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Bei Nachtkennzeichnung internationales Vorbild

Nicole Weinhold

Es ist inzwischen über ein Jahr her, dass bei nasskaltem Wetter und Nebel in einem Windparkverbund in Issum am Niederrhein Nordrhein-Westfalens erstes größeres Projekt für die bedarfsgerechte Nachtkennzeichnung (BNK) von Windenergieanlagen offiziell in Betrieb ging. Dank modernster Technik bleiben dort während der Nachtstunden im Windpark die Gefahrenfeuerleuchten so lange dunkel, bis sich ein Flugzeug oder Helikopter nähert. Störendes nächtliche Blinken bleibt also aus. „Das ist ein guter Tag für die Windenergie“, sagte damals Reiner Priggen, Vorsitzender des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW), „jahrelange Arbeit hat sich gelohnt.“ Er hofft, dass mit dem Projekt in Issum „ein Signal durch das gesamte Land geht, damit wir mehr Zustimmung für die Windenergie gewinnen“.

Sogar Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst war damals für den Knopfdruck zur Dunkelschaltung angereist und freute sich auf wachsende Akzeptanz: „Nachts die roten Lampen auf den Windenergieanlagen abzuschalten, ist ein großer Beitrag zu mehr Akzeptanz. Das wird gerade hier in der Region, wo nicht so viel Flugverkehr ist, überwiegend so sein, dass die Anlagen dunkel bleiben.“

Issums Bürgermeister Clemens Brüx sagte, er werde sich für weitere Windenergieprojekte im Stadtgebiet Issums einsetzen: „Es ist auch für eine kleine Kommune eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, für die Energiewende zu sorgen.“ Auch sein Amtskollege aus dem benachbarten Kerken, Bürgermeister Dirk Möcking, begrüßte das BNK-Projekt des LEE NRW: „Um mehr Akzeptanz für die Wind­energie zu gewinnen, ist die Einführung der neuen Technologie ein richtiger Schritt.“ Die Gemeinde selbst hatte sich mit 500.000 Euro an einem Bürgerwindpark vor Ort beteiligt. Nach den Worten des Bürgermeisters soll die sogenannte Transpondertechnologie für die bedarfsgerechte Nachtkennzeichnung auch schnell in Windparks außerhalb der Grenzen des Niederrheins eingeführt werden.

Und das genau war die Idee des LEE NRW und seines Technologiepartners, der Firma Lanthan Safe Sky, dem führenden Transponder-BNK-Anbieter hierzulande. Das gemeinsame Konzept sieht vor, die BNK-Technologie für mehrere Windparks zu bündeln, damit die Windparkbetreiber kostengünstig, effizient und schnell ihrer gesetzlich vorgeschriebenen Umrüstungspflicht nachkommen.

Und heute? Rund ein Drittel aller Windenergieanlagen, die in NRW umgerüstet werden müssen, hat der LEE NRW ein gutes Jahr später mit seiner eigens gegründeten Tochtergesellschaft mittlerweile unter Vertrag. Diese Anlagen sollen sukzessive bis Jahresende umgerüstet werden.

Wir sind zuversichtlich, den Zeitplan einzuhalten.

Henning von Barsewisch, Geschäftsführer Lanthan Safe Sky

Lanthan Safe Sky

Henning von Barsewisch, Geschäftsführer von Lanthan Safe Sky, sieht das Projekt als vollen Erfolg. Gleichwohl bemerkt er einen zunehmenden Druck auf Technologielieferanten und Betreiber, zumal alle deutschen Anlagen bis Ende des Jahres umgerüstet sein müssen: „Wir sind als Unternehmen trotz aller Herausforderungen des Marktes zuversichtlich und auf einem guten Weg, den derzeit bestehenden zeitlichen Rahmen einzuhalten.“ Eine Verschiebung der Umsetzungsfrist hält er nicht für realistisch. „Allerdings sollten Pönalen ausgesetzt werden, wenn ein Betreiber seine Hausaufgaben rechtzeitig gemacht hat und die Aktivierung der BNK zum Beispiel an teilweise sehr langen Bearbeitungszeiten bei Behörden scheitert.“

Lanthan Safe Sky setzt technologisch auf die transponderbasierte BNK, bei der die Auswertung der Signale durch einen zentralen Server gewährleistet wird. „Damit können wir die besten Licht-aus-Zeiten erreichen, und unsere Algorithmen stetig optimieren: Weil die Technologie recht jung ist und wir der Sicherheit der Luftfahrt Priorität geben, verbessern wir die Licht-aus-Zeit nach und nach.“ Dies sei mit einem zentralen Serversystem am besten zu realisieren. Sein Unternehmen könne mit einem feldstärkebasierten System auch Flugzeuge, die mit sehr alter Transpondertechnologie fliegen, sicher detektieren. „Die hohe Verlässlichkeit unserer Lösung erreichen wir aufgrund von stabilen, extern geprüften Prozessen und den mit allen Windenergieanlagen-Herstellern abgestimmten Abläufen.“ Der Erfolg dieses Ansatzes zeige sich in der Tatsache, dass Lanthan schon rund 800 Windenergieanlagen im Regelbetrieb hat.

