mit einem wassergeführten Pelletskaminofen eine Zentralheizung in Form eines Möbels ins Wohnzimmer zu holen. Abgesehen von der schmückenden Optik erhält man damit eine Doppelfunktionen geliefert: einen Kaminofen und die Zentralheizung in einem Gerät. Das Feuer hinter der Sichtscheibe könnte also beispielsweise deswegen prasseln, weil zum einen der im Wohnzimmer Sitzende ein behagliches Kaminfeuer wünscht und eine gewisse Raumwärme, die der Ofen durch Abstrahlung liefert, zugleich aber auch, um Brauchwasser zu erwärmen zum Beispiel für ein Familienmitglied, das sich im Bad im Obergeschoss duschen möchte.
Kamin und Heizung in einem
Die grundsätzliche Unterscheidung zwischen luftgeführten und wassergeführten Raumöfen ist recht einfach: Die luftgeführten Öfen geben als solitäre Einzelraumöfen ihre Wärme komplett an den Aufstellraum ab. Die wassergeführten Pelletsöfen hingegen sind über eine Wassertasche in den zentralen Heizkreislauf eingebunden und geben ihre Wärme zu 50 bis 90 Prozent (je nach Modell) in den Heizkreislauf und damit an das gesamte Gebäude ab, für Raumwärme und zur Warmwasserbereitung. Einen Teil der Wärme strahlen sie jedoch wie der luftgeführte Ofen in den Aufstellraum ab. Angegeben wird dies über eine Verhältniszahl. So besagt die Verhältniszahl 80:20 beispielsweise, dass dieser wasserführte Ofen 80 Prozent seiner Wärme in den Heizkreislauf einspeisen kann und 20 Prozent der Wärme an den Aufstellraum abgibt. Der ivo.tec von Wodtke beispielsweise strahlt nur zehn Prozent seiner Wärme in den Aufstellraum ab, allerdings wird diese geringe Abstrahlung mit einem kleinen Sichtfenster erkauft. Andere Pelletsofenhersteller wie Calimax und Windhager gehen einen anderen Weg, erhalten die Größe des Sichtfensters und arbeiten stattdessen mit einem anbringbaren Wärmeschild vor dem Sichtfenster, um die Wärmeausstrahlung in den Aufstellungsraum bei Bedarf zu minimieren. Günther Kainersdorfer von Calimax: „Die neuen Wasseröfen Twist 12 und Twist 6 haben eine thermisch abdeckbare Scheibe, die die Abstrahlung in den Wohnraum stark reduziert und somit die Anwendungszeit des Ofens weit in die Übergangszeit verlängert.“ Bei den Calimax-Geräten lassen sich bei Außerbetrieb des Ofens zwei links und rechts der Sichtscheibe befindliche, ein Zentimeter dicke Schamottsteine per Hand wie ein Vorhang hinter die Sichtscheibe ziehen. Dadurch ist das Flammbild zwar weg, doch lässt sich der „Vorhang“ und damit das volle Sichtfenster später ja auch wieder aufziehen.
Mit Solaranlage kombinieren
Warum aber ist die Anwendungszeit des Ofens überhaupt eingeschränkt? Im Sommer, wenn die Heizung keine Raumwärme liefern soll, wird im Fall der Brauchwassererwärmung über eine Pelletsofen-Zentralheizung ein Teil der Wärme doch in den Aufstellraum abgestrahlt – was nicht wünschenswert ist. Durch die zuvor beschriebene (variable) Minimierung der Wärmeabstrahlung lässt sich der Spielraum zwar erweitern, zum Beispiel dürfte der Ofenbetrieb an einem regnerischen Sommertag mit mäßigen Temperaturen dann kein Problem sein. Doch erwärmt (nicht) nur im Sommer in diesem Fall die Solarwärmeanlage (mindestens) das Brauchwasser, je nachdem, wie sie dimensioniert ist. Die Brauchwassererwärmung übernimmt die Solarwärmeanlage. Kainersdorfer: „Der effektivste Einsatz eines Ofens ergibt sich durch die Kombination mit einer Solaranlage.“ Für den wassergeführten Pelletsofen als Zentralheizung ist die Solarwärmeanlage praktisch unverzichtbar. Das lässt sich aber auch von jeder Gas- oder Heizöllösung in einem Neubau sagen, wenn nur der Dämmstandard der EnEV2009 erfüllt wird. Wenn auch nicht zwingend aus systemtechnischen Gründen, so doch aufgrund der Anforderungen, die das Wärmegesetz stellt.
