Brigitte Zypries Antrittsbesuch in der Regenerativbranche war kein Paukenschlag. Sie kam für Sigmar Gabriel zum Neujahrsempfang des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE), der sein Kommen zugesagt hatte, lange bevor er das Amt des Außenministers antrat. Zypries hielt die Rede, die man für sie vorbereitet hatte und machte auch keinen Hehl daraus, dass sie mit dem Thema bisher nichts zu tun hatte. Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck scherzte später bei einer Diskussionsrunde, es sei ja eine Riesenchance, nach Gabriel Energieminister zu werden. Aus Regenerativ-Sicht hat der SPD-Chef in seiner Wirtschaftsministerzeit keinen Blumentopf gewonnen. Zypries hätte also alle Chancen. Aber sie machte die Zuhörern auch gleich klar, dass sie nicht weiß, ob sie das Amt nach den Wahlen im September noch bekleidet.
Immerhin erklärte Zypries das Mieterstrom-Gesetz werden noch vor der politischen Sommerpause in diesem Jahr verabschiedet. Dabei geht es unter anderem um Vergünstigungen bei der EEG-Umlage für Mieterstrom-Modelle . "Wir wollen, dass auch Mieter künftig am Ausbau der Erneuerbaren beteiligt werden", so die Politikerin. "Wir haben uns in den Koalitionen auf die Eckpunkte für ein Mieterstromgesetz verständigt. Dies werden wir erarbeiten, dann zügig umsetzen und noch vor der Sommerpause im Deutschen Bundestag verabschieden."
"In Brüssel Überzeugungsarbeit leisten"
In einem Rundumschlag lobte sie ansonsten die Entwicklung der Branche, die Lernkurve und Kostensenkung, die erreicht wurde. Sie verwies aber auch darauf, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft erhalten bleiben müsse. Bezüglich der europäischen Energiepolitik erklärte sie, insgesamt sei diese auf dem richtigen Weg: "Wir werden künftig einen nationalen Klima- und Energieplan in Abstimmung mit unseren Nachbarstaaten zu entwickeln haben, und ich denke, dass das eine der wichtigsten energiepolitischen Aufgaben der nächsten Legislaturperiode werden wird." Den Vorschlag der EU-Kommission, das Effizienzziel auf 30 Prozent anzuheben, unterstütze Deutschland.
Bei Erneuerbaren seien die Weichen des Energiepakets aber noch nicht richtig gestellt. Das sei zu wage, zumal für die Investoren Planungssicherheit gebraucht werde. "Deswegen werden wir in Brüssel und bei den Mitgliedsstaaten Überzeugungsarbeit leisten, damit unsere Vorstellungen sich durchsetzen."
Bezüglich der Wärme sagte sie dann noch etwas Spannendes. Zypries erklärte, die Bundesregierung fördere unter anderem besonders effiziente Heizungen: "Künftig haben wir in Planung, ich weiß aber nicht ab wann, die vom BEE kritisierte Förderung für fossile Heizungen nicht mehr vorzunehmen." Dafür gab es Applaus.
BEE-Präsident Brickwedde: CO2-Steuer
BEE-Präsident Fritz Brickwedde hatte zuvor in seiner Rede bemängelt, dass die Wärmeversorgung aus Erneuerbaren auf der Stelle tritt. Er beklagte eine Diskriminierung der Erneuerbaren gegenüber Fossilen. Bei negativen Strompreisen werden Regenerativbetreiber nun zur Kasse gebeten, während fossile Kraftwerke unvermindert weiter einspeisen und dabei die Netze verstopfen. "Wir fordern einen fairen Wettbewerb", erklärte er.
Brickwedde hatte mit seiner Rede definitiv das Publikum auf seiner Seite. Er betonte, 2017 werde ein entscheidendes Wahljahr, "der Populismus greft um sich. Und die neuen Rechten weltweit leugnen den Klimawandel." Der ehemalige Bundespräsident Horst Köhler habe gerade vor bis zu 200 Millionen Klimaflüchtlingen gewarnt. 'Das überlange Festhalten an der Kohle hat uns politisch und finanziell schon gigantische Kosten verursacht.' ", zitierte Brickwedde aus Köhlers Rede vor der Deutschen Bundesstiftung Umwelt im Dezember. Er habe den verpassten Kohleausstieg als "größtes Marktversagen" bezeichnet, so Brickwedde. Köhler habe den abgeflachten Klimaschutzplan der Bundesregierung als "nicht mehr ehrgeizig, sondern nur noch geizig" bezeichnet. Der BEE-Präsident betonte, Deutschland brauche einen Preis für CO2 - "entweder über eine Steuer oder über einen funktionierenden Emissionshandel". (Nicole Weinhold)