Je komplexer die Systeme werden, desto mehr kann eine intelligente Überwachung und Steuerung helfen. Das gilt auch für Wind- und Solarparks, deren Ausfallzeiten reduziert werden, während sich die Lebensdauer durch Monitoring und smarte Steuerung verlängern lässt. Nie waren Regenerativprojekte besser geschützt und gesteuert. Die Spezialisten für Zustandsüberwachung und Parksteuerung sehen einen weiterhin steigenden Bedarf an diesen Fähigkeiten auf Betriebsführerseite.
Hybrides Energiemanagement
Bei Meteocontrol verzeichne man vor allem eine große Nachfrage nach fortschrittlichen Parkregelungs- und Energiemanagementsystemen. „Insbesondere unsere Lösungen wie die VCOM-Plattform und der Blue Log XC stehen im Mittelpunkt des Interesses“, sagt Rouven Lenhart, Exuctive Vice President bei Meteocontrol. VCOM steht für Virtual Control Room – für professionelles Monitoring und effiziente technische Betriebsführung. Blue Log XC ist derweil ein Parkregler zur besseren Netzintegration. Zusätzlich erfahren nach Lenharts Aussage auch Technologien wie Scada und hybride Energiemanagementsysteme, die PV- und Batteriesysteme effektiv kombinieren, eine wachsende Beliebtheit. „Für diese Schlüsselbereiche bieten wir umfassende und ganzheitliche Lösungen an, um den spezifischen Anforderungen unserer Kunden gerecht zu werden“, fügt er an.
Mit dem EU Data Act wurde die Position der Betreiber gestärkt, nun auch Daten von den Herstellern einzufordern.
Meteocontrol lege großen Wert darauf, dass die angebotenen Lösungen stets aktuell seien und das Unternehmen die neuesten Marktentwicklungen frühzeitig erkenne. „Es ist uns ebenso wichtig, dass alle regulatorischen Anforderungen, insbesondere die immer komplexer werdenden Netzanschlussbedingungen, vollständig erfüllt werden. So stellen wir sicher, dass unsere Systeme nicht nur technologisch auf dem neuesten Stand sind, sondern auch in jedem regulatorischen Umfeld optimal funktionieren.“ Gleichzeitig arbeite man an neuen Produkten oder wichtigen Erweiterungen bereits bewährter Lösungen. „Mit der Hybrid-EMS-Erweiterung für unseren Parkregler Blue Log XC lassen sich PV- und Batteriesystem kombinieren. Demnächst bringen wir auch ein Financial-Asset-Management-System auf den Markt speziell für erneuerbare Energien – den MC Assetpilot.“
Lösungen für Agri-PV und Floating PV
Mit dem VCOM haben Kunden eine 360-Grad-Ansicht von Ertrag und Performance ihrer Systeme – alles in einem Portal und „engineered in Germany“, so Lenhart. Zudem könne Meteocontrol mit mehr als 25 Jahren Erfahrung Kunden maßgeschneiderte Lösungen für ihre Portfolios bieten – egal ob Utility, Agri- oder Floating PV. Auch der Blue Log XC als zertifizierter Parkregler sei weltweit im Einsatz und trage zur umfassenden Parküberwachung und -regelung bei. Meteocontrol biete eine eigene Scada-Lösung an, die als Stand-alone funktioniert. Dabei spiele es keine Rolle, ob Kunden weitere Services oder Produkte des Unternehmens nutzen. „Unsere Lösungen sind herstellerunabhängig. Jedoch profitieren Kunden, Betreiber oder Investoren von der Vernetzung unserer Services wie VCOM Cloud, wodurch sie zusätzliche Vorteile für die reibungslose Überwachung und Steuerung ihres Portfolios erhalten“, ergänzt der Monitoringexperte.
Redundante Workflows verschwinden
Doch welche Monitoringtools werden für die Betriebsführung wichtiger? Mit dem VCOM will Meteocontrol die Monitoringlösung der Zukunft schon heute bieten. Portfolios würden immer größer und komplexer, weshalb man Automatisierung und Digitalisierung vorantreibe. Redundante Workflows verschwinden, die Arbeit der Betriebsführung wird vereinfacht, Effizienz gesteigert.
Demnächst bringen wir auch ein Financial-Asset-Management-System auf den Markt speziell für erneuerbare Energien.
