Die Wiederverhandlungen der Direktvermarktungsverträge laufen an. Welche speziellen Themen stehen nun auf der Agenda?
Marc Kohlenbach: Der Anteil der Erneuerbaren am deutschen Strommix steigt stetig, während der Netzausbau hinterherhinkt und Speicherlösungen wie Batterien oder Wasserstoff noch nicht vorhanden sind. Netzengpässe und Strompreisschwankungen werden weiter zunehmen. Für Direktvermarkter wird es in diesem Umfeld herausfordernder, Erneuerbare marktgerecht zu integrieren – dabei geht es um nicht weniger als Versorgungssicherheit und bezahlbare Energie bei immer mehr schwankender Erzeugung. Genaue Prognosen über die Stromerzeugung und eine gezielte Angebotsreduktion durch Abregelung bei negativen Preisen sind erfolgskritisch.
Redispatch 2.0 wurde 2021 mit dem Ziel eingeführt, Netzengpässe effizienter zu managen. Die Direktvermarkter wurden einbezogen, um einen besseren Einblick in die Fahrweise der Anlagen zu ermöglichen – also um genauere Prognosen zu erstellen und die Einspeisung bei Netzengpässen oder negativen Preisen besser zu steuern. Die Umstellung ist aber sehr komplex und macht Mängel bei Datenqualität und -Austausch sichtbar.
Wo sehen Sie notwendige Verbesserungen bei der Datenqualität?
Marc Kohlenbach: Wir müssen vor allem korrekte Bewegungsdaten erfassen, also Erzeugungszeiträume und planmäßige sowie ungeplante Stillstände. Auch die Stammdaten sind wichtig. Eine falsche Information über die Anlagenleistung führt dazu, dass der Vermarkter die Erzeugung nicht korrekt ermittelt und auch falsche Kompensationsberechnungen bei Redispatch erstellt. Mit guten Daten helfen die Betreiber uns dabei, einen guten Job in der Direktvermarktung zu machen und die Kosten möglichst niedrig zu halten. Wir haben dann wenig Prognoseabweichungen und geringere Balancing-Kosten. Über unser Kundenportal ist ein einfacher Datenaustausch in hoher Qualität möglich.
Ziel der Direktvermarktung ist die marktgerechte Integration von Erneuerbaren.
Bei der Wahl des Direktvermarkters sollten Betreiber nicht nur den Preis anschauen, sondern auch damit verbundene Leistungen. Die Ausgestaltung von Ausgleichszahlungen bei Redispatch, Kündigungs- und Anpassungsoptionen unterscheiden sich von Vermarkter zu Vermarkter und führen zu anderen Preisen. Höhere Vermarktungsprämien gehen für Betreiber oft mit komfortableren Ausgleichzahlungen bei Redispatch und Verzicht des Vermarkters auf spätere Anpassungen einher.
Die Marktprämie soll künftig auf Basis des Jahresmarktwerts berechnet werden. Wie bewerten Sie die Umstellung?
Marc Kohlenbach: Die Einführung des Jahresmarktwerts bei Neu-Inbetriebnahmen führt in Jahren, in denen der Referenzmarktwert in manchen Monaten über und in anderen unter dem Anzulegenden Wert liegt, zu einer Glättung und damit zu einer geringeren Marktprämie als beim Monatsmarktwert-Modell. Das ist anscheinend politisch gewollt und nachvollziehbar, führt aber zu operativen Herausforderungen. Der Jahresmarktwert steht erst im Folgejahr fest und nicht zum Abrechnungszeitpunkt. Wir müssten also vorläufig mit Abschlagszahlungen arbeiten, um dann, wenn der Jahresmarktwert feststeht, Ausgleichszahlungen vorzunehmen. Das bedeutet viel Aufwand bei wenig Planungssicherheit. Und: Wir könnten weniger genau bestimmen, bei welchen Negativpreisen wir Anlagen abregeln – denn dafür müssen wir die Marktprämie frühzeitig abschätzen. In Abhängigkeit von der Marktprämie kann es bei moderat-negativen Preisen wirtschaftlich sinnvoll sein, Anlagen weiterlaufen zu lassen. Die Marktprämie kennen wir aber, so wie den Jahresmarktwert, erst nach Jahresende. Wir könnten Anlagen so nicht nach Marktsignalen betreiben.
Welches Angebot machen Sie ihren Kunden, um diese Problematiken zu lösen?
Marc Kohlenbach: Anlagenbetreiber wollen frühe Planungssicherheit und gute Erträge. Wir werden unsere Kunden weiter nach Monatsmarktwert behandeln und ihnen im Folgemonat eine finale Gutschrift erstellen. Am Jahresende führt dies für den Anlagenbetreiber zum selben Ergebnis. Für noch mehr Planungssicherheit können wir eine Preisfixierung anbieten. Je nach Höhe des Anzulegenden Werts und der Preise am Terminmarkt. Mehrerlöse sind möglich, die in reiner Direktvermarktung nicht garantiert wären. Preisfixierung macht auch Sinn für Anlagen nach Ende der Förderung.
Web-Wegweiser:
statkraft.de