In Kombination mit der Solaranlage also tut die Zentralheizung „Pelletsofen“ ihren Dienst. Wie aber kommen die Holzpellets in den Ofen? Jeder Ofen am Markt besitzt einen Vorratsbehälter, der im Gerät integriert ist und je nach Modell unterschiedliche Mengen des Brennstoffs fasst; die Spanne erstreckt sich von 25 bis 100 Kilogramm. Eine Transportschnecke in dem Gerät befördert die Holzpellets in die Brennkammer. Je nach Leistung des Geräts und Fassungsvermögen des Vorratsbehälters beträgt die Brenndauer acht Stunden bis zu mehreren Tagen bei Volllastbetrieb des Ofens. Fast schon als klassische Methode zu bezeichnen ist die Befüllung des Vorratsbehälters eines Pelletsofens mit Sackware, die auch von den meisten Besitzern eines Pelletsofens gewählt und in der Folge beibehalten wird. Der Besitzer schüttet aus 15-Kilogramm-Säcken den Brennstoff in den Vorratsbehälter. Diese Methode ist allerdings nicht die einzig mögliche. Etliche Öfen am Markt können heute über Saugsysteme an einen Pelletsbunker angeschlossen und von dort automatisch mit Brennstoff versorgt werden, genauso wie der bekannte Pelletskessel. Allerdings befindet dieser sich meist im lärmunempfindlichen Keller, wohingegen der Pelletsofen mitten im Wohnraum steht. Die Transportgeräusche der Pellets vom Bunker zum Kessel respektive Ofen könnten im sensiblen Wohnraum ein Problem sein. Zur Akustikfrage gesellt sich die Kostenfrage. Für einen wassergeführten Pelletsofen sind etwa 6000 Euro zu veranschlagen. Sackware ist zwar etwas teurer als lose Holzpellets, die per Pelletstankfahrzeug angeliefert und in das Pelletslager eingeblasen werden. Aber bei einem Jahresbedarf von zwei bis drei Tonnen Holzpellets für einen Ofen in einem gut gedämmten Haus fallen die 30 bis 40 Euro, die auf die Tonne bezogen für Sackware mehr zu zahlen sind, nicht stark genug ins Gewicht, als dass sie einen Pelletsbunker rechtfertigen würden, der mit loser Ware befüllt würde. Günther Kainersdorfer hat demnach auch folgende Beobachtung gemacht: Nur zum Teil würden Fördersysteme nachgefragt. „Die Kosten einer Förderanlage bewegen sich bei mindestens 2000 bis 2500 Euro, und um das Geld zu sparen wird lieber händisch beschickt“, berichtet Kainersdorfer.
Eine Tonne Pellets im Kasten
Wie verhält es sich mit anderen Aspekten des Heizungskomforts? Häufig Ofenasche aus dem Wohnzimmer zu tragen oder den Ofen ständig reinigen zu müssen wäre keine komfortable Aussicht für den Besitzer. Und die besteht auch nicht. Volker Geisler von Windhager: „Unsere Pelletsöfen der Serie FireWIN-Exclusiv sind zum Beispiel mit einer vollautomatischen Wärmetauscherreinigung ausgestattet und mit einer Ascheverdichtung, so dass nur noch zirka zweimal im Jahr die Aschelade ausgeleert werden muss. Außerdem sind alle Geräte mit einer Anzeige versehen, die dem Benutzer meldet, wann gereinigt und geleert werden muss.“ Die Windhager-Lösung der Ascheverdichtung besteht aus einer Art Rechen, der an den Motor angeschlossen ist, der auch die Heizflächenreinigung antreibt. In beiden Fällen ist der Vorgang mechanisch. Der Rechen drückt auf die Asche und verdichtet sie. Mit erstaunlichem Ergebnis: „Auf diese Weise passt die Asche von bis zu 1200 Kilogramm Pellets in eine Lade hinein“, erläutert Geisler. Bei einem Brennstoff-Jahresbedarf von 2,5 bis drei Tonnen erklärt sich, warum nur zirka zweimal im Jahr die Lade geleert werden muss.
Programmieren aus der Ferne
Die Pelletsofen-Zentrale lässt sich steuern und programmieren wie ein herkömmlicher Kessel. Bei manchen Öfen ist eine Programmierung sogar via Handy möglich. Ein formschönes Beispiel für die Fernprogrammierbarkeit eines Ofens hat der Tübinger Pelletsofenhersteller Wodtke entworfen. Die Steuerzentrale ist neudeutsch ein „Touchfeld“, ein berührungsempfindliches Display, das durch Fingertippen bedient wird. Über das ‚Touch Control TC 1’-Display lässt sich der Ofen programmieren – dazu muss es nicht einmal im Aufstellraum des Ofens angebracht sein. „Über eine Bus-Leitung werden die Befehle an den Ofen gesendet“, heißt es in der Beschreibung, wobei wohl viele bei diesem Satz zunächst nur Bahnhof verstehen, wenn das Wort Bus in Verbindung mit einem Ofen gebracht wird. Was aber auch verdeutlicht, wie weit der Stand der Ofentechnik gediehen ist.
Das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz in Kombination mit der novellierten Energieeinsparverordnung, die am 1. Oktober 2009 in Kraft trat und die Anforderungen an die Dämmung gegenüber ihrer Vorgängerin um 30 Prozent verschärfte, gibt die Richtung vor, in die es geht: zu immer besser gedämmten Gebäuden. Folglich sinkt der Heizwärmebedarf und damit vollzieht sich auch die Entwicklung zu Heizanlagen mit kleinerer Heizleistung – auch bei den wassergeführten Pelletsöfen. Günther Kainersdorfer von Calimax: „Die Entwicklung geht hin zu kleineren Geräten, weniger Leistung, noch mehr Komfort, Top-Emissionswerten und besseren Schnittstellen zur Haustechnik. Also alles das, was wir bereits bieten.“
Dittmar Koop