Schwimmende Fundamente in der Windkraft sind bisher selten. Und sie sehe alle ein wenig seltsam aus. Doch das, was Sönke Siegfriedsen jetzt vorgestellt hat, ist sogar noch ein bißchen ungewöhnlicher. Wie ist die Idee für das ungewöhnliche, schwimmende Fundament mit der Stahlseilkonstruktion entstanden? "Wir waren im vergangenen Jahr auf der EWEA-Offshore-Messe in Frankfurt, wo uns viele Experten für schwimmende Offshore-Anlagen ansprachen." Denn die hatten gesehen, dass Siegfriedsen einen Leeläufer plant, während die meisten Turbinenentwickler auf Luvläufer setzen, bei denen sich die Turbine vor dem Turm in den Wind dreht. Die Entwickler von Schwimmfundamenten sagten dem Aerodyngründer, Leeläufer seien viel besser für eine Floating-Anlage geeignet. "Deshalb haben wir selbst angefangen zu überlegen, wie ein schwimmendes System aussehen könnte. Daraus hat sich SCD Nezzy entwickelt", so Siegfriedsen.
Schiefer Turm und Seile
Doch wie funktioniert das Konzept? "Wir haben systematische Untersuchungen angestellt: Welche Offshore-Floating-Systeme gibt es?" Diese habe man dann analysiert und gefragt, wo die Vor- und Nachteile seien. "Am Ende kam dabei heraus, dass keines gut geeignet ist." Auch wirtschaftlich vertretbare Lösungen seien nicht dabei gewesen. "Wir haben uns dann gefragt, was man anders machen müsste. Irgendwann entstand dann die Idee für dieses Ypsilon-Fundament." Unterwasser habe es ein Gewicht von ungefähr 2.300 Tonnen. Das Schwimmfundament ist ein asymmetrisches Dreibein aus hohlen Betonröhren, die vorgespannt und miteinander an dem Zentralteil verschraubt sind. Ungewöhnlich: Der Turm ist geneigt und nicht rund, sondern linsenförmig. Dieses Turmkonzept aus zwei Halbschalten, die mit einander verschweißt sind, hat den Vorteil, dass man die Anlage von den Widerstandsmomenten her in die Hauptlastrichtung ausrichten und dadurch Turmgewicht sparen kann.
Welche Rolle spielen die Seile? Der Turm ist abgespannt über sechs Seile. Zwei Seile nach Luv und vier Seile nach Lee gerichtet. "Da wir sicherstellen wollten, dass unter allen Lastkonfigurationen die Seile tragen, war es nötig, sie auch hinter den Turm zu bringen, sonst hätte man mit den Seilen keine Wirkung in diese Richtung." Sie können auch einen Gegenschub aufnehmen. Diese Anforderung sei es, die verlangt, dass der Turm geneigt ist. Die Seile sind hochvorgespannt. Die hinteren Seile jeweils mit 300 Tonnen, sodass das ganze System eine große statische Vorspannung erhält und ein geschlossenes System bildet. Das soll laut dem Designer dazu führen, dass die Schubkräfte auf den Rotor nicht in den Turm hinein gelenkt werden, sondern über die beiden Seile hinten direkt in die Ketten und dann in den Grund eingeleitet werden.
Wie sieht das bei anderen Systemen aus? "Bei herkömmlichen Floating-Systemen haben Sie einfach einen starren Turm, der die Lasten überträgt, über die Struktur verteilt und in irgendwelche Kettensysteme hineinleitet. Das vermeiden wir hierbei." Normal sei das Nezzy-System über die Floater horizontal ausgerichtet. Die seien von den Auftriebskräften her so ausgelegt, dass wenn die Röhren mit Wasser gefüllt sind, sie genau horizontal lagern. "Wenn die Windgeschwindigkeit zunimmt und der Schub oben wirkt, werden aus dem zentralen Teil 200 Kubikmeter Wasser herausgepumpt. Über ein Drucksystem wird das Wasser mit der Luft rausgeblasen, sodass dort ein Gegenmoment entsteht, der das Ganze wieder horizontal ausrichtet." Wann wir den ersten Prototypen sehen werden, da wollte sich Siegfriedsen nicht festlegen. Die von ihm entwickelte SCD mit sechs Megawatt wird gerade erstmals von Ming Yang errichtet. Der Acht-Megawatt-Prototyp dürfte also noch ein Weilchen auf sich warten lassen.
Das Gespräch führte Nicole Weinhold auf der WindEnergy in Hamburg.