Sie bringen einen durch „360-Grad-Validierung“ bestätigten neuen Beton-Stahl-Hybridturm in den Markt – geprüft auf Funktionalität, Stabilität, Lebensdauer. Was ist mit dieser Rundum-Prüfung gemeint?
Jürgen Joos: Die enormen Belastungen moderner Turbinentechnologien und die stetig steigenden Nabenhöhen erfordern ein robustes, hochwertiges und zukunftsfähiges Turmdesign. Unsere Antwort darauf ist eine Null-Fehler-Strategie. Dafür prüfen wir die Funktionalität des FUCHS-Hybridturms vor der Markteinführung unter anderem durch 360-Grad-Validierung: Neben unseren eigenen Experten arbeiten unabhängige Ingenieure und Institute mit. Zusätzlich überwachen wir über „Quality Gates“ nach Automotive-Prinzip jede Phase der Entwicklung sorgfältig – von der Betonrezeptur über die Fugengenauigkeiten, Produktions- und Montagetests bis hin zur ersten Pilotanlage und der Nullserie. So garantieren wir: Unser System ist zuverlässig und funktioniert.
Vor zwei Jahren hat sich FUCHS Europoles auf der Messe Husum Windenergie als neuer Anbieter für zudem ein neues Turmdesign der Beton-Stahl-Hybridbauweise vorgestellt. Jetzt starten Sie die Produktion. Was haben Sie in dieser Zeit vorbereitet?
Jürgen Joos: Wir haben in kurzer Zeit ein neues hochmodernes Turmsystem entwickelt, das wir nach weniger als zwei Jahren in der ersten Nullserie im eigenen neuen Werk fertigen. Wir meisterten zahlreiche Meilensteine. Besonders relevante Turmkomponenten wie den Übergangsbereich und die Spann- gliedführung haben wir neu konzipiert und optimiert.
Gleichzeitig haben wir die Herstellung der Betonsegmente mit klarem Fokus auf Präzision, Qualität und effiziente Prozesse neu durchdacht. Dafür entwickelten wir innovative Maschinentechnologie, die nun in der Produktionsstätte in Neumarkt implementiert wird.
Das erste Mock-up wuchs schon im Spätsommer 2024 auf unserem Werksgelände in die Höhe: Es war der erste Anwendungstest für den Übergangsbereich unseres Turmsystems. Das Ergebnis bestätigt unsere Bemühungen.
Derzeit läuft die Zertifizierung des ersten Turmtyps, sodass wir im Sommer mit dem Bau der ersten Pilotanlagen in Bayern starten können. Dann kann die Serienproduktion beginnen.
Insbesondere der schon angesprochene Adapter zwischen Betonturm- und Stahlturmhälfte war ein Ziel Ihres Neudesigns. Was haben Sie hier konkret erreicht?
Jürgen Joos: Eine der größten technologischen Herausforderungen bei hybriden Tragstrukturen besteht im Lastabtrag zwischen Stahl- und Betonturm. Unser Hauptziel war es daher, Spannungsfelder in diesem Bereich zu eliminieren. Dafür haben wir uns von einem konzentrierten Übergangsstück verabschiedet und einen mehrstufigen Übergangsbereich entwickelt. Dieser gliedert sich nun in drei wesentliche Komponenten: in einen Stahladapter zur Lasteinleitung von Stahl zu Stahl, in einen Gussring, der die Last homogen in den Beton überträgt, und in zwei massive Betonvollringe, die stabil genug sind, um die Kräfte sicher in den Betonturm einzuleiten.
Besonders innovativ ist der Gussring. Zwar ist sein Einsatz in Maschinenhäusern und Turbinennaben bereits verbreitet, doch erstmalig findet er Anwendung in einer Tragstruktur. Er gleicht die eingeleitete Last aus und sorgt für gleichmäßige Übertragung in den Beton. Die Funktionalität und Eignung des Gussrings wurde durch umfangreiche Gutachten bestätigt.
Um dem deutschen Markt in den kommenden Jahren zu genügen, müssen Sie beim Beliefern der Projekte sehr schnell werden: Wie meistern Sie das?
Jürgen Joos: Sobald wir im Herbst die Serienreife erreicht haben, sind wir in der Lage, einen Turm in nur drei Tagen zu produzieren und zunächst 75 Türme pro Jahr zu liefern. Gleichzeitig bereiten wir den Bau einer zweiten Produktionsstätte vor, um bis Ende 2026 die wachsende Nachfrage befriedigen zu können.
Wie sieht die angekündigte größtmögliche Modularität aus?
Jürgen Joos: Jeder Betonring besteht aus drei gleichen Betonsegmenten. Je nach Nabenhöhen oder länderspezifischen Rahmenparametern kann der Turm durch eine Erweiterung der Betonringe im unteren Bereich oder durch eine Verschiebung der Schnittstelle zum Stahlturm im oberen Bereich wachsen oder reduziert werden. Das gibt uns den größtmöglichen Spielraum, um Kundenbedürfnisse standardisiert zu erfüllen und länderspezifische Vorteile nutzen zu können. (tw)
Die enormen Belastungen moderner Turmtechnik und stetig steigende Nabenhöhen erfordern ein robustes zukunftsfähiges Turmdesign. Unsere Antwort ist eine Null-Fehler-Strategie.