Bei der Kombination von Speicher, Solar und einem Stromabnehmer wie E-Mobility rücken Überwachung und Steuerung im Energiemanager zusammen. Wo geht hier die Reise hin? „Wir kombinieren bereits PV- und Batteriesysteme durch unsere neue Hybrid-EMS-Lösung für den Parkregler Blue Log XC. Der Markt wird weiter wachsen und Meteocontrol hat auch in Zukunft die passenden Antworten darauf“, fasst Lenhart zusammen.
Machine Learning
Bei Photovoltaikanlagen lässt sich die erzeugte Leistung und deren Qualität überwachen, heißt es bei Beckhoff. Sie kann mit Wettervorhersagen und durch Prognosen mit Erwartungswerten verglichen werden, um etwaige Beeinträchtigungen zu erkennen. „Hier kann Machine Learning eine Rolle spielen, um diese Prognosen spezifisch auf die Eigenheiten der jeweiligen Anlagen anzupassen“, sagt Nils Johannsen, Technical Management Wind Energy, Beckhoff Automation GmbH & Co. KG.
Die Kombination aus verschiedenen Energieerzeugungsanlagen und Speichersystemen wird laut Johannsen künftig weitere Potenziale für eine stetigere Bereitstellung der Energie heben. „Die Sektorenkopplung, bei der zum Beispiel Windenergie mit Photovoltaik kombiniert wird, mittels Batteriespeichern überschüssige Energie gespeichert oder per Elektrolyseur in Wasserstoff gewandelt wird, ermöglicht ein maximales Ausnutzen der Potenziale von den erneuerbaren Energieerzeugern“, so Johannsen. So ergänzen sich die Erzeugungsanlagen und müssen bei überschüssiger Energie nicht vom Netzbetreiber abgeschaltet oder abgeregelt werden, sondern können diese Energie anderweitig nutzen.
Beim Machine Learning sei es in der Windenergie so, dass die Hersteller den Besitzern und Betreibern nicht die vollständigen Rohdaten zur Verfügung stellen, erklärt der Beckhoff-Mitarbeiter. „Es durften häufig nur sehr ausgewählte Daten mit langsamen Intervallen aus den Anlagen abgerufen werden. Dies hat es den Betreibern erschwert, die Daten gezielt zu nutzen, um beispielsweise eigene Auswertungen für den Betrieb und die Wartung der Anlagen zu erstellen. Mit dem EU Data Act wurde die rechtliche Position der Betreiber gestärkt, nun auch die Daten von den Herstellern einzufordern.“
Wahrscheinlichkeit von Schäden
Auch die Wartung von Windturbinen kann laut Johannsen durch Machine Learning optimiert werden. „Jede größere Energieerzeugungsanlage, insbesondere Windenergieanlagen, erzeugen täglich sehr viele Informationen. Dazu gehören auch Listen von Fehlern, Warnungen und anderen Meldungen, etwa wenn das System angehalten wurde oder ein Aggregat ausgefallen ist, wird dies protokolliert.“ Nun müsse das Wartungspersonal diese ganzen Daten auswerten, interpretieren und entsprechende Wartungen oder Reparaturen planen. Diese zeitintensive Auswertung der Daten könne durch Machine Learning vereinfacht werden. Eine Klassifizierung der Meldungen kann dem Mitarbeiter bereits irrelevante Meldungen ausblenden und für relevante Meldungen die potenziellen Ursachen mitteilen. Aus den gelernten Ursachen der vorangegangenen Meldungen kann das System eine Wahrscheinlichkeit ermitteln, welches Bauteil oder welche Art von Schaden zu dieser bestimmten Kombination und Abfolge von Meldungen führt. „Wir arbeiten bereits mit Unternehmen zusammen, die künstliche Intelligenz einsetzen, um solche Auswertungen zu realisieren und als Lösungen für Betreiber anzubieten“, sagt der Beckhoff-Experte.
Zunehmende Projektkomplexität
Der Bedarf an Überwachung von Windenergieanlagen sei deutlich gestiegen, sagt Michael Lange, Senior Due Diligence Manager bei TÜV Süd Industrie Service GmbH. Dies liege vor allem am zunehmenden Komplexitätsgrad der Windenergieprojekte. Mit der wachsenden Anzahl und Größe der Turbinen in einem Windpark habe auch die Nachfrage nach unabhängigen Überwachungsdienstleistungen sowohl während der Bau- als auch während der Betriebsphase zugenommen.
