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Gelbwesten-Proteste

Macrons großer Fehler bei der CO2-Steuerreform

Katharina Wolf

Wütende Demonstranten, brennende Barrikaden: Die Proteste der Gelbwesten haben die französische Regierung Ende vorigen Jahren kalt erwischt. Ein Grund für den Volkszorn ist die CO2-Steuerreform von Präsident Macron.

Die soziale Schere in unserem Nachbarland hat sich durch Fehler in der Reform weiter geöffnet, bilanziert die Berliner Denkfabrik Agora Energiewende in einer Analyse. Denn die Erhöhung des CO2-Beitrags auf Benzin und Diesel sowie auf Heizöl und Erdgas sei ohne Rückverteilung der dadurch erzielten Staatseinnahmen vorgenommen worden. Die Folge: insbesondere Haushalte mit geringen Einkommen werden anteilig stärker belastet.

CO2-Steuer nicht ohne Entlastung kleiner Einkommen

Für die CO2-Steuer-Debatte in Deutschland könne daraus die Lehre gezogen werden, dass Menschen mit kleinen Einkommen im gleichen Maße an anderer Stelle entlastet werden oder aber einen Klima-Bonus erhalten sollten, heißt es in der Analyse. Die aus Klimaschutz gebotenen und an sich sehr wirksamen CO2-Steuern sein kein geeignetes Instrument, um den Staatshaushalt zu sanieren.

„Die seit Herbst andauernden Proteste richten sich überwiegend nicht gegen Klimaschutz, sondern gegen die soziale Umverteilung, die der CO2-Beitrag verstärkt hat“, sagt Murielle Gagnebin, eine der Autorinnen der Agora-Analyse. „So hat die Regierung Macron nicht nur den CO2-Preis erhöht, sondern auch die Tabaksteuer und die pauschalen Sozialbeiträge. Gleichzeitig wurden die Wohngeldzuschüsse gesenkt. All das belastet Haushalte mit geringem Einkommen viel stärker als diejenigen mit mittleren Einkommen.“

Verstärkt wurde die soziale Spaltung dadurch, dass die Vermögenssteuer abgeschafft wurde, wodurch die allerreichsten Haushalte erheblich profitierten. „Wenn die Franzosen also dagegen protestieren, dass sich die soziale Schere weiter geöffnet hat, so ist das nachvollziehbar. Mit dem CO2-Beitrag hat das aber nur zum Teil zu tun und dieser Teil wäre relativ leicht lösbar“, fasst Gagnebin zusammen. Denn die mit einer CO2-Besteuerung zwangsläufig verbundene Umverteilung lasse sich durch Rückzahlungen der Einnahmen an untere Einkommensgruppen kompensieren.

Pro-Kopf-Rückverteilung denkbar?

Die Analyse hält das für zwingend, da der CO2-Aufschlag auf Energieverbrauch wie jede Verbrauchssteuer jene Haushalte mit niedrigem Einkommen prozentual stärker trifft als Haushalte mit hohem Einkommen. „Denkbar ist auch eine Pro-Kopf-Rückverteilung wie in der Schweiz, wo jede Bürgerin und jeder Bürger aktuell 68 Euro im Jahr bekommt“, sagt Agora-Direktor Dr. Patrick Graichen. „Die Schweiz macht damit vor, wie man CO2-Steuern einführt, ohne dass es zu Protesten kommt.“

Eine weitere Empfehlung der Analyse lautet, dass CO2-Steuern keinesfalls zur Stärkung des Staatshaushaltes genutzt werden sollten. „Damit sie auf Akzeptanz stoßen, muss eine solche Abgabe für den Staatshaushalt aufkommensneutral umgesetzt werden“, sagt Graichen. In Frankreich hingegen diente der größte Teil der Einnahmen aus dem CO2-Aufschlag auf die Energiesteuern der Haushaltssanierung. Er sei daher von weiten Teilen der Bevölkerung nicht als Klimaschutzmaßnahme anerkannt worden, heißt es in der Analyse. „Neben dem sozialen Ausgleich ist daher eine Verwendung der Einnahmen für unmittelbar erfahrbare Klimaschutzmaßnahmen nötig“, rät Graichen. „Das kann auch ein Sonderfonds sein, aus dem bestimmten Bevölkerungsteilen großzügige Zuschüsse für klimafreundliche Fahrzeuge oder Zuschüsse zur Gebäudesanierung gezahlt werden.“