Der Energieversorger Vattenfall will sich am Markt für schwimmende Solaranlagen beteiligen, der sich geraden in den Niederlanden entwickelt. Das Unternehmen wird eine solche Anlage auf einer ehemaligen und jetzt gefluteten Kiesgrube in Grendingen in der Provinz Gelderland errichten. Die Kiesgrube hat das Bauunternehmen Netterden Zand en Grind betrieben. Der See gehört jetzt immer noch zum Firmengelände des Unternehmens.
Solaranlage deckt den halben Stromverbrauch
Der schwimmende Solargenerator wird eine Leistung von 1,2 Megawatt erreichen. Vattenfall hat mit dessen Bau schon im Dezember 2019 begonnen. Die Anlage wird voraussichtlich im Mai dieses Jahres ans Netz gehen. Vattenfall fungiert bei diesem Projekt als Generalunternehmen. Die Finanzierung übernimmt komplett Netterden Zand en Grind. Durch die Nutzung des Solarstroms vor Ort wird sich die Anlage für das Bauunternehmen amortisieren. Denn Netterden Zand en Grind wird mit der Solarenergie eine elektrische Sandpumpe betreiben, die sich unter der Wasseroberfläche des Sees befindet. Zusammen mit der dazugehörigen Sortier- und Verarbeitungstechnik verbraucht diese 2,5 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr. Die Hälfte davon wird in Zukunft die Solaranlage liefern.
Effizienz der Flächennutzung steigt
Denn die Einstrahlungsbedingungen in den Niederlanden sind ähnlich denen in Deutschland. Doch durch die Kühlung der Solarmodule aufgrund der Nähe zur Wasseroberfläche erzeugen die Solarmodule geringfügig mehr Strom als gleichwertige Anlagen auf festem Grund. Nach Angaben der Forscher des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) steigt dadurch der Flächennutzungseffizienz von etwa einem auf rund 1,33 Megawatt pro Hektar installierter Leistung.
Zumal das Potenzial für solche Anlagen groß ist, nicht nur in den Niederlanden. Denn auch in Deutschland sind viele ungenutzte Wasserflächen sehr gut geeignet für den Bau von Solaranlagen. So sind solche Generatoren auch eine gute Lösung für die Nachnutzung von ehemaligen Braunkohletagebauflächen.
2,74 Gigawatt auf Tagebauseen möglich
Insgesamt könnten auf Seen, die aus den einstigen Kohlegruben entstanden sind, Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von 2,74 Gigawatt installiert werden. Das haben die Forscher des Fraunhofer ISE ausgerechnet. Das technisch machbare Potenzial auf den knapp 500 Tagebauseen in Deutschland mit einer Gesamtfläche von 47.251 Hektar liegt sogar bei 56 Gigawatt. Mit einem Anteil von 29,8 Prozent liegen die meisten dieser Seen in Brandenburg. Weitere 28,2 Prozent der gefluteten Braunkohletagebaufläche liegt in Sachsen-Anhalt. Sachsen kommt auf einen Flächenanteil von 15,7 Prozent.
Allerdings haben die Wissenschaftler alle in Frage kommenden Wasserflächen ehemaliger Braunkohletagebaue abgezogen, die für Freizeitaktivitäten, Tourismus oder den Natur- und Landschaftsschutz nicht zur Verfügung stehen. Außerdem haben die Forscher die Seen herausgerechnet deren Pegel stark schwankt oder wo eine Verankerung der Solaranlage am Ufer nicht möglich ist.
Über 4.000 künstliche Seen existieren in Deutschland
Zu diesem Potenzial kommen noch weitere Wasserflächen. Die Forscher des Fraunhofer ISE haben 4.474 künstliche Standgewässer in Deutschland ausgemacht. Die meisten davon sind aus dem Abbau von Baumaterial entstanden. So sind unter diesen Gewässern 725 Baggerseen und 354 Kiesseen. Voraussetzung ist, dass sie nicht anders genutzt werden. Denn beispielsweise ein Badebetrieb in einem See verträgt sich nicht mit einer Solaranlage. Die Tagebauseen sind aber besonders geeignet. Denn die ehemaligen Braunkohleregionen sind netztechnisch bereits gut angebunden, so dass ein Abtransport des erzeugten Solarstroms ohne Probleme möglich ist.
Schwimmende Solaranlagen besonders unterstützen
Allerdings sind die Stromgestehungskosten zwischen zehn und 15 Prozent höher als die herkömmlicher Solarparks. Das liegt am höheren Aufwand für die Installation der Anlage und ist unter anderem von der Seetiefe abhängig. In den Niederlanden reicht die Vergütung aus, um solche Anlagen wirtschaftlich betreiben zu können. In Deutschland müssten diese Anlagen mit herkömmlichen Solarparks um eine Marktprämie konkurrieren. „Sinnvoll wären deshalb Innovationsausschreibungen speziell für Floating PV-Anlagen und andere flächenneutrale Photovoltaikkraftwerke, die noch einen Marktanschub benötigen“, betont Harry Wirth. Er leitet beim Fraunhofer ISE den Bereich Photovoltaikmodule und Kraftwerke. „Um aufwändige Änderungsverfahren des Flächennutzungsplans zu vermeiden, sollte die flächenneutrale Floating PV-Anlagen privilegiert werden, ähnlich wie es heute schon für die Nutzung von Flächen für Windkraft und Kernkraft vorgesehen ist.“
Außerdem empfehlen die Wissenschaftler, Tagebauseen im EEG als Konversionsfläche einzuordnen, weil sich künstliche Standgewässer oft in Rohstoffabbaugebieten befinden. So könnten schwimmende Solarprojekte an Ausschreibungen der Bundesnetzagentur teilnehmen. Um Solargeneratoren auf Tagebauseen zu installieren, könnte es auch sinnvoll sein, diese Nutzungsform in die Sanierungsrahmenpläne der ehemaligen Tagebaue mit aufzunehmen, betonen die Freiburger Wissenschaftler. Zudem sollte neben einer Umweltverträglichkeits- und Akzeptanzprüfung eine spezielle Methode der Bürgerbeteiligung entwickelt werden, die auf schwimmende Solaranlagen abgestimmt ist.
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