Ein wichtiger Aspekt sind die erhöhten Anforderungen im Reporting, insbesondere im Kontext von Corporate Power Purchase Agreements.
„Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die erhöhten Anforderungen im Reporting, insbesondere im Kontext von Corporate Power Purchase Agreements. Zudem steigt das Bewusstsein für Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen, abgekürzt ESG, was eine verstärkte Berichterstattung an Stakeholder und Finanzierer nach sich zieht“, erklärt Lange. „Insgesamt spiegelt sich der gestiegene Bedarf an unabhängigen Überwachungsdienstleistungen in einer wachsenden Nachfrage nach transparenten und zuverlässigen Monitoringlösungen wider.“
Abweichungen vom intendierten Betrieb
Mit dem Monitoring von TÜV Süd lassen sich laut Lange Abweichungen des Anlagenverhaltens vom intendierten Betrieb präzise erkennen. Dadurch können Betreiber potenzielle Probleme frühzeitig identifizieren und entsprechende Maßnahmen ergreifen, um Stillstandszeiten zu minimieren und Ertragsausfälle zu reduzieren. „Darüber hinaus unterstützt unsere Technologie die Wartungsplanung, indem sie eine fundierte Datengrundlage liefert.“ Mit den Daten können Betreiber ihre Wartungsaktivitäten effektiv planen und durchführen, um die Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit ihrer Anlagen langfristig zu gewährleisten.
Überwachung von Netzdienstleistungen wie Frequenzerhaltung
Das Monitoring bietet Entlastung bei personalintensiven Routinen. „Dies gilt insbesondere für Software-Weiterentwicklungen, die Implementierung von künstlicher Intelligenz für automatisierte Überwachungssysteme und den Einsatz von Machine Learning für die prädiktive Fehleranalyse“, sagt Lange. Auch bei der Überwachung von immer komplexeren Konstruktionen seien Condition-Monitoring-Systeme (CMS) wichtiger geworden. Diese Komplexität bezieht sich sowohl auf die Vielfalt der verwendeten Technologien wie Hybridlösungen aus Wind- und PV-Parks sowie die Einbindung von Speichersystemen als auch auf die breitere Palette von angebotenen Dienstleistungen. Insbesondere im Kontext von Netzdienstleistungen wie der Frequenzhaltung erfordern diese komplexen Systeme eine präzise Überwachung, um ihre Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit sicherzustellen. „Unsere Technologie ermöglicht eine umfassende Überwachung und fortlaufende Analyse, um potenzielle Probleme frühzeitig zu erkennen und die Betriebsleistung zu optimieren“, erklärt der TÜV-Süd-Experte.
Bewertung eines möglichen Weiterbetriebs
Bei Bestandsanlagen könne die Bewertung eines möglichen Weiterbetriebs bereits während ihrer Laufzeit erfolgen. Dies ermögliche eine frühzeitige Prüfung der Optionen für den Weiterbetrieb und trage dazu bei, die wirtschaftliche Rentabilität der Anlagen zu maximieren. „Unser Monitoring ermöglicht eine kontinuierliche und präzise Analyse des Anlagenzustands. Dadurch können potenzielle Risiken frühzeitig erkannt und geeignete Maßnahmen zur Verlängerung der Betriebsdauer ergriffen werden. Die Datenbasis für die Evaluierung des Weiterbetriebes oder für Inspektionskampagnen ist – quasi als Nebenprodukt des Monitorings – bereits vorhanden und bietet somit Zeit- und Kostenvorteile.“ Auch eine Überprüfung der tatsächlichen Leistungskennlinie im Vergleich zu der garantierten Leistungskurve sei jederzeit möglich.
Risikobewusstsein von Banken erhöht sich
Bei der Prüfung von Berichten in der Betriebsphase stelle TÜV Süd häufig fest, dass ein deutlicher Optimierungsbedarf besteht und Potenziale für eine bessere Anlagenführung nicht genutzt werden. Diese Erkenntnis resultierte unter anderem aus der Notwendigkeit, komplexe technische Zusammenhänge in einem verständlichen Format darzustellen.
