Erst kam die Forschung, nun ziehen Windgutachter und Projektentwickler nach. Sie alle sammeln Erfahrungen mit der Lidartechnik, noch bevor sie als alleinige Messanwendung für den Markt zugelassen ist. „Uns geht es zurzeit vor allem darum, wie wir mit Lidar Windgutachten machen können“, sagt Anselm Grötzner, Senior Consultant Wind Assessment beim Gutachter- und Beratungsbüro Cube Engineering. Denn die Windenergieanlagen werden immer größer, Nabenhöhen bis 140 Meter erreichen ihre Türme. Um die Windbedingungen in solchen Höhen zuverlässig zu messen braucht es ebenso hohe Messmasten. Das ist nicht nur enorm teuer, sondern bringt auch lange Genehmigungszeiten mit sich.
Ein Lidarmessgerät besteht dagegen nur aus einer kleinen Box, die am Standort aufgestellt wird und vom Boden aus die Windverhältnisse in bis zu 200 Meter Höhe misst. Dazu sendet es Lichtblitze aus, die von kleinen Luftteilchen zurückgestreut werden. Anhand der windgeschwindigkeitsabhängigen Frequenzverschiebung,die bei der Reflektion der Lichtblitze auftreten, erkennt das Gerät Windgeschwindigkeit und -richtung in verschiedenen Höhen.
Einsatzbereit mit kleinen Einschränkungen
„Die Messtechnik ist relativ weit entwickelt und arbeitet sehr genau im Flachland“, sagt Anselm Grötzner. Komplizierter ist es im Bergland und über Wäldern – hier reichen Messungen allein nicht aus, da müssen Korrekturen durchgeführt werden. Das beschäftigt die Branche zurzeit.
Für industrielle Anwendungen im Flachland ist die Technik aber prinzipiell schon bereit. Das muss jetzt nur noch kommuniziert werden. „Wir müssen als Gutachter darlegen, dass die Lidartechnik die Qualität der Windgutachten verbessert“, sagt Grötzner. Und das muss am Ende die Bank akzeptieren. Denn das Windgutachten ist die Grundlage der Ertragsprognose, auf der die Wirtschaftlichkeitsberechnung fußt. Hohe Unsicherheiten im Windgutachten verursachen Unsicherheiten in der Ertragsprognose. Das führt zu mehr Kreditrisiko bei der Bank und gipfelt schließlich in höheren Zinszahlungen. Je zuverlässiger die Lidartechnik also funktioniert, desto günstiger wird der Bankkredit.
Richtlinien werden angepasst
Einen Teilerfolg hat die Akzeptanz der Lidartechnik laut Grötzner schon erzielt: Ab der nächsten Überarbeitung der IEC-Norm 61 400-12-1 soll sie zur Vermessung der Leistungskennlinie von Windturbinen eingesetzt werden dürfen. Die Leistungskennlinie stellt den Zusammenhang zwischen Windgeschwindigkeit und Energieproduktion her – mit ihr beweist jeder neue Anlagenprototyp, wie viel Strom er aus dem Wind holen kann. Dafür ist eine genaue Kenntnis der Windgeschwindigkeiten nötig.
Auch für die Windgutachten soll Lidar bald alternativ zum Messmast eingesetzt werden dürfen. Derzeit wird die Technische Richtlinie 6 der Fördergesellschaft Wind überarbeitet. Sie soll, als die in Deutschland allgemein akzeptierte Grundlage zur Erstellung bankfähiger Windgutachten, zukünftig den Einsatz der Lidar-Technik für Windgutachten ermöglichen. Bei Cube Engineering ist man sich sicher: „Lidar wird die Technik der Zukunft sein“, sagt Anselm Grötzner. (Denny Gille)
Lesen Sie mehr zur Lidar-Erfahrung aus Forschung und Industrie und zu den Plänen von Cube Engineering in der Print-Ausgabe von ERNEUERBARE ENERGIEN, die am 1. Juli erscheint.