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Klimaforschung

Die kalte Sonne

Fritz VahrenholtSchätzt die Erderwärmung neu ein: RWE-Innogy-Chef Fritz VahrenholtFoto: RWE Innogy

Zwei Schlüsselereignisse brachten Fritz Vahrenholt, den Geschäftsführer von RWE-Innogy, nach eigenen Aussagen von der herrschenden Meinung des Weltklimarats ab. Erstens: Als Gutachter für den Klimabericht der Vereinten Nationen für erneuerbare Energien empfand er das Arbeiten im Februar 2010 alles andere als wissenschaftlich. „In dem Bericht wimmelte es nur so von Fehlern“, erinnert sich Vahrenholt. Zudem hält er den Einfluss von Umweltorganisationen wie Greenpeace und WWF für zu stark, da sie bis zu 30 Prozent der Mitarbeiter beim Schreiben für die politische Ableitung der Ziele aus den Daten des Weltklimarats darstellen.

Sonne und Vahrenholt im Abschwung

Und zweitens bemerkte Vahrenholt, dass der Wind mit der Zeit entscheidend weniger Strom für RWE Innogy produzierte. Er stieß dabei auf das Phänomen der Sonnenzyklen. Der wenige Wind habe daher nichts mit Kohlendioxid oder der Erderwärmung zu tun, sondern mit natürlichen Klimaprozessen. „Die Aktivität der Sonne spielt dabei eine große Rolle“, so Vahrenholt gegenüber der Welt. Die Sonne durchlaufe verschiedene Zyklen, in denen sie mal mehr oder mal weniger aktiv ist und die Erderwärmung entsprechend beeinflusst.

Die Sonne hatte um die Jahrtausendwende ein Maximum und befinde sich wieder im Abschwung, sagt Vahrenholt. „Wahrscheinlich ist der Einfluss der Sonne sogar ein wenig stärker als der des CO2.“ An dieser Stelle müsse man neu denken. Mit dieser neuen Erkenntnis verfasste er „Die kalte Sonne“, zusammen mit dem Geologen Sebastian Lüning. Unter dem Strich komme es bis 2100 nur zu einer globalen Erwärmung von einem Grad Celsius. Die Osnabrücker Universität habe ihn aufgrund seiner neuen Thesen von einem geplanten Vortrag wieder ausgeladen.

„Die Sonne gewährt uns Aufschub“

Dabei war der Chef von RWE-Innogy lange ein grüner Überzeugungstäter. Nach Stationen beim Berliner Umweltbundesamt und beim Umweltministerium in Hessen, bekleidete er später für sechs Jahre den Posten als Hamburger Umweltsenator (SPD). Danach ging es in die Wirtschaft: Unter anderem war er Chef des Windkraftproduzenten Repower und leitet seit Februar 2008 die Erneuerbare-Energien-Sparte des Essener RWE-Konzerns.

Im Sommer 2012 wechselt er dann in den Aufsichtsrat von RWE-Innogy. Professor Vahrenholt habe das Buch als Privatperson veröffentlicht, sagt RWE-Sprecherin Brigitte Lambertz zu ERNEUERBARE ENERGIEN. „Das Engagement von RWE-Innogy beim Ausbau der Erneuerbaren und die von RWE gesteckten CO2-Zielen bleiben davon unberührt.“ Auch der Manager selbst spricht sich für einen weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien aus, wenn auch mit mehr Gelassenheit – ohne in Hysterie zu verfallen. Vahrenholt: „Die Sonne gewährt uns Aufschub.“

Temperaturanstieg von 3,7 oder 4,5 Grad Celsium

Studien des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) belegen dagegen ein anderes Urteil zum Klimawandel: „Ein neues großes Minimum der Sonnenaktivität würde die starke Erwärmung nicht verhindern, die bei unvermindertem Treibhausgas-Ausstoß zu erwarten ist“, sagt Georg Feulner, Experte für Sonnenaktivität beim PIK. Laut einer PIK-Studie wird die Erwärmung bis zum Ende dieses Jahrhunderts um höchstens 0,3 Grad Celsius geringer ausfallen, als nach Szenarien weiterhin zunehmender Emissionen zu erwarten. Der Temperaturanstieg würde damit um weniger als zehn Prozent vermindert. Astrophysiker Feulner: „Wird der Zyklus der Sonnenaktivität bis 2100 fortgesetzt, ergeben die Simulationen einen Temperaturanstieg von 3,7 oder 4,5 Grad Celsius.“
(Niels Hendrik Petersen)

Studie zur Sonnenaktivität: www.pik-potsdam.de