„Darüber hinaus beobachteten wir einen Anstieg des Risikobewusstseins bei Banken und Finanzierern, was zu verschärften Reportinganforderungen führte. Das erfordert eine Technologie, die in der Lage ist, präzise Überwachung und Analyse der Betriebsdaten durchzuführen und gleichzeitig den hohen Ansprüchen von Investoren und anderen Stakeholdern gerecht zu werden. Diese Anforderung war die Grundlage für die Entwicklung unserer Dienstleistung“, fasst Lange zusammen.
Verschiedene CMS kombinieren
Hans Schlingmann, Head of IIoT & Automation Consulting bei Weidmüller, sagt, heute gebe es eine breite Palette von CMS-Systemen, die über die herkömmliche Überwachung des Triebstrangs hinaus auch zusätzliche Einheiten und Aggregate überwachen können. „Dies bedeutet, dass heute mehr überwacht werden kann als noch vor einem Jahrzehnt, einschließlich Komponenten wie Schrauben oder Blattlagern“, erklärt Hans Schlingmann. Diese Entwicklung sei einerseits durch die Verfügbarkeit entsprechender Technologien bedingt, andererseits aber auch durch den gestiegenen Bedarf seitens der Kunden.
Obwohl verschiedene Anbieter ihre eigenen CMS-Plattformen beibehalten werden, wird für den Endanwender der Eindruck eines einzigen kohärenten Systems entstehen.
Die Fortschritte in der CMS-Technologie ermöglichen es laut Weidmüller nun, nicht nur einzelne Komponenten, sondern auch komplette Anlagen zu überwachen. „Dies wird durch die Einführung neuer Technologien und standardisierter Schnittstellen ermöglicht, die es erlauben, verschiedene CMS zu kombinieren. Eine bedeutende Chance liegt dabei in der Erfassung einer umfangreicheren Datenmenge, die in den übergeordneten Systemen ausgewertet wird“, so Schlingmann.
Planbarkeit von Serviceeinsätzen
Er sieht zudem in der künftigen Entwicklung eine Zunahme an installierten Anlagen bei gleichzeitiger Abnahme von Fachkräften im Servicebereich. „Vor diesem Hintergrund wird die Planbarkeit von Serviceeinsätzen zunehmend wichtiger. Diese Planbarkeit kann nur durch den Einsatz datenbasierter Systeme erreicht werden, bei denen CMS eine entscheidende Rolle spielen werden.“
Alle Komponenten, die einen unmittelbaren Einfluss auf die Verfügbarkeit der Windenergieanlage haben, müssen laut Weidmüller in Zukunft überwacht werden. Dazu gehören unter anderem das Hauptlager, der Triebstrang, der Generator, das Rotorblatt, das Blattlager und die Schraubenverbindungen. „Es ist unabdingbar, dass aus der Ferne ein präziser Zustand der Anlage ermittelt werden kann, der als Grundlage für weitere Servicemaßnahmen dient“, betont Schlingmann.
Nachrüstung bestehender Anlagen
Wohin geht die Reise bei der Zustandsüberwachung in der Windkraft? Im Hinblick auf die Entwicklung von CMS-Systemen zeichnet sich ab, dass diese künftig zu einem integrierten System verschmelzen werden. „Obwohl verschiedene Anbieter ihre eigenen CMS-Plattformen beibehalten werden, wird für den Endanwender der Eindruck eines einzigen kohärenten Systems entstehen“, prognostiziert Schlingmann.
Dieser nahtlose Übergang erfordere die Implementierung offener Schnittstellen, die es ermöglichen, die einzelnen Systeme in das Gesamtsystem zu integrieren. In der Zukunft sei zudem zu erwarten, dass auch bestehende Anlagen mit CMS-Systemen nachgerüstet werden, da selbst diese Anlagen mittlerweile durchschnittlich eine Leistung von mindestens zwei Megawattstunden erzeugen.
Bei Weidmüller liege der Fokus auf der Überwachung von Rotorblättern, darunter das Blattlager, die Schraubenverbindung sowie die Blitzmessung. „Wir haben den Bedarf frühzeitig erkannt und sind seit 2008 mit unserem Blatt-CMS Bladecontrol auf dem Markt präsent. Seit nunmehr acht Jahren vertreiben wir Lösungen zur Überwachung von Schrauben am Blattlager“, so der Experte aus dem Hause Weidmüller.
Insgesamt ergibt sich durch neue Technologien eine deutlich verbesserte Überwachung und Steuerung zahlreicher neuer Anforderungen.