In den anstehenden Projekten werden die Forscher auch mit Gärresten aus Biogasanlagen arbeiten, um daraus Biokohle mit Hilfe der hydrothermalen Carbonisierung zu erzeugen. Ein Ziel ist, den Herstellungsprozess zu optimieren: „Wie effizient Kohlenstoff aus den Reststoffen in Form von Biokohle gespeichert wird, hängt von der Reaktionstemperatur und der Dauer des Herstellungsprozesses ab“, berichtet Jan Mumme vom ATB, das ein eigenes Biokohletechnikum betreibt. Biokohle könnte eine Art Superdünger für ausgelaugte Böden sein oder ein Turbo, der nährstoffarme Flächen in nährstoffreiche verwandeln könnte. Biokohle könnte auch als Energieträger Einsatz finden.
Vorbild Amazonien
Das Wissen ist an sich alt. Indios im Amazonasbecken gruben vor Hunderten von Jahren beispielsweise mit Holzkohle gefüllte Tonkrüge in die Erde und die Böden wurden über die Zeit fruchtbarer beziehungsweise konnten sie die Fruchtbarkeit halten. Die Kohle schützte die Böden beispielsweise besser vor Nährstoffauswaschungen. Das Phänomen ist bekannt als Terra Preta. Nur damals wurde Holzkohle eingesetzt. Nun wäre es technisch erzeugte Kohle, qualitativ eine Braunkohle aus Bioresten. Ob diese dieselben Effekte wie Holzkohle dem Boden bringt, ist noch unklar.
Zum Beispiel zeigen laut ATB erste Versuche, dass das Einbringen von Biokohle in Böden auch negative Effekte auf das Pflanzenwachstum hervorrufen kann, unter anderem durch unerwünschte Begleitstoffe der Kohleerzeugung, wie Phenole und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe. Das könnte bedeuten, dass das Material vor der Einbringung in den Boden nochmals weiter gezielt aufbereitet werden muss.
Verkohlung im Zeitraffer
Die hydrothermale Carbonisierung (HTC) wandelt Biomasse unter Hitze und Druck in Biokohle um. Im Juli gaben mehrere Unternehmen und Forschungsinstitute die Gründung des Bundesverbands Hydrothermale Carbonisierung e.V. (BV-HTC) bekannt. Das Gründungsmitglied SunCoal Industries GmbH gab Ende vergangenen Jahres bekannt, dass es dem Energiecontractor GETEG AG aus Magdeburg ab 2012 jährlich 20.000 Tonnen Biokohlestaub liefern wird. SunCoal kann damit seine erste industrielle Produktion bauen. Sie wird in Ludwigsfelde, etwa 20 Kilometer südlich von Berlin, errichtet (ERNEUERBARE ENERGIEN 12/2010). Bei dem HTC-Verfahren von SunCoal wird die Biomasse in Wasser auf etwa 200 Grad Celsius erhitzt. 20-facher Atmosphärendruck verhindert, dass das Material verdampft. Innerhalb von Stunden entsteht eine Braunkohle mit einem Kohlenstoffgehalt von 70 Prozent. Die lässt sich in Kohlefeuerungen zumischen. Doch der Zeitgeist stellt wie vielen anderen Mitteln, die irgendwie Kohlendioxid binden, auch Biokohle zunächst den Persilschein als Klimaschutzmittel aus.
Blick auf Herstellung
Inwiefern Biokohle Sinn macht, zum Beispiel logistisch (also das Material zum Beispiel aus Biogasanlagen zusammenzutragen) und energetisch (Biomasse in Biokohle zu verwandeln), das könnte eben auch Gegenstand der verschiedenen Untersuchungen ab 2012 unter Federführung des ATB sein. Es will gemeinsam mit Kooperationspartnern entlang der kompletten Wertschöpfungskette das Potenzial von Biokohle untersuchen und zugleich die Produktionstechniken erforschen. (Dittmar Koop)
Die Projekte und Projektthemen:
„Biokohle in der Landwirtschaft – Perspektiven für Deutschland und Malaysia“ Projektpartner: Die Leibnitz-Institute ATB, Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) und Deutsche Institut für Wirtschaft (DIW) sowie die TU Berlin, die Humboldt-Uni Berlin und die University of Putra Malaysia. Gefördert über Mittel aus dem Pakt für Forschung und Innovation des Bundesforschungsministeriums BMBF. Projektbeginn ist März 2012. Das Projekt läuft über 3 Jahre.
COST-Action TD1107: „Biokohle für nachhaltiges Ressourcenmanagement“ Soll neue Einsatzbereiche für Biokohle auf europäischer Ebene schaffen. Es vernetzt europaweite Forschungsaktivitäten. Neue Märkte für Biokohle in Landwirtschaft und Industrie sollen erschlossen werden. Federführung liegt bei der Martin-Luther-Universität Halle. An dem Netzwerk sind 23 Partner aus 15 europäischen Staaten beteiligt. Projektlaufzeit: 4 Jahre.
„APECS – Anaerobic Pathways to Renewable Energies and Carbon Sinks“ Erforscht die Herstellung von Biokohle. Wird seit 2009 für die Dauer von 5 Jahren vom Bundesforschungsministerium (BMBF) gefördert.
Kontakt zum ATB: Dr. Jürgen Kern, jkern@atb-potsdam.de