Der Preis eines Systems von Lanthan setzt sich aus dem Einkaufspreis, aber auch aus dem Aufwand zusammen, den der Kunde für die Einführung des Systems hat. Der Betreiber hat einen geringen Aufwand und eine sichere Umsetzung. Ein möglicher zusätzlicher Preis ist die Pönale, die fällig werden kann, wenn das BNK-System nicht bis zum 1. Januar 2024 umgesetzt wurde. Eine Windenergieanlage mit vier Megawatt Leistung zahlt hierbei bei verspäteter Ausrüstung mit einem BNK-System 8.000 Euro pro Monat Strafe.

Auch international ist das Interesse an BNK inzwischen erwacht. „Wir merken schon jetzt in einigen Nachbarländern, wie groß das Interesse an akzeptanzsteigernden Maßnahmen für erneuerbare Energien ist – selbst ohne gesetzlichen Rahmen. Bedarfsgesteuerte Nachtkennzeichnung wird hier als wichtiger Baustein gesehen, um die Akzeptanz der Windenergie zu steigern“, sagt Lanthan-Geschäftsführer von Barsewisch.

Lightguard

Laut Lightguard ist es zur Installation und Integration des Lightguard-Systems erforderlich, die Gegebenheiten vor Ort im Windpark zu kennen. Geschäftsführerin Yvonne Mosler erklärt, dafür müssten von den Kunden Informationen zur Kommunikationsinfrastruktur und zu baulichen Gegebenheiten bereitgestellt werden. „Hier fehlt an vielen Stellen das entsprechende Know-how und/oder die Dokumente sind nicht vorhanden. Das hat zur Folge, dass die entsprechende Dokumentation für die Installation der notwendigen BNK-Komponenten nur mit großem Aufwand und zeitverzögert erstellt werden kann.“ Dies wiederum erschwere die Disposition von Dienstleistern und Material.

Wie geht Lightguard mit diesen Herausforderungen um? „Wir haben unsere Prozesse umgestellt und gehen bereits frühzeitig auf unsere Kunden zu, um mit ihnen die Thematik zu besprechen. Der Abfragebogen, der Grundlage für unsere Planungen ist, wurde angepasst und vereinfacht. Unsere Kollegen aus dem technischen Bereich stehen bereit, um zusätzliche Hilfestellung zu geben, falls erforderlich“, erklärt Mosler.

Und wie lässt sich für Betriebsführer das Preis-Leistungs-Verhältnis optimieren? „Bei Bestandsanlagen wurden die Verträge bereits abgeschlossen. Bei Neuanlagen ist es am wichtigsten sicherzustellen, dass das BNK-System mit Inbetriebnahme der Anlage ebenfalls in Betrieb genommen werden kann, da ansonsten nach aktuellem gesetzlichem Stand Strafzahlungen fällig sind“, betont auch Mosler. „Hier führen wir bereits Gespräche mit wichtigen Stakeholdern, um sicherzustellen, dass mit Inbetriebnahme der Anlage auch das Lightguard-­System in Betrieb gehen kann.“ Das Unternehmen aus Isernhagen geht ebenfalls davon aus, dass BNK international ein wichtiges Thema wird. In der Vergangenheit habe sich gezeigt, dass Deutschland in der Windenergie ein Vorreiter in vielen Gebieten sei. „Länderübergreifende Betreiberstrukturen haben das Thema ins Ausland getragen und auch die Gesetzgebung in einigen Nachbarländern beschäftigt sich bereits damit. Ob es im Ausland eine grundsätzliche Verpflichtung geben wird, ob diese für Bestands- und auch für Neuanlagen gilt oder ob BNK eher zur Akzeptanzsteigerung eingesetzt wird, bleibt abzuwarten“, schließt Yvonne Mosler.

Jasper Salzwedel von Deutsche Windtechnik verweist auf Verzögerungen durch Materialengpässe und Behörden.

Foto: Deutsche Windtechnik

Jasper Salzwedel von Deutsche Windtechnik verweist auf Verzögerungen durch Materialengpässe und Behörden.

Parasol

Marvin Friedrichsen ist Geschäftsführer der Parasol GmbH & Co. KG und Mitglied im Expertenrat des Arbeitskreises Kennzeichnung im Bundesverband Windenergie BWE. Er schätzt den aktuellen zeitlichen Rahmen für die BNK-Umsetzung als knapp bemessen ein. „Eine Ausrüstung aller Projekte wird parasol­seitig erreicht. Weitere Nachzügler werden eventuell nicht mehr rechtzeitig ausgerüstet werden können“, betont er. Die personellen Reserven am Markt im Sektor Windkraft seien stark ausgelastet, sodass auch Fremdvergaben nur anteilig infrage kämen. Ebenso hätten viele elektronische Bauteile immer noch eine sehr lange Lieferzeit. Auch der gesamte behördliche ­Anerkennungsprozess sei zu lang und aufwendig geraten.

