Energieholz ist trotz seines großen Wertschöpfungspotenzials ein in Deutschland noch unentwickeltes Innovationsfeld. Auch der Begriff Kurzumtriebplantage (KUP) ist wenig geläufig. Kurzumtriebsplantagen sind Anpflanzungen schnell wachsender Bäume auf land- und forstwirtschaftlichen Flächen. Bei den Energiepflanzen handelt es sich hauptsächlich um Weiden und Pappeln, die in drei- bis zehnjährigen Zyklen geerntet werden können. Regenerative Holzenergie wird so innerhalb kurzer Zeit auf umweltschonende und nachhaltige Art und Weise gewonnen.
Vielseitiger Nutzen
Angebaut werden Kurzumtriebsplantagen vor allem auf Grenzstandorten. Auf diese Weise werden landwirtschaftliche Flächen kultiviert, die für die Lebensmittelherstellung wirtschaftlich nicht rentabel wären und daher ungenutzt bleiben würden. KUP stellen daher keine Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion dar. Die Verwertungsmöglichkeiten von Kurzumtriebsplantagen sind vielseitig: Aus den Weiden und Pappeln können Energieholzhackschnitzel, Pellets und Papierholz gewonnen werden.
Der Absatzmarkt für die Hauptprodukte aus Kurzumtriebplantagen ist in Deutschland bereits etabliert. Im Jahr 2010 verzeichnete man einen Pelletverbrauch von 1,2 Millionen Tonnen. Holzhackschnitzel werden vor allem in Biomasseheizanlagen eingesetzt. Holz- und Zellstoffe kommen unter anderem in der Papierindustrie zum Einsatz Die Investition in Kurzumtriebplantagen ist langfristig ausgelegt. Mit einem Kapitalrückfluss ist nach etwa drei bis vier Jahren zu rechnen.
Hoher ökologischer Wert
Neben wirtschaftlichen Vorzügen zeichnen sich Kurzumtriebplantagen auch durch ihren hohen ökologischen Wert aus. Eine gesteigerte Biodiversität im Vergleich zu konventionellen landwirtschaftlichen Kulturen sowie wenig bis gar kein Düngemitteleinsatz zählen zu den Vorteilen von Kurzumtriebplantagen. Durch die extensive Bewirtschaftung der Energielieferanten entfallen darüber hinaus Kosten für die Pflege der Plantagen. KUP tragen zudem zum Erosionsschutz bei.
Angesichts einer zu erwartenden Steigerung des Energieholzbedarfs ist der Ausbau der Holzproduktion unumgänglich. Der Verband der deutschen Holzwerkstoffindustrie beziffert die Holz-Deckungslücke in Deutschland bis zum Jahr 2020 auf rund 30 Millionen Kubikmeter Holz. Die Produktion von Agrarholz kann zur Entschärfung des Nutzungskonflikts zwischen Energie- und Industrieholz beitragen. Während die bisherige KUP-Fläche in Deutschland nur rund 3.000 Hektar beträgt, liegt das Potential laut Bundesregierung derzeit bei 450.000 Hektar. Dies entspricht rund zehn Millionen Kubikmeter Holz. Kurzumtriebplantagen könnten einen signifikanten Beitrag leisten, um der Holz-Angebotslücke entgegenzuwirken.
Netzwerk zur Förderung von Kurzumtriebplantagen
Um den Anbau von Kurzumtriebplantagen voranzutreiben, rief das ttz Bremerhaven im Januar 2010 das nationale KUP-Netzwerk ins Leben. Das Netzwerk besteht aus Firmen der gesamten Wertschöpfungskette von Kurzumtriebplantagen. Außerdem sind Verbände und Forschungseinrichtungen der Holzenergieindustrie vertreten.
Ziel des Netzwerks ist die Verknüpfung der Marktpartner, um Energiegewinnung aus Holz zu begünstigen. Gefördert wird das Netzwerk vom Bundeswirtschaftsministerium und der Europäischen Kommission. Angefangen mit 19 Netzwerkpartnern, hat sich die Anzahl der Mitglieder nach einem Jahr mehr als verdoppelt. Durch Kooperationen der Mitglieder konnten erste KUP-Projekte in die Wege geleitet werden. Bisher wurden zehn Machbarkeitsstudien für regionale und internationale Konzeptionen in ganz Deutschland erarbeitet, die als Best Practice Beispiele dienen. Im Jahr 2011 werden die ersten vom Netzwerk initiierten Pläne umgesetzt.
Erste Projekte verwirklicht, weitere bis 2012
Die Förderung einer umweltgerechten, kostengünstigen und nachhaltigen Energie- und Wärmeproduktion stehen im Vordergrund dieser Projekte. In Schleswig-Holstein soll die Energieversorgung eines Schwimmbads auf der Basis von Holzhackschnitzeln aus KUP gewährleistet werden. Das Vorhaben wird im Frühjahr 2011 in die Praxis umgesetzt. Für einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Mietwohnungen in Sachsen ermittelte man Fördermöglichkeiten für die Ersetzung einer Öl- durch eine Holzheizanlage.
Weil gerade im Winter durch einen erhöhten Wärmebedarf die allgemeine Holzversorgung häufig unzureichend ist und die Preise für den Rohstoff drastisch steigen, sind zukunftsweisende Verfahren zur Energieholzgewinnung gefragt. Netzwerkpartner prüften durch eine Standort- und Machbarkeitsanalyse in Rheinland-Pfalz, ob und wie dort ansässige Landwirtschaftsbetriebe als Zulieferer für regionale Energieholzabnehmer fungieren können. Der Anbau von Kurzumtriebplantagen soll dazu beitragen, die Versorgungslücke zu schließen und die Holz- und Heizkosten für Verbraucher zu senken.
Ein weiteres Best Practice Projekt ist die Ersetzung einer Spritzschutzhecken-Fläche durch KUP. Derzeit wird ein erster Heckenabschnitt in Niedersachsen in Kurzumtriebplantagen umgewandelt. Das Projekt zeichnet sich durch seinen doppelten Nutzen aus: Es werden nicht nur die hohen Kosten für die intensive Pflege der Spritzschutzhecken eingespart, sondern gleichzeitig durch den Anbau von KUP wirtschaftliche Erträge erzielt.
Außerdem wurden für zwei Netzwerkpartner mit internationaler Ausrichtung Machbarkeitsstudien für den Anbau von Kurzumtriebplantagen in Nachbarländern und in Osteuropa erstellt mit dem Ziel zusätzliche Biomasseströme zu generieren. Allein in Deutschland sollen durch das KUP-Netzwerk initiierten Projekte bis Frühjahr 2012 Kurzumtriebplantagen mit einer Gesamtfläche von rund 500 Hektar angelegt werden.
Das Netzwerk wächst
Mittlerweile arbeiten 30 Netzwerkpartner aktiv an regionalen Projekten. Hinzu kommen zwölf assoziierte Partner und Partner-Netzwerke. Seit März 2010 ist www.kup-netzwerk.info online. Vom ttz Bremerhaven moderiert, eröffnet diese Marktplattform allen Interessierten die Möglichkeit zum Wissensaustausch und Kontakteknüpfen. Bereits 120 Marktpartner sind in einer Übersichtskarte registriert.
Das Projekt KUP-Netzwerk wurde beim Wettbewerb „Sustainable Energy Europe“ der Europäischen Union im Jahr 2010 als Vorbildprojekt für den Award „nachhaltige Regionalentwicklung“ ausgewählt.
(Christian Colmer)