Parasol hat mit der Transponderlösung Airsentinel ein System, das nur anhand von Transpondersignalen in der Lage ist, eine genaue Entfernungsposition des Flugobjektes wiederzugeben. Ein System überwacht ein Areal von über 100 Quadratkilometern und kann damit viele Anlagen mit BNK-Signalen versorgen. Die Installation ist laut Anbieter günstig und einfach. Der Transponder hat auch militärische Widerstandstests erfolgreich durchlaufen (-20 bis +70 Grad, Dauerschütteltests usw.). Airsentinel hat nach Firmenangaben die höchste Detektionsreichweite unter den Transpondereinheiten, ist preiswert durch kurze Lieferwege und einfache Installation.

Des Weiteren bietet das Unternehmen den Passiv-Radar „Parasol“, ein Radarsystem ohne eigene Strahlung. Das Passiv-Radar erfasst sämtliche in der Umgebung bereits bestehende Strahlung (Radio, Handy) und kann durch Reflexionen an Flugobjekten die Position punktgenau bestimmen. Das System arbeitet unabhängig von Transpondersignalen.

„Parasol“ sorgt laut Hersteller für besonders dunkle Nächte durch genaue Ortung des Flugobjektes. Der extrem große Wirkraum von 450 Quadratkilometern macht die Technik gerade für große Windparks sehr kostengünstig. Das System ist wartungsarm und auf 25 Jahre Betrieb ausgelegt.

Geld sparen können Betriebsführer durch die angebotenen Komplettpakete:

  • Beauftragung von Parasol zur Installation des Airsentinel-Transponders für einen ganzen Windpark inklusive Ertüchtigung der Anlagenbefeuerung als Komplettpaket.
  • Beauftragung von Parasol Passive Radar bei großen Windparks oder Windparkverbänden, inklusive Ertüchtigung der Anlagenbefeuerung als Komplettpaket.
  • Parasol verfügt bereits über Verbundpartner in Frankreich, Österreich, den Niederlanden, Spanien, Schweden und Norwegen. 

    8.000 Euro Strafe pro Monat drohen bei verspäteter Nach­rüstung.

    Deutsche Windtechnik

    Jasper Salzwedel, Senior Sales Manager bei der Deutschen Windtechnik, berichtet, aktuell sei auf politischer Ebene eine Diskussion um eine weitere Fristverlängerung eher nicht sehr aussichtsreich. „Im EEG ist auch nach der letzten Fristverlängerung die Formulierung ‚letztmalige Fristverlängerung‘ festgeschrieben worden. Wir sehen eine Diskussion zur Anpassung des EEG auf die Ansetzung der Pönale dennoch als grundsätzlich richtig an, wenn gewisse Voraussetzungen durch den Betreiber und gegebenenfalls den Hersteller getroffen wurden.“

    Die Umsetzung wird und wurde laut Salzwedel unter anderem durch sehr lange Genehmigungsverfahren und unterschiedliche Vorgehensweisen in den Bundesländern beeinflusst. Hinzu kommt die Materialverfügbarkeit: Seit knapp zwei Jahren ist keine seriöse Planung von Komponenten möglich, da immer wieder unterschiedlichste Bauteile Lieferschwierigkeiten haben und keine verbindliche Zeitangabe erhalten. Außerdem gebe es Personalengpässe, etwa durch unterschiedliche Auswirkungen von regionalen Coronamaßnahmen.

    Die Deutsche Windtechnik hat in Kooperation mit der Funke Avionics GmbH ein unabhängiges transponderbasiertes BNK-System entwickelt, das onshore und offshore unabhängig von der Anlagentechnologie eingesetzt werden kann. Es wurde als eines der ersten BNK-Systeme nach den neuen Richtlinien der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift nach Baumusterprüfung zugelassen. Das BNK-System ist in verschiedenen Konfigurationen erhältlich, die kombinierbar sind (Komplettlösung, Anschluss an Schnittstellen oder Nutzung von Drittsystemen). „So bieten wir je nach Anforderung die passende Lösung, um Windparks nach allen BNK-Anforderungen auszustatten“, sagt Salzwedel. „Darüber hinaus unterstützen wir beim Verfahren zur Durchführung der standortbezogenen Prüfung und beim Genehmigungsverfahren.“

    Der Senior Sales Manager erklärt, Deutsche Windtechnik beobachte den europäischen Markt und könne erste Tendenzen ablesen, dass andere Länder sich zumindest ansatzweise an das deutsche BNK-Modell anlehnen wollen. „Auch hier werden wir über unsere internationalen Einheiten tatkräftig unterstützen.“

    Unterm Strich kann man also feststellen, dass die Anbieter die Umsetzung der verpflichtenden bedarfsgerechten Nachtkennzeichnung gut im Griff haben, keine weitere Fristverlängerung erwarten und sich für Betreiber durchaus kostengünstige und effiziente Lösungen